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Angst vor der Ehe: Was steckt dahinter, wenn der Partner nicht will?

Angst vor der Ehe: Warum will mein Freund nicht heiraten?
Angst vor der Ehe: Warum will mein Freund nicht heiraten? Credit: unsplash.com/Angella Lopez

Lockerere Bindungsformen wie Mingles oder offene Beziehungen, wilde Ehe auf immer und ewig… Längst gibt es mehr Beziehungsmodelle als nur die Ehe. Und nicht jeder braucht einen Trauschein, um glücklich zu werden. Was aber, wenn man selbst von der Ehe träumt, der Partner aber gar nicht heiraten will?

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In Deutschland wurden im letzten Jahr laut Statistischem Bundesamt insgesamt 449.500 Ehen geschlossen. Klingt viel, ist aber definitiv rückläufig. Die möglichen Gründe sind mehr als vielfältig. Mal wird die wachsende Schnelllebigkeit genannt, mal die Angst, etwas zu verpassen, die Unlust, bei der persönlichen Lebensvorstellung Kompromisse einzugehen oder die Angst, sich zu schnell zu binden.

Und es sind noch immer vor allem die Männer, denen unterstellt wird, Angst vor einem „für immer“ und dem Hafen der Ehe zu haben. Das Klischee des Mannes, der sich nur schwer einfangen und vor den Traualtar zerren lässt, hält sich einfach hartnäckig. Aber gibt es sowas wie eine männlich Ehe-Phobie wirklich?

Bitte weg mit den Klischees!

Eins vorweg: Bindungsangst betrifft mit Sicherheit nicht nur Männer und auch Frauen bekommen kalte Füße, wenn es ans Heiraten geht. Das alte Rollenmuster vom Mann, der sich nicht binden will und der Frau, die einen Versorger für Kind und Heim sucht, ist hoffentlich langsam mal überholt.

Die Realität mit den vielen Alleinerziehenden, die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen heute und die Tatsache, dass viele Frauen Job und Kinder unter einen Hut bekommen sollte das zumindest deutlich machen.

Im Video: Ist Heiraten noch zeitgemäß?

Angst vor der Ehe: Was steckt dahinter, wenn der Partner nicht will?

Wenn der Partner keine Ehe will

Dennoch ist es als Partner oder Partnerin natürlich schwierig, wenn man selbst von einer Hochzeit träumt, der andere jedoch keinerlei Begeisterung dafür zeigt. Und klar zermartert man sich den Kopf woran es liegt. Liebt der Partner weniger, wenn man selbst bereit wäre für „mehr“ und ein „für immer“, er jedoch kneift? Aber die Gründe sind mehr als vielfältig.

Denn fehlende Gefühle als alleinigen Grund zu vermuten und sich heulend auf den Boden zu werfen, wäre sicherlich nicht der klügste Weg. Deshalb gilt wie so oft in Beziehungsdingen: Reden. Um gemeinsam zu klären, welche Gründe der Partner hat, gegen eine Ehe zu sein. Was er damit verbindet und was derjenige, der von einer Hochzeit träumt sich erhofft und was er sich unter einer Ehe vorstellt.

Denn da gehen die Vorstellungen nicht selten arg auseinander. Während die Ehe für den einen vielleicht das größe Glück und die Besiegelung der Liebe bedeutet, ist sie für den anderen wie eine Art Fessel und er verbindet mit der Ehe das Gefühl eingeengt zu sein.

Glaubensfragen und die Vorstellung von der Ehe

Natürlich ist es heute in erster Linie eine Glaubensfrage. Schließlich ist es nicht mehr zwingend notwendig unter der Haube zu sein, so wie es vielleicht noch im letzten Jahrhundert war. Neben finanziellen Gründen – klar, die kann man nicht leugnen – sind es also heute oft ideelle Gründe. Man heiratet aus Überzeugung und für seine Liebe.

Manche halten die Ehe immernoch für die eine Lebensform, die funktionieren und auch langfristig halten kann. Ohne Trauschein ist für sie die Beziehung oder die gemeinsam gegründete Familie nicht perfekt. Andere wünschen sich vielleicht auch eine kirchliche Trauung und Gottes Segen für ihre Liebe.

Aber sicherlich finden auch viele Menschen den Trauschein für entbehrlich und vielleicht sogar das Modell der Ehe überholt. Und auch das muss man akzeptieren. Gab es früher keine Möglichkeiten, anders zusammen zu leben, so haben wir heute eben diese Freiheit selbst zu entscheiden. Und das ist ja gut so.

Die klassischen Rollenbilder sind veraltet
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Angst vor der Ehe: Die eigene Vergangenheit

Zudem müssen eben auch die Umstände passen. Ist einer von beiden noch verheiratet oder grad erst mit einer Ehe gescheitert? Leben beide Partner zusammen oder wohnt einer von beiden noch mit seinem Ex-Partner und womöglich Kindern zusammen? Führen beide eine Fernbeziehung oder leben in getrennten Wohnungen?

Und ja, vielleicht ist es auch so, dass sich einer von beiden noch nicht sicher ist, ob er sich derart festlegen möchte, weil er noch Zeit braucht – natürlich kann auch das ein Grund sein. Aber wer seinen Partner liebt, sollte ihm auch die Zeit geben, die er braucht. Unter Druck eine Ehe zu schließen ist sicherlich keine gute Idee und nur damit der Partner oder die Parnterin happy ist, etwas tun, was einen nicht wirklich überzeugt, ebenso.

All diese (und noch viel mehr) Punkte können die Entscheidung des Partners beeinflussen. Ein vorläufiges oder finales „Nein“ muss nicht immer eine Entscheidung gegen die Beziehung sein. Auch wenn es im ersten Moment vielleicht so wirkt.

Das Scheitern der Eltern

Und noch etwas darf man nicht vergessen: Die Prägung durch das Elternhaus. Es gibt viele Scheidungskinder, die – geprägt durch die gescheiterte Beziehung ihrer Eltern – sozusagen „vorgeschädigt“ sind und die deshalb nicht mehr an die Ehe glauben.

Fakt ist: Kinder schauen sich von ihren Eltern ab, wie sie miteinander umgehen, wie sie Probleme und Konflikte lösen und wie sie Emotionen zeigen. Das prägt ungemein. Geschiedene oder getrennte Eltern oder Eltern, zwischen denen Streit und Gewalt an der Tagesordnung sind, beeinflussen somit ungewollt auch die zukünftigen Beziehungen ihrer Kinder.

Überzeugt davon, dass die Ehe von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, weigern sich die Kindern dann in ihrem späteren Beziehungsleben, sich fest zu binden. Zu präsent ist ihnen die Erfahrung von einer Trennung und dem damit verbundenen Schmerz. Die Angst, das elterliche Modell zu wiederholen, spielt also eine entscheidende Rolle bei ihrer Entscheidung gegen die Ehe.

Angst vor der Ehe kann erlernt sein
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Angst vor der Ehe: Pessimistische Prognosen

Und natürlich sind wir auch beeinflusst durch Prognosen und Statistiken. Für viele von uns – sowohl Männer als auch Frauen – schwingt im Wort „Hochzeit“ auch gleich der Begriff „Scheidung“ mit. Wozu sich erst die Mühe machen, wenn es sowieso nicht hält? Zumal Hochzeit und Scheidung ja auch kostspielig sein können, so unromantisch das jetzt auch klingen mag.

Und so sind Kommentare nach dem Motto „Warum heiraten, wenn wir doch auch so glücklich sind?“ eigentlich recht verständlich. Selbst wenn ein Mann DIE Frau seines Lebens getroffen hat: Die Angst, durch eine Hochzeit alles zu verändern, was doch bis dahin gut funktioniert hat, kann eben doch dazu führen, dass man den Schritt zu heiraten nicht wagt.

Eine Hochzeit verändert das Selbstbild, das ein Paar von seiner Beziehung hat durchaus. Wie wird man sich also fühlen, als Mann und Frau? Wird sich die Alltagsroutine breit machen, sobald der Ring am Finger ist? Lässt man sich eher gehen, weil einem der andere eben „sicher“ ist?

Natürlich verändertn sich im Laufe der Zeit die Gefühle in einer Beziehung. Das ist mit Trauschein nicht anders als ohne. Die Leidenschaft lässt nach, das anfängliche wildromantische Verliebtheitsgefühl erlischt und man funktioniert eher als vertrautes Team, das die Liebe zueinander verbindet. Weniger aufregend als in der Angangsverliebtheit, aber nicht weniger schön.

Natürlich passiert dieser Wandel von Verliebtheit zu tiefer Liebe und einer eher vertrauten Verbundenheit mit den Beziehungsjahren normal und findet immer statt – auch ohne Ehe. Doch die Psyche sollte man eben auch nicht unterschätzen. Wer die Ehe als Abschied von seinem bisherigen „freien“ Leben ansieht, für den verändert sich unbewusst sicherlich auch etwas in seinen Gefühlen. Und das kann eben zum Guten wie zum Schlechten sein.

Angst vor erneutem Scheitern

Auch wer bereits eine herbe Liebesenttäuschung mit einer Trennung hinter sich hat, möchte diese Erfahrung nicht wiederholen und zieht es vor, erst gar nichts Neues aufzubauen, um sich der Gefahr eines weiteren Liebes-Fiaskos nicht auszusetzen.

Selbst wenn er vorher zu mehr bereit war, möchte er jetzt vielleicht weder von Hochzeit noch von Hausbau und noch weniger von Kindern etwas wissen.

Was also tun, wenn der Partner Angst vor der Ehe hat?

Zunächst muss jeder für sich wissen, ob er seiner Beziehung das Siegel der Ehe verpassen möchte. Was für die einen eine schöne Geste ist, engt andere vielleicht unbewusst ein. Wer jedoch fest überzeugt ist, dass er heiraten möchte, und einen Partner hat, der sich in puncto Hochzeit besonders resistent zeigt, der muss Argumente finden, um ihn zu überzeugen.

Versucht gemeinsam, in einem Gespräch nachzuforschen, woher die Bindungsangst, also die Abneigung vor der Hochzeit, rührt. Nur so könnt ihr die Vorbehalte eures Partners verstehen und ihm vielleicht dabei helfen, diese zu überwinden. Nur wer offen redet, kann einen Kompromiss finden, mit dem beide glücklich werden. Und eins sollte auch klar sein: Glücklich werden kann man auch ohne Trauschein!

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