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Frauenquote: Warum sie ärgerlich aber wichtig ist

Eine verbindliche Frauenquote für Vorstände? Das klingt per se gut, zeigt aber letztlich, dass sich ohne Regeln einfach nichts tut in Sachen Frauen auf wichtigen Posten.
Eine verbindliche Frauenquote für Vorstände? Das klingt per se gut, zeigt aber letztlich, dass sich ohne Regeln einfach nichts tut in Sachen Frauen auf wichtigen Posten. Credit: Getty Images

Eine verbindliche Frauenquote für Vorstände? Das klingt per se gut, zeigt aber letztlich, dass sich ohne Regeln einfach nichts tut in Sachen Frauen auf wichtigen Posten. Über das Pro und Contra der Frauenquote.

Frauenquote: Warum sie ärgerlich aber wichtig ist

Jetzt scheint es also Gesetz zu werden. Zumindest ist sich die Regierungskoalition in der Frage grundsätzlich einig: In Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern soll in Zukunft mindestens ein Mitglied eine Frau sein. Lange Zeit hatte man gedacht, es werde sich schon von selbst regeln. Das hat es aber nicht.

Vielmehr sieht es aus, als würde die gläserne Decke, die Frauen von einer steilen Karriere abhält, niemals durchbrochen werden. So liegt die Frauenquote in den Vorständen der 160 deutschen Börsenunternehmen derzeit bei 10 Prozent. Bedeutet im Klartext, dass es rund 90 Prozent Männer in den Chefetagen börsennotierter Unternehmen gibt.

Letztlich haben sich die großen Unternehmen die Quote selbst eingebrockt. Denn die bisherigen Regelungen wurden eher schlecht als recht befolgt. Kein Wunder, schließlich gab es kein klares Muss, sondern viel Spielraum.

Wie sah es bisher aus?

Bereits seit 2016 sollten mehr als 100 deutsche Großkonzerne bei Neubesetzungen im Aufsichtsrat eine Frauenquote von 30 Prozent sicherstellen. Das Gesetz für die „gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ besagt unter anderem Folgendes:

Für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt seit 2016 eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen.“

Zudem sollten die Unternehmen eigene, freiwillige Zielvorgaben machen, was sie für die Frauenförderung in den oberen Etagen, also auf Vorstandsebene und oberstem Management, einplanen. Und nicht wenige Betriebe setzen hier die Zielgröße „Null“.

Wer also bislang eh bei null Frauen in hohen Positionen war, konnte getrost weiterhin bei null bleiben. Zwar sollten die Firmen dann regelmäßig berichten, ob das Ziel erreicht wurde. Eine Sanktion oder Ähnliches bei Nichterreichen war aber nicht geplant. Und die „Null“ war letztlich schwer zu verfehlen. Es wäre schon fast lustig, wenn es nicht so traurig wäre.

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Leider geht es nur mit Druck

Gleichwohl ist es wirklich ärgerlich, dass es so eines Gesetzes bedarf. Als Frau will man nicht genau wegen seines Geschlechts im Zweifelsfall zwischen einem männlichen und einem weiblichen Bewerber vorgezogen werden – und dann womöglich als Quotenfrau belächelt. Das hat so einen Beigeschmack, den niemand gebrauchen kann, der allein mit seinen Fähigkeiten überzeugen will.

Dass sich einfach so, also ohne gesetzliche Regelungen, etwas ändern wird, sieht allerdings auch Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey nicht: „Mit Freiwilligkeit kommen wir einfach nicht weiter, ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts.“

Zudem ist das Gesetz gerade jetzt ein wichtiger Schritt. Denn während der Corona-Pandemie lässt sich bereits ein Rückschritt in Sachen Gleichberechtigung erkennen, wie die Studie der AllBright Stiftung zeigt. Dort heißt es: „Alle Länder im Vergleich haben im vergangenen Jahr den Frauenanteil in den Vorständen konsequent ausgebaut, nur in Deutschland ist er im Krisenjahr gesunken. Die deutschen Unternehmen fallen damit immer weiter zurück.“

Schaut man sich die Zahlen an, so zeigt sich: In den USA, Schweden, Frankreich und Großbritannien ist es längst die Norm, dass mindestens zwei Frauen im Vorstand sind. Und satte 97 Prozent der amerikanischen und 87 Prozent der französischen Großunternehmen haben sogar mehrere Frauen im Vorstand. Und Deutschland? Hier sind Frauen im Vorstand immer noch eine Seltenheit. Und es gibt nur noch 4 DAX-Unternehmen mit mehr als einer Frau im Vorstand.

Frauenquote: Warum sie ärgerlich aber wichtig ist

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Viele Unternehmen sträubten sich bislang, selbst aktiver zu werden und mehr Frauen in Führungspositionen zu holen. Oftmals wird ein höherer Frauenteil sowohl von Unternehmen als auch von Politikern eher als wirtschaftliche Belastung angesehen.

So argumentierte der Vorstand der Deutschen Bahn im Hinblick auf das anstehende, neue Gesetz, das Unternehmen müsse „mit erheblichen negativen Auswirkungen“ rechnen. Das zumindest schrieben laut Spiegel Bahn-Chef Richard Lutz, Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla und Personalchef Martin Seiler Mitte Juni in einem Brief an Finanzminister Olaf Scholz, Verkehrsminister Andreas Scheuer und Familienministerin Franziska Giffey.

Schließlich müssten Gleichstellungsbeauftragte eingestellt werden und schon jetzt gäbe es in manchen Bereichen Probleme, überhaupt Mitarbeiter zu finden. All das würde durch eine Frauenquote erschwert. Man muss dazu sagen, dass große Firmen im Staatsbesitz wie die Deutsche Bahn eine Frauenquote von 50 Prozent in Führungspositionen auferlegt bekommen sollen.

Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier sah in einer gesetzlichen Quote zunächst einmal bürokratischen Mehraufwand. Die Umstellung belaste die Unternehmen nur zusätzlich. Sind Frauen also ein glatter Wettbewerbsnachteil?

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Warum Frauen in Führungspositionen so wichtig sind

Man kann die Frauenquote bejubeln oder als notwendiges Übel ansehen. Gleichwohl ist sie ein wichtiger Schritt in Sachen Gleichberechtigung. Denn mehr Frauen in Vorständen bedeuten eben auch, dass sie mitentscheiden, wo es in den Betrieben langgeht, dass sie wegweisend sind, in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Aufstiegsmöglichkeiten und mehr.

Sie entscheiden mit über unser aller Berufsalltag. Und dass der frauenfreundlicher gestaltet werden könnte, ist nicht neu. Man denke allein an die Vereinbarkeit und Job und Familie. Letztlich sind es eben immer noch vor allem Frauen, die für die Kinderbetreuung beruflich zurückstecken. Und natürlich geht es auch um gerechte Bezahlung und andere Geschlechterungerechtigkeiten. Alles Dinge, die in den oberen Etagen dieses Landes geregelt werden.

In einer mehrheitlich patriarchisch geprägten Arbeitswelt, werden Frauen immer wieder an die gläserne Decke stoßen, wenn sie nicht auch oben mitspielen dürfen. Es ist dringend Zeit, endlich für eine Wende zu sorgen, damit unsere Töchter es besser haben. Schließlich brauchen Kinder starke Vorbilder – Jungs als auch Mädchen. In diesem Fall sind aber erst mal die Mädels dringend an der Reihe.