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Wie ihr Legasthenie frühzeitig erkennt und was danach passiert

Mädchen sitzt erschöpft am Schreibtisch über einer Aufgabe und hat den Kopf auf ihrem Arm abgelegt.
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Vorab im Video: Zu dieser Uhrzeit lernen Kinder am besten

Morgens, mittags oder abends? Wann sollten Kinder am besten lernen, damit der Schulstoff wirklich hängen bleibt?

Eine Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) belastet Kinder. Was eine offizielle Diagnose für Eltern und Kind bedeutet und viele weitere Tipps, bekommt ihr bei uns.

Inhaltsverzeichnis

Mit dem Eintritt in die Schule lernen Kinder rechnen und schreiben. Diese Kompetenzen erwirbt jedes Kind in seinem individuellen Tempo. So werden manche Kinder schon in kürzester Zeit zu guten Lesern und kleinen Rechtschreib-Profis, während andere ein bisschen länger oder mehr Förderung brauchen.

Das muss erst einmal gar nichts bedeuten. Denn Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell. So kann es sein, dass ein Kind in der ersten und zweiten Klasse seinen Mitschüler*innen weit voraus ist, dieser ‚Vorsprung‘ aber in den kommenden Schuljahren schrumpft. Gleiches gilt für ein Kind, dem der Schulstart vielleicht schwerer fällt. Es mag am Anfang langsamer lernen, dieser ‚Rückstand‘ muss aber nicht von Dauer sein.

Hat ein Schüler oder eine Schülerin durchschnittlich gute Noten, aber große Schwierigkeiten in Deutsch, kann auch eine Entwicklungsstörung die Ursache dafür sein, die Legasthenie, auch Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) genannt.

Was sich genau hinter dem Begriff verbirgt, wie sich die LRS von einer Lesestörung und/ oder Rechtschreibstörung unterscheidet, wer die Diagnose stellt und was sie für Eltern und Kind bedeutet, lest ihr bei uns.

Was ist Legasthenie (LRS)?

Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man die Begriffe Leseschwäche und Rechtschreibschwäche synonymisch mit den Begriffen Lesestörung und Rechtschreibstörung.

Eine ‚echte‘ Lese- und/ oder Rechtschreibstörung (LRS), die Legasthenie, wird durch das internationale Klassifikationsschema ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eindeutig beschrieben.

Wie der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. schreibt, liegt eine LRS vor, wenn die eindeutigen Probleme im Schreiben und Lesen NICHT auf folgende Kriterien zurückzuführen sind:

  • Entwicklungsalter
  • unterdurchschnittliche Intelligenz
  • fehlende Beschulung
  • psychische Erkrankung
  • Hirnschädigung

Das bedeutet: Nicht jedes Kind mit Schwierigkeiten bei der Rechtschreibung oder beim Lesen ist legasthenisch.

Was passiert bei der LRS?

Ein bisschen besser verstehen kann man die Legasthenie, wenn man sich unsere Schriftsprache als eine Art Code vorstellt. Dabei ist jeder Buchstabe ein Zeichen. In den ersten Schuljahren lernen Kinder also die verschiedenen Zeichen und so das Entziffern des Codes. Legastheniker*innen jedoch haben Probleme mit den Zeichen und dem Code. Sie können sie, trotz vieler Übungsstunden, nicht richtig entziffern. Das führt zu Problemen beim Lesen und/oder auch beim Schreiben.

Typen der LRS

Das internationale Klassifikationsschema ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet bei der LRS folgende Unterklassifikationen:

Lese-Rechtschreibstörung

Betroffene zeigen vor allem große Defizite in der Entwicklung der Lesefähigkeit. Sie haben große Probleme beim Leseverständnis, geschriebene Worte (wieder)zuerkennen und vorzulesen. Meist tritt diese Störung gemeinsam mit einer Rechtschreibstörung auf.

Isolierte Rechtschreibstörung

Betroffene haben Schwierigkeiten, Wörter zu buchstabieren oder sie korrekt zu schreiben. Diese Störung tritt unabhängig einer Lesestörung auf.

Isolierte Lesestörung

Wie der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. schreibt, ist die isolierte Lesestörung noch nicht von der WHO definiert. Forschungen konnten bereits zeigen, dass Lesestörungen auch ohne große Störungen der Rechtschreibung auftreten können.

Legasthenie: Kinder leiden unter dem Druck

Kinder mit Legasthenie stehen vor allem in der Schule unter großem Leistungsdruck: Schlechte Noten in den schulischen Teilbereichen, auf die sich die Lese-Rechtschreibstörung am meisten auswirkt, führen dann dazu, dass das Kind seine Motivation verliert und sich eine allgemeine Schulunlust entwickelt. Das gefährdet nicht selten die gesamte schulische Leistung.

Die Betroffenen leiden sehr darunter und gerade Kindern macht die Legasthenie sehr zu schaffen. Besonders tragisch: Wer legasthenisch ist, hat bis ins Jugendalter ein höheres Risiko, emotionale Störungen zu entwickeln, also bleibende seelische Schäden davon zu tragen.

Wer stellt die Diagnose Legasthenie?

Meistens geben Lehrer*innen den ersten Hinweis auf eine Legasthenie. Dann wird eine Diagnose in Zusammenarbeit mit Kinderpsycholog*innen oder Fachärzt*innen durch verschiedene Tests gestellt. Dabei werden die Eltern und Lehrer*innen für das weitere Vorgehen miteinbezogen.

In Deutschland wird das Vorgehen und die Therapie von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt. In der Regel erfolgt die Legasthenie-Diagnose in Zusammenarbeit mit der Schule. Viele Grundschulen und auch weiterführende Schulen wenden bei einer offiziell diagnostizierten LRS deshalb den Nachteilsausgleich an.

Die gute Nachricht: Die Lese-Rechtschreibschwäche kann gut therapiert werden, sodass euer Kind nicht zwangsläufig ein Leben lang darunter leidet.

Auch lesen: 7 Schritte, mit denen dein Kind das Lernen richtig lernt

Wie erkläre ich meinem Kind Legasthenie?

Hat euer Kind genug Informationen, kann es Legasthenie besser verstehen. Erklärt ihm offen, worum es sich bei der Lese-Rechtschreibschwäche handelt, damit es die Legasthenie als Hürde oder besondere Herausforderung sehen kann und weniger als Belastung. Macht eurem Kind klar, dass diese Lernbeeinträchtigung nichts mit seiner Intelligenz oder seinen Talenten zu tun hat.

Außerdem ist es nicht alleine. Es gibt viele andere Kinder und auch Erwachsene, die die gleichen Probleme haben. Gebt eurem Kind positive Beispiele von Menschen, die ebenfalls Legasthenie haben und dennoch erfolgreich und ganz besonders talentiert sind. Albert Einstein wird zum Beispiel nachgesagt, dass er auch Legasthenie hatte.

Zu positiven Beispielen rät auch der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V..

Wie kann ich mein Kind unterstützen, ohne es zu überfordern?

Eine Möglichkeit zur Förderung durch die Eltern ist das gemeinsame (Vor-)Lesen. Das empfiehlt unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP).

Wechselt euch beim lauten Vorlesen von kurzen Textabschnitten ab. Gebt eurem Kind dabei ausreichend Zeit, sich die einzelnen Sätze kurz leise vorzulesen, bevor es sie laut ausspricht. Überfordert euer Kind nicht, indem ihr zu lange übt. 15 Minuten täglich sollten vollkommen ausreichen, ansonsten sinkt auch die Motivation. Schließlich empfindet es das Lesen als sehr mühsam.

Inwieweit und in welcher Form ihr euer Kind zusätzlich unterstützt und fördert, solltet ihr mit den Förderlehrer*innen oder Therapeut*innen abklären. Zum einen kann das gemeinsame Üben nur von Erfolg gekrönt sein, wenn es regelmäßig und mit ausreichend Zeit stattfindet. Zum anderen kann es auch die Beziehung zwischen Eltern und Kind belasten.

Als Eltern solltet ihr zudem darauf achten, euch mit den Lehrer*innen und Therapeut*innen regelmäßig über den Leistungsstand auszutauschen. Lasst euch von ihnen beraten, in welcher Form ihr mit eurem Kind Zuhause üben könnt oder sollt.

Weitere Informationen findet ihr bei onmeda.de.