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Alltagssexismus: Hört auf, euch über alles, was Frauen mögen, lustig zu machen

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Frauen werden häufig für genau die Dinge verspottet, die die Gesellschaft als typisch weiblich bezeichnet. Boybands? Peinlich. Plüschtiere? Kindisch. Trägt ein Mädchen Make-up, ist sie eingebildet. Trägt sie keines, ist sie bieder. Es scheint so, als können wir einfach nicht gewinnen.

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Sexismus ist nicht nur etwas, über das Politiker*innen im TV diskutieren oder von dem es Statistiken gibt. Über die Gender Pay Gap, über Care-Work und Femizide. Denn wenn wir das Privileg haben, schalten wir bei diesen Nachrichten gerne den Fernseher aus, schließen das Browserfenster mit dem geöffneten Artikel oder drehen das Radio leiser. „Ich fühle mich nicht benachteiligt“, „Ich wurde noch nie von einem Mann belästigt“, „Wozu brauchen wir eigentlich noch Feminismus?“

Wieso wir Feminismus brauchen? Weil Sexismus ein Teil unseres Alltags ist. Es gibt Situationen, in denen wir Sexismus ganz klar sehen und benennen können. Zum Beispiel, wenn ein männlicher Kollege trotz gleicher Qualifikation und Position mehr verdient. Oder wenn uns gesagt wird, dass wir doch so viel hübscher wären, wenn wir öfters lächeln würden.

„Hab dich nicht so, ist doch nur ein Witz“

Sexismus kommt aber noch viel öfter in unserem Alltag vor. Und manchmal nehmen wir ihn gar nicht bewusst wahr. Er steckt in kleinen Sprüchen, die als Witz verpackt werden („die Frauen natürlich nicht verstehen, weil sie keinen Humor haben“). Er begegnet uns beim Autofahren (denn erst seit wenigen Jahren werden auch Crash-Test-Dummys für Sicherheitstest verwendet, die der weiblichen Anatomie entsprechen). Und beim Einkaufen sowieso, Stichwort „Pink-Tax“.

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All das ist Teil des patriarchalen Umfelds, in dem wir aufwachsen, und das dafür sorgt, dass Sexismus reproduziert wird. Von Männern, aber auch von uns Frauen.

Internalisierte Misogynie: Um jeden Preis anders sein

Misogynie wird vom Duden als „Frauen entgegengebrachte Verachtung, Geringschätzung; Frauenfeindlichkeit“ definiert. Bei internalisierter Misogynie geht es daher um verinnerlichten Frauenhass. Autsch. Hass ist ein hartes Wort.

Aber es ist nun mal Misogynie, mit der wir meist schon als Kinder konfrontiert werden. „Ein harter Kerl“ ist etwas Positives. Aber „Du läufst wie ein Mädchen“ negativ. Und das geht munter so weiter. Zählt doch mal die schlimmsten Schimpfwörter auf, die euch einfallen. Na, wie viele davon haben etwas mit der weiblichen Anatomie zu tun oder allgemein mit Frauen? Auf diese Art lernen wir schon früh, dass Frau-sein etwas Schlechtes ist, etwas, über das man sich lustig machen kann.

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Alltagssexismus: Hört auf, euch über alles, was Frauen mögen, lustig zu machen

Das Gefährliche an dieser internalisierten Misogynie ist, dass sie nicht nur Männer betrifft, sondern auch Frauen selbst. Wie soll man denn auch als junges Mädchen lernen, stolz auf die eigene Weiblichkeit zu sein, wenn alles, was damit zu tun hat, ins Lächerliche gezogen wird? Um nicht das Opfer des Witzes zu werden, fängt man an, andere Frauen zu verurteilen und alles weiblich konnotierte abzulehnen.

Mir ging es selbst als junges Mädchen auch so. Die Farbe Rosa? Ging gar nicht! Musik von irgendwelchen Boyband hören? Auf keinen Fall! Ich wollte unbedingt anders sein, nicht wie die anderen Mädchen. Und im gleichen Zug habe ich genau jene, die diese Dinge mochten, heimlich ein bisschen dafür verurteilt.

„Wir können nichts richtig machen“

Werbungen, Magazine und Internet-Trends sagen uns, dass Falten hässlich sind und wir abnehmen müssen. Dass volle Lippen heiß sind und ein runder Hintern sowieso. Also lassen Frauen (und Männer natürlich auch) sich Botox spritzen, legen sich unters Messer, kaufen Produkte, um sich zu schminken und zu verändern.

Und dann? Werden wir jetzt endlich in Ruhe gelassen? Eben nicht. Denn dann ist Natürlichkeit plötzlich so viel attraktiver. Kurz gesagt: Wir können es dem Patriarchat nie recht machen. Der beste Grund also, einen Scheiß darauf zu geben, was andere als hübsch empfinden und uns so viel oder wenig zu schminken, wie wir wollen.

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„Girls just wanna have fun“ – Wenn man uns denn lassen würde

Nicht nur beim Aussehen herrscht diese Doppelmoral. Frauen, die bei einem Konzert laut kreischen, wenn sie ihre Idole sehen? Peinlich. Männer, die in einem Fußballstadion laut grölen? Total normal.

Make-up, Boybands, Mode, Selfies machen, auf TikTok tanzen, einen Pumpkin-Spice-Latte bestellen. Über alles, was als typisch weiblich assoziiert ist, wird sich lustig gemacht. Bis zu dem Punkt, an dem Mädchen und Frauen anfangen, sich zu verstellen und sogar genau die Dinge abzulehnen, die ihnen eigentlich gefallen.

Inzwischen trage ich gerne die Farbe Rosa, ich höre Popmusik, wenn ich Lust darauf habe und gucke gerne kitschige romantische Filme. Ich lasse mir nicht mehr von anderen – oder mir selbst – den Spaß an Dingen nehmen.

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Und genau das ist auch mein kleiner Appell: Erlaubt euch, Spaß zu haben. Und verurteilt vor allem andere nicht für die Dinge, die ihnen Freude bereiten. Erwischst du dich öfters dabei, andere zu verurteilen oder kurz „Was hat die denn an?“ zu denken, wenn du eine Frau siehst, die nicht dem Ideal entspricht, das wir von klein auf eingetrichtert bekommen? Dann frag dich im nächsten Augenblick: „Betrifft mich das Aussehen dieser Person in irgendeiner Weise?“ und „Hätte ich den gleichen Gedanken bei einem Mann gehabt?“

Spul deine Gedanken nochmal zurück und versuche aktiv, sie zu verändern. Ist es nicht eigentlich total cool, dass die Person etwas trägt, in dem sie sich wohlfühlt? Wärst du nicht eigentlich auch gerne so? Ist es nicht schön zu sehen, wie sie lächelt und ihren Tag genießt?

Ich habe mal gelesen, dass der erste Gedanke, den wir haben, der ist, den wir von unserem Umfeld gelernt haben. Der zweite Gedanke kommt von uns selbst. Es ist also nicht einfach, etwas zu entlernen, was sich über Jahrzehnte hinweg in unsere Köpfe verfestigt hat.

Aber es lohnt sich, daran zu arbeiten, denn wir müssen aufhören, uns über alles, was Frauen mögen, lustig zu machen. Für uns selbst und damit die nächste Generation junge Mädchen nie auf die Idee kommt, sich für sich oder ihre Interessen zu schämen.