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'Shades of Grey': SM-Sex zum Nachmachen? Das sagt der Experte

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Ein Bestseller, und plötzlich reden alle von Sadomaso … Was ist dran an SM? Wir sprachen mit dem Experten und haben die wichtigsten Infos für SM-Neulinge zusammengestellt.

Inhaltsverzeichnis

Viele Paare haben nie einen Gedanken an Sado-Maso-Sex (SM) verschwendet. Doch dann tauchte plötzlich der Erotikroman ‚Shades of Grey‘ auf, und mit einem Mal redet jeder über SM. Es scheint, als hätte die Geschichte um Christian Grey und Ana Steele Fessel-Sex gesellschaftsfähig gemacht.

Bestsellerautor Arne Hoffmann, der seit über zehn Jahren Bücher zum Thema SM veröffentlicht, hält den Hype um den Roman und das aktuelle Interesse an SM-Sex für wichtig und gut: „SM war immer schon eine Form der Sexualität, die viele Menschen fasziniert hat. Aber bislang haben die Leute, die diese Art der Liebe nicht verstehen, SM als ‚abartig‘ oder ‚pervers‘ gebrandmarkt und tabuisiert. Wir erleben gerade, wie diese Mauer fällt.“

Das Medieninteresse an dem Roman habe einen wertvollen Nebeneffekt: „Jetzt muss über SM berichtet werden. Aber nicht mehr in der herabsetzend-voyeuristischen Form wie früher, als SM als Freakshow abgetan wurde. Jetzt ist klar, dass viele Menschen SM genießen. Das alles ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur sexuellen Freiheit“, so Arne Hoffmann. Zumal der einvernehmliche Sadomasochismus mittlerweile eine erotische Spielart ist, die quer durch die Gesellschaft praktiziert wird. Die Mehrzahl der SM-ler ist weder „gestört“ noch krank: sie gehört der oberen Mittelschicht an, verfügt über eine gute Bildung, ist gesellschaftlich integriert und beruflich erfolgreich.

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Lesen macht Lust

Natürlich ist Sadomasochismus in der erotischen Literatur kein neues Thema. Warum ist ‚Shades of Grey‘ dennoch auf so ein gewaltiges Interesse gestoßen? „Die Autorin E. L. James baut SM-Elemente in eine sehr traditionell erzählte romantische Geschichte ein. Frauen können das Buch lesen, ohne ihr Faible für erotische Unterwerfung gleich öffentlich zu machen“, so der SM-Experte. Und natürlich beflügelt der Roman die erotischen Fantasien seiner Leser. Viele fragen sich, wie es wäre, SM auch selbst mal auszuprobieren.

Doch ist die Sexbeziehung aus ‚Shades of Grey‘ überhaupt in die Praxis übertragbar? Arne Hoffmann warnt ausdrücklich davor, die Situationen aus dem Roman einfach nachzuspielen. „Ich weise immer wieder darauf hin, dass es in der Realität heikel wäre, sich so zu verhalten, wie es in dem Buch geschildert wird“, sagt der Experte.

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‚Shades of Grey‘ ist für wahre SM-Praktiken kein Vorbild!

‚Shades of Grey‘ sei für sadomasochistische Praktiken keine Richtlinie: „Hier wird alles andere als eine typische SM-Beziehung geschildert, sondern eher eine Beziehung, die, würde sie im wahren Leben spielen, vielfach in Richtung Missbrauch geht.“ Ein Grund, warum das Buch sowohl bei Feministinnen als auch bei SM-Anhängern für Unmut sorgt.

Arne Hoffman will Menschen, deren Interesse an Sado-Maso-Sex durch Bücher wie ‚Shades of Grey‘ geweckt wurde, über SM aufklären. Nichts sei klischeebehafteter als die verbreitete Vorstellung von Sadomasochismus. Die Fantasie kreist um Peitschen und Gummisklaven, Latex und Handschellen. All das gehört zu SM. Doch letztlich geht es um mehr als Accessoires: Im Fokus steht die Lust, die durch den Schmerz und die Machtspiele zwischen den Partnern entsteht. Und das muss man mögen.

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Einstieg für Neulinge

Was rät Arne Hoffmann Paaren, die neugierig auf SM sind, aber noch keinerlei Erfahrungen haben? „Man sollte sich vorher Gedanken machen über die eigenen Bedürfnisse und Fantasien und wie weit sich diese spielerisch verwirklichen lassen. Sich nur mit jemandem auf solche Spiele einlassen, dem man auch vertraut. Sich mit erfahreneren SM-Anhängern unterhalten – im Internet ist das in Diskussionsforen wie dem der ‚Sklavenzentrale‘ anonym möglich. Langsam einsteigen, statt gleich in die Vollen zu gehen.“ Auf keinen Fall sollte man sich dem Partner zuliebe zu Dingen drängen lassen, bei denen man kein gutes Gefühl hat.

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Ebenfalls rät der Experte, im Vorfeld in einem offenen Gespräch den Sicherheitsfaktor abzuklären. Nicht nur gesundheitliche Probleme können beiden Partnern zum Verhängnis werden: „Auch auf der seelischen Ebene kann es heikle Zonen geben, etwa Phobien und noch nicht bewältigte Traumata, die in einem SM-Spiel hervorbrechen könnten. Wichtig ist es auch, Grenzen und Tabuzonen vorher abzuklären.“

Letztlich gibt es viel zu besprechen. Und das bitte „vorher“: Wie lange soll das Spiel dauern, welche Vorlieben und Neigungen hat der Partner, was genau wünschen sich beide, und die nicht unwichtige Frage: Kommt es zum Geschlechtsverkehr im eigentlichen Sinne oder nicht?

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Die besten Tipps für Anfänger

Gleichzeitig sollte die Rollenverteilung klar sein. Wer hat die dominante Rolle und wer die devote? Arne Hoffmann erklärt: „In der dominanten Rolle bist du für die Planung und Durchführung eines SM-Spiels verantwortlich, in der devoten Rolle unterstützt du dabei deinen Partner.“

Beide Rollen haben ihre Fallstricke, warnt der Experte: „Die dominante Rolle kann einem auch zu Kopf steigen, so dass man Grenzen seines Partners missachtet oder beginnt, ihn auch jenseits des SM-Spiels respektlos zu behandeln. Als Devoter ist man in der Gefahr, heimlich die Regie übernehmen zu wollen oder in stummem Leiden alles über sich ergehen zu lassen.“

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Sicher und einvernehmlich

Innerhalb der SM-Szene gibt es klare Regeln, um das Konfliktpotential zu minimieren. Sonst wäre einvernehmlicher SM-Sex auch gar nicht möglich. Das Wichtigste sind die drei Grundregeln: „safe, sane and consensual“ – das heißt: sicher, bei klarem Verstand und einvernehmlich. Außerdem: Falls im Eifer des Gefechts persönliche Grenzen überschritten werden, lässt sich das Spiel jederzeit durch ein vorher vereinbartes Safewort beenden. Kann sich ein Partner im Zuge des SM-Spiels nicht verbal äußern, wird ein Signal mit den Augen oder der Hand vereinbart. Das Safeword ist wichtig, vor allem für den devoten Part, der gefesselt oder anderweitig fixiert wird.

Neugierig sein und darüber reden – das rät der Experte

Neulingen, die sich noch nicht als SM-Paar eingespielt haben, sei auch das Gespräch danach ans Herz gelegt, das sogenannte „Auffangen“. Als „Auffangen“ bezeichnet man im Bereich des erotischen Rollenspiels und anderer SM-Praktiken die Nachbereitung einer gemeinsamen Szene, wobei beide Partner Gelegenheit zur Rückmeldung erhalten.

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Gesprochen werden sollte über mögliche Grenzen, die überschritten wurden, und darüber, was genossen wurde und was nicht. Dieses Gespräch muss nicht zwangsläufig direkt nach dem Rollenspiel stattfinden. „Dann sind die Wunden noch zu frisch oder einer der Partner ist noch zu sehr in seiner Rolle gefangen und verkneift es sich, Dinge zu sagen, die gesagt werden sollten“, erklärt Hoffmann.

Handschellen und Flogger

Natürlich sind auch Accessoires beim SM nicht unwichtig. Allerdings braucht man keinen Folterkeller, um SM auszuprobieren: „Das SM-Zubehör hängt von vielen individuellen Vorlieben ab, da wäre es Unsinn zu sagen: Als SM-ler muss man unbedingt eine Peitsche im Schrank haben“, so Arne Hoffmann. „Als Anfänger kann man sich ein paar Accessoires zum Experimentieren anschaffen, etwa ein Paar Handschellen und einen Flogger, also eine wirklich weiche Peitsche, deren Berührung nicht schmerzhafter ist als eine gute Massage. Auch Haushaltsgegenstände lassen sich zweckentfremden: Wäscheklammern, Klarsichtfolie zum Fesseln, Kerzen für Wachsspiele, ein Kochlöffel zum Hintern-Versohlen und ein Baumwolltuch zum Augen-Verbinden.“

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Experimente und Inspiration

Fessel- und Knebelspiele, Kitzelsex, Sling, Augenbinden und Peitsche – da die Bandbreite der Rollenspiele im SM extrem groß ist, sollte man sich inspirieren lassen. Wem die Vorlage ‚Shades of Grey‘ nicht zusagt, für den gibt es mehr als genug Inspirationsquellen in der erotischen Literatur und im Internet.

Inwieweit ein Roman neue Spannung in die Betten bringt, wird sich zeigen. Fakt ist jedoch: ‚Shades of Grey‘ hat für Wirbel gesorgt und es vielen Menschen mit sadomasochistischen Neigungen ermöglicht, offener mit ihren Vorlieben umzugehen. Ein Nachteil: Peitschen sind seitdem in vielen Sex-Shops ausverkauft.

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