Brustkrebs: Darum lohnt es sich dranzubleiben

Arzt und Patientin
Angelika Hansen und ihr Arzt Prof. Dr. Thill: Ihre Beziehung basiert auf offener Kommunikation und Vertrauen – wichtige Faktoren für einen Therapieerfolg. Credit: Martin Leissl

Die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei Brustkrebs haben sich verbessert – auch die
Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Patientinnen hat sich weiterentwickelt.

Etwa 70.000 Frauen erkranken hierzulande jährlich an Brustkrebs. Eine Diagnose, die das Leben auf den Kopf stellt – genau das hat Angelika Hansen erlebt. Ein Knoten in der Brust der 72-Jährigen stellte sich als Krebs heraus. Anfang 2024 wurde der Tumor im AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS in Frankfurt entfernt.

„Als ich nach der OP aufgewacht bin, dachte ich: Was bleibt mir? Und dann habe ich mir gesagt: mal schauen, wie ich in diesem neuen Leben klarkomme“, erinnert sich Frau Hansen. Glücklicherweise hatte der Tumor nicht in andere Organe gestreut. Das wichtigste Ziel in der anschließenden Behandlung seither: Das Rückfallrisiko zu senken, um zu verhindern, dass der Krebs wiederkommt.

Bei Frau Hansen wurde hormonrezeptorpositiver Brustkrebs diagnostiziert. Dessen Wachstum wird durch weibliche Geschlechtshormone beeinflusst. Die Patientinnen erhalten daher über mehrere Jahre eine adjuvante Antihormontherapie, bei geeigneten Patientinnen ergänzt durch CDK4/6-Inhibitoren, welche gezielt das Wachstum von Krebszellen hemmen und das Rückfallrisiko senken können (Informationen dazu weiter unten).

„Ich werde konsequent die Medikamente nehmen. Bis jetzt hat es nichts verschlechtert. Ich hoffe sogar, etwas verbessert“, erläutert Angelika Hansen ihren persönlichen Entschluss, um ihr Risiko bestmöglich zu verringern.

Gemeinsam entscheiden

Auf diesem Weg werden Ärztinnen und Ärzte zu wichtigen Partnerinnen und Partnern. Auch für Angelika Hansen ist das zentral. Regelmäßig hat sie Termine mit ihrem Behandlungsteam. „Ich schreibe mir Fragen, die mir auf der Seele brennen, schon vorher auf – damit ich sie nicht vergesse“, erklärt Frau Hansen.

Ihr ist es wichtig, Antworten zu bekommen und gut informiert zu sein – darüber, was „mir die Therapie bringt“, aber auch über mögliche Nebenwirkungen. Und sie weiß, dass es darauf ankommt, Entscheidungen zusammen mit dem Behandlungsteam zu treffen.

Checkliste für den Arzttermin
Diese Checkliste unterstützt bei der Vorbereitung auf das Arztgespräch – mit gezielten Fragen zu Erkrankung, Therapie, Rückfallrisiko und Nachsorge sowie Platz für eigene Notizen. So können Betroffene das Gespräch aktiv mitgestalten und gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt die nächsten Schritte planen.
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Zudem hilft der Austausch mit anderen Betroffenen. So bekomme man „Infos, an die der Arzt vielleicht nicht sofort denkt“. Und manchmal – das weiß Angelika Hansen heute – trifft man auf der Reise Menschen, mit denen man selbst in Krisenzeiten mal lachen oder Schönes planen kann. Das gibt Kraft. „Ich stehe dann erst recht auf und sage: Jetzt gilt es“, so Angelika Hansen entschlossen.

Experte im Gespräch: „Es ist wichtig, die Patientin mitzunehmen“

Bei hormonrezeptorpositivem, HER2-negativem Brustkrebs ist nach der Erstbehandlung oft noch eine Anschlusstherapie nötig. Der Gynäkologische Onkologe Marc Thill erzählt im Interview, was das bedeutet.

Unser Experte:
Prof. Dr. med. Marc Thill
, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt

Wie erklären Sie den Patientinnen den Nutzen einer Kombi-Therapie aus Antihormontherapie und CDK4/6-Hemmern, die ein erneutes Tumorwachstum verhindern soll?

Wichtig ist es, zu erklären, was es bedeutet, ein Rückfallrisiko zu haben. Dann zeige ich Kurven und Zahlen – je nachdem, was die Patientin benötigt. Damit wird klar, dass das Risiko für ein Fernrezidiv noch über viele Jahre bestehen bleibt, sodass man zusätzlich etwas benötigt, um Spätrezidive zu verhindern. Die CDK4/6-Hemmer, die zusätzlich zur Antihormontherapie gegeben werden, greifen zielgerichtet in die Zellteilung ein. Davon profitieren viele Frauen – bei frühem Brustkrebs und in der metastasierten Form.

Worauf achten Sie bei der Kommunikation und wie motivieren Sie Patientinnen?

Wir führen mehrere Gespräche, und am Ende ist es zumeist ein Shared Decision Making (Gemeinsame Entscheidungsfindung). Dies funktioniert vor allem dann gut, wenn es verschiedene Therapieoptionen gibt.

Bei der Auswahl des jeweiligen Medikaments kann etwa berücksichtigt werden, was die Person beruflich macht, wie sie lebt, ob es Vorerkrankungen gibt… Ich versuche, positiv auf die Patientinnen einzuwirken und auch mal lustig zu sein. Natürlich muss man schauen, wann das passt. Viele sagen aber: Ich fand es gut, dass ich mit Ihnen auch lachen konnte.

Wie wichtig ist die gemeinsame Entscheidungsfindung, damit man an der Therapie dranbleibt?

Total wichtig. Patientinnen nach adjuvanter Therapie haben schon Erfahrung gemacht, und die Fragen werden nicht weniger, sondern eher mehr. Das heißt, dass wir rational erläutern sollten, welche Nebenwirkungen auftreten können und wann mit ihnen zu rechnen ist.

Deswegen ist es am Anfang wichtig, die Patientin über die Bedeutung der Therapie und mögliche Nebenwirkungen aufzuklären. Nur wenn sie umfassend informiert ist, kann sie die Behandlung aktiv unterstützen. Viele Patientinnen bringen zur Unterstützung z. B. Angehörige zu den Therapiegesprächen mit oder schalten einfach jemanden aus der Familie oder dem Freundeskreis per Handy zu.

Welche Strategien gibt es, die Therapie durchzuhalten?
Wichtig ist es, dass man selbst hinter der Therapie steht und davon überzeugt ist, auch wenn es oft sehr schwer ist, auf Anhieb alles zu verarbeiten. Begleitende Maßnahmen aus der Mind-Body-Medizin, Sport, psychoonkologische Betreuung, aber auch Freunde und Familie tragen zur Stabilisierung, vor allem bei Nebenwirkungen, bei.

Brustkrebs besser verstehen
Aktiv gegen das Rückfallrisiko

Ein zentraler Teil der Brustkrebsdiagnostik ist die Bestimmung des Hormonrezeptor- (HR) sowie HER2-Status. Ein hormonrezeptorpositiver (HR+) Brustkrebs hat viele Bindestellen für die Hormone Östrogen und/oder Progesteron, die das hormonabhängige Tumorwachstum fördern. Der HER2-Rezeptor-Status gibt Hinweise darauf, wie schnell der Tumor wächst. In ca. 75 % der Fälle liegt HR+/HER2-negativer Brustkrebs vor.

Früher Brustkrebs: Das ist wichtig!

Bei ca. 80 % der Patientinnen wird die Erkrankung im Frühstadium festgestellt. Hier ist der Tumor auf die Brust und ggf. nahe gelegene Lymphknoten begrenzt, und es liegen keine Fernmetastasen vor.

Früher Brustkrebs gilt im Allgemeinen als gut behandelbar. Die Maßnahmen zu Beginn der Behandlung zielen darauf ab, die Krebszellen so weit wie möglich zu entfernen. Es können Krebszellen unbemerkt im Körper verbleiben, welche erneut aktiv werden können.

Rückfallrisiko richtig einschätzen

Das individuelle Rückfallrisiko hängt von verschiedenen Faktoren wie z. B. dem Tumorstadium ab. Etwa ein Drittel der Patientinnen mit HR+ Brustkrebs im Stadium II erleidet innerhalb von 20 Jahren einen Rückfall. Die Hälfte der Rückfälle treten dabei erst nach über fünf Jahren nach der Diagnose auf.

Daher erfolgt bei HR+/HER2-negativem Brustkrebs im Anschluss an die Erstbehandlung oft eine Antihormontherapie. Ergänzend können CDK4/6-Inhibitoren eingesetzt werden, welche das Tumorwachstum hemmen können. Diese Therapie kann in einem begrenzten Zeitraum nach Beginn der Antihormontherapie hinzugefügt werden – mit dem Ziel, das Rückfallrisiko weiter zu reduzieren.

Weitere Informationen finden Patientinnen sowie Angehörige unter: www.leben-mit-brustkrebs.de/rueckfallrisiko