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Mingle: Was sind die Vor- und Nachteile des Beziehungsmodells?

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Mingles: Eine Halbbeziehung aus Mixed und Singles

Das Beste aus zwei Welten und eher unverbindlich: Steckt das hinter der Beziehungsform Mingle? Nicht ganz. Denn jedem sollte es zustehen, die für ihn richtige Art der Liebe zu finden - vorausgesetzt, beide fühlen sich wohl.

Sind wir zusammen oder nicht? Eine wichtige Frage. Doch es gibt Menschen, die sich diese Frage gar nicht erst stellen. Die auch so glücklich sind – als Mingle.

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Normalerweise, so möchte man denken, ist es ja recht einfach: Man datet sich und entweder haben beide Interesse oder eben nicht. Und wenn es für beide passt, wird mehr draus. Das Problem an der ganzen Sache: Das ist längst nicht mehr die Reatlität.

Heute ist es oftmals so: Zwei Menschen daten sich, finden sich spannend und anziehend – und bleiben dann aber in einer Art Zwischenstufe stecken – halb Beziehung und halb Singledasein. Das zumindest sehe ich bei vielen Freundinnen, die auf den klassichen Plattformen unterwegs sind.

Denn leider macht die schöne, neue Dating-Welt zwischen Bumble, Tinder und anderen Plattformen die Partnersuche nicht gerade leichter. Beziehungsweise: Sie macht den ersten Schritt aufeinander deutlich leichter, aber alles danach verläuft immer noch oft im Sande. Die große Unverbindlichkeit lässt grüßen. Alles zu vage und zu viele anderen spannende Optionen, um eine klare Entscheidung zu treffen.

Mit dem Ergebnis, dass es weder in die eine noch in die andere Richtung vorwärts geht. Denn aus unverbindlichem Dating wird eben nicht exklusiv und verbindlich. Man bleibt in Kontakt, kommt sich womöglich nah, aber irgendwie ist man auch nicht zusammen.

Es gibt jedoch auch Menschen, die genau das richtig für sich finden. Sich daten, flirten, sich nah kommen, Kontakt halten, aber eben nicht mehr. Denn schließlich sucht nicht jeder etwas Festes. Und in dem Fall reden wir nicht von ungewolltem Singledasein, sondern von Mingles.

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Das steckt hinter dem Begriff Mingle

Das Wort „Mingle“ ist eine Kreation aus „Single“ und „Mixed“. Der Trendforscher Peter Wippermann führte diesen Begriff aus der amerikanischen Marktforschung zum ersten Mal 2007 in Deutschland ein. Mingles sind offiziell zwar solo, also Singles, stecken gleichzeitig aber irgendwie auch in einer Art Beziehung. Nichts Halbes und nichts Ganzes also?

Bedingt, sagt die Expertin Lisa Fischbach, Psychologin und Beziehungsexpertin von der Online-Partnervermittlung ElitePartner. „Mingles wählen das Beste aus zwei Welten. Zum einen können sie die Geborgenheit einer Partnerschaft genießen und auf der anderen Seite alle Freiheiten eines Singlelebens.“

Wer jetzt an Freundschaft plus oder Friends with benefits denkt, der irrt. Mingle bedeutet mehr als das. Während erstere nämlich nur ab und zu im Bett landen und sonst lediglich gute Freunde sind, ähneln Mingles doch sehr einem verliebten Paar. Nur eben einem mit angezogener Handbremse und ein paar No-Gos.

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Wie genau funktioniert das Leben als Mingle?

Mingles machen also alles, was Paare eben so tun. Nur, dass sie gar kein Paar sind. Sie daten sich, sie gehen aus, sie haben Sex, sie genießen Zärtlichkeiten und Nähe, sie helfen sich, wenn es einem schlecht geht und sind füreinander da – aber eben nicht verbindlich, sondern nur genau in dem Maße, das beiden recht ist.

Eine wirklich feste Beziehung mit gegenseitiger Verantwortung geht ein Mingle nicht ein. Jeder kann also jederzeit die Reißleine ziehen und auf Abstand gehen, sobald ihm danach ist. Ziemlich verwirrend und es klingt nicht wirklich so, als könne das Prinzip Mingle ohne Katastrophen funktionieren.

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Wer ist der klassische Mingle?

Für viele Menschen – vor allem jüngere zwischen 20 und 30 – hat das Mingle-Leben klare Vorteile: „Es ist ein guter Kompromiss, nichts Halbes und nichts Ganzes. Eine flexible Beziehungsform, die in eine Lebensphase des Experimentierens mit hohem Selbstbezug passt“, erklärt Single-Coach Fischbach.

Und natürlich denkt man zunächst, das Beziehungsmodell Mingle ist vor allem für viele junge Menschen interessant. Menschen, die noch auf der Suche nach ihrem Weg im Leben sind, die sich noch nicht sicher sind, was sie wollen.

Es wäre jedoch zu einfach zu behaupten, dass Mingles nur die Twentysomethings wären. Auch wer älter ist und vielleicht gerade aus einer gescheiterten Beziehung kommt und die Schnauze voll hat vom Pärchenleben, der wählt nicht selten das Mingles-Dasein. Frei nach dem Motto: Bist du schon wieder bereit für etwas Festes? Jein.

Sind Mingles beziehungsunfähig?

Natürlich sind auch viele Menschen Mingles, die man zusammenfassend gerne als beziehungsunfähig oder zumindest beziehungsängstlich bezeichnen würde. Menschen, die Angst vor Zurückweisung haben und sich davor schützen wollen, verletzt zu werden. Und deshalb eben keine „richtige“ Partnerschaft eingehen wollen.

Eric Hegmann, Paartherapeut, Single-Coach und Autor, schränkt jedoch ein: „Ich denke nicht, dass Mingles grundsätzlich bindungsunfähig sind. Die meisten eint die Hoffnung auf eine harmonische und beständige Partnerschaft – nur eben irgendwann in der Zukunft und – in vielen Fällen – nicht mit dem aktuellen Übergangspartner.“

Auch wer ständig auf noch etwas Besseres hofft, ist oftmals Mingle. Sei es, dass man sein Tinderprofil noch nicht löscht, obwohl man regelmäßig eine Frau oder einen Mann datet.

Oder dass man sich auch weiterhin bewusst auf die Suche begibt, obwohl man als Mingle ja auch eine Art „Beziehung“ führt. Für all diese Typen von Mensch ist das Zwischenmodell Mingle natürlich verlockend. Es gibt also nicht DEN einen typischen Mingle.

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Vorteile des Beziehungsmodells Mingle

Menschen, die ein Leben lang am selben Ort bleiben, den gleichen Job ausüben und an der einen großen Liebe des Lebens festhalten, begegnen uns heute zunehmend seltener. Heute geht es oftmals um Flexibilität, Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung.

Eine feste Beziehung? Passt nur bedingt in diesen Lebensentwurf. Auch ein Grund für das Dasein als Mingle. Eine Art Partnerschaft auf Abruf: Sex und Geborgenheit auf Wunsch, aber ohne Verpflichtung und Verantwortung.

Aber welche Auswirkungen hat das auf unser Verständnis von Beziehung und Partnerschaft? Überhaupt keine, wenn man Paarberaterin Lisa Fischbach glaubt. „Es ist eine Erweiterung der existierenden Beziehungsmodelle.

Dennoch wird das romantische Liebesideal davon nicht beeinflusst. Das wird nach wie vor das am häufigsten gewählte sein: Alles für immer mit einem. Für viele bleibt das Mingle-Dasein eine Übergangsphase im Leben.“

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Für wen passt das Beziehungsmodell Mingle?

Letztlich passt das Prinzip Mingle super für jeden, der noch auf der Suche ist, der sich noch ausprobieren will und das fairerweise auch offen und klar kommuniziert, um keine Herzen zu brechen. Egal ob man auf Tinder, Parship oder ElitePartner & Co. unterwegs ist, die Möglichkeiten sind ja da, viele Menschen unverbindlich kennenzulernen. Für den Mingle eine gute Gelegenheit, Menschen zu treffen, die ähnlich ticken und die eben auch noch nichts Verbindliches suchen.

Gleichwohl ist der Status als Mingle angenehmer für viele Singles. Denn auch sie haben ja ein Privatleben und Sehnsüchte. Und ein One-Night-Stand, wenn man denn Sex sucht, ist nicht unbedingt jedermanns Sache. Und auch Dates machen mehr Spaß, wenn man sein Gegenüber schon etwas kennt und schätzt.

Wer also nicht ständig auf Überraschungen steht, sich aber trotzdem Romantik, körperliche Nähe, Flirt und Sex wünscht, der ist mit dem Mingle-Dasein gut bedient. Beide kennen sich, niemand macht (im Idealfall) Druck und so genießen beide die unverbindliche Zweisamkeit, die nie in Verantwortung und Routine ausartet.

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Nachteile des Beziehungsmodells Mingle

Kommen wir zu den Nachteilen: Solange beide Partner*innen die gleichen Erwartungen haben, kann das Prinzip Mingle prima funktionieren. Schwierig wird es aber, wenn einer plötzlich mehr will. „Sobald sich einer verliebt und mehr Verbindlichkeit wünscht, kommt es zu einer problematischen emotionalen Schräglage“, so die Psychologin.

Dann wird das Verhalten des anderen interpretiert, man reagiert eifersüchtig, stellt Forderungen und Besitzansprüche – Dinge, die so gar nicht zum Mingle-Dasein passen.

Spätestens dann ist der Moment gekommen, sich die Frage zu stellen: Will ich das so überhaupt? Kann ich diese unverbindliche Beziehung weiterführen oder erhoffe ich mir mehr, als einfach nur ein Mingle zu sein?

Wichtig ist es, offen über seine Gefühle zu sprechen und seine Wünsche und Erwartungen klar zu äußern. Dann gilt es, gemeinsam zu entscheiden, ob aus einer Mingle-Beziehung vielleicht mehr werden kann oder man doch besser getrennte Wege geht …

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Ein weiterer Nachteil: Nicht jeder möchte auf das Gefühl verzichten, geschätzt, begehrt und einzigartig zu sein. Als Mingle jedoch riskiert man, dass der andere jederzeit vor einem steht und sagt: „Du, ich habe da jemanden kennengelernt“ und weg ist.

Nicht jeder kann das mit seinem Ego und Selbstwertgefühl vereinbaren. Und wie ist das, wenn er noch andere datet und mit anderen Sex hat? Fängt man dann womöglich an, den Vergleich zu fürchten?

Letzter Negativ-Punkt: Wirklich Verlass ist aufeinander nicht. Wenn es hart auf hart kommt, ist man im Notfall auch mal alleine, denn ein Mingle ist ja nicht dazu verpflichtet, dir wie ein fester Partner bzw. eine feste Partnerin zur Seite zu stehen, wenn es dir mies geht. Auch damit sollte man klarkommen.

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3 wichtige Regeln für das Konzept Mingle

  • Offenheit: Es muss für beide Partner klar sein, dass man keine feste Beziehung führt und dies auch nicht plant.
  • Keine Liebe: Verliebt sich einer von beiden, funktioniert das Ganze nicht mehr und muss beendet werden. Es sei denn, der andere kann sich auch mehr vorstellen.
  • Gleiche Vorstellung von Distanz und Nähe: Beide müssen eine ähnliche Vorstellung von Nähe und Distanz und ihrer Art der „Beziehung“ haben. Wie oft hat man Kontakt? Wie sehr muss man sich für den anderen Zeit nehmen und wann darf man auch mal Nein sagen? Ist Kontakt zu anderen möglichen Partnern OK oder nicht?

Sätze, die Mingles sich oft anhören müssen

„Aber klar seid ihr zusammen! ‚Es gibt keine Halbbeziehungen.“
„Wenn Selbstverwirklichung das Wichtigste ist…“
„Mingles picken sich doch nur die Rosinen raus. Alles Schöne einer Beziehung nehmen sie mit, aber wenn es ernst wird, kneifen sie.“
„Entweder man ist zusammen oder nicht. Was dazwischen gibt es nicht.“
„Mingles sind doch letztlich einfach feige.“
„Ist das nicht eher ein Hintertürchen, das sich beide offen lassen, um mehrgleisig fahren zu können?“
„Wenn ihr euch nicht sicher seid, dann sind das auch keine echten Gefühle.“
„Und für dich ist das ok, dass er / sie auch mit anderen Frauen Sex hat?“
„Einer von beiden verliebt sich doch immer und leidet dann.“
„Ist das nicht das gleiche wie Friends with Benefits?“
„Ihr leider doch bloß unter Bindungsangst.“
„Bloß nicht festlegen.“
„Das ist doch echt ein Luxusproblem. Ihr seid einfach zu wählerisch.“

Quellen:

Das Modell Mingle wird sicher nicht für alle Menschen gleichermaßen gut passen, aber für viele ist es sicherlich eine interessante Alternative zum klassischen Zusammensein – gerade, wenn man sich selbst noch in einer Übergangs- und Findungsphase im Leben befindet. Ob es langfristig ein Beziehungsmodell sein kann, sei jedoch dahingestellt.