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Narzisstische Eltern: Wenn Trennungskinder zum Streitobjekt werden

Narzisstische Eltern: Wenn die Mutterscham ohne Kind zum Vatertrumpf mit Kind wird
Narzisstische Eltern: Wenn die Mutterscham ohne Kind zum Vatertrumpf mit Kind wird Credit: pexels / natasha-lois

Bei einer Trennung sind vor allem die Kinder die Leidtragenden. Schlimm, wenn zwischen den Eltern dann noch ein Sorgerechtsstreit entbrennt. Über narzisstische Elternteile, gesellschaftliche Erwartungen und langwierige Verfahren um das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Inhaltsverzeichnis

Unsere Gastbloggerin Regina Schrott ist Autorin und Schauspielerin, Coach und Gründerin von Narz mich nicht® – einer Plattform für Opfer von krankhaftem Narzissmus und Menschen, die von psychischer Gewalt coabhängig sind. Durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und ihre Website www.narz–mich-nicht.de sensibilisiert Regina Schrott zusammen mit ihrem Team in der DACH-Region.

Unsere Gesellschaft erwartet immer noch, dass Kinder im Scheidungsfall automatisch zur Mutter kommen. Bleiben die Kinder nach einer Trennung beim Vater, ist das Erstaunen meist groß. „Da muss die Mutter aber schon etwas sehr Schlimmes angestellt haben, dass das Kind nicht mehr bei ihr sein darf.“ So absurd es scheint, ist es leider bittere Realität. Dieser gesellschaftliche Druck führt dazu, dass das Schamgefühl der Mutter meist groß ist, wenn die Kinder nicht bei ihr sind. „Was denken die anderen von mir, wenn ich eine Mutter ohne Kind bin?“

Im Video: Narzissmus in der Beziehung

Narzisstische Eltern: Wenn Trennungskinder zum Streitobjekt werden

Unsere gesellschaftliche Vorstellung von Erziehung scheint im letzten Jahrhundert stecken geblieben zu sein.

Auf der anderen Seite machen sich gleichzeitig Väterlobbys stark und stellen ihrerseits Anspruch an die Akzeptanz einer neuen Vaterrolle. Väter möchten auch für ihre Kinder zu Hause sein und Zeit mit ihnen verbringen. Ein absolut redliches Ansinnen im Zuge der Emanzipation – vorausgesetzt, dass es ihnen auch wirklich darum geht.

Dennoch zeigt sich, dass trotz der gewandelten Vaterrolle, die gesellschaftliche Erwartungshaltung immer noch veraltet ist. So auch bei der Zuteilung des Sorgerechts. Mit der Folge: Was bei Müttern ohne Kinder ein Schamgefühl auslöst, verbuchen Väter im Sorgerechtstreit als Triumph. Dazwischen werden ungewollt Kinderseelen kaputt gemacht.

Fakt ist auch: Die Rollenbilder von Müttern und Vätern haben sich vor allem beruflich stark gewandelt. Längst sind nicht mehr nur Männer für das Familieneinkommen verantwortlich. Manchmal ist es bereits umgekehrt und Frauen sorgen für die finanzielle Sicherheit der Familie. Was bedeutet, dass sie nicht mehr nur zu Hause hinterm Herd stehen und Kinder hüten, sondern sich auch immer mehr Männer um den Haushalt kümmern.

In den meisten Fällen sind heute beide Elternteile berufstätig. So wie aber nicht jede Mutter natürlicher Weise aus sich heraus eine gute Mutter ist, gilt dasselbe auch für Väter. Ein Vater, der zu Hause bleibt und die Kinder in den Kindergarten oder zur Schule bringt, muss deshalb noch lange nicht ein fürsorglicher Vater sein.

Vielleicht hat er einfach keine Lust, arbeiten zu gehen und benutzt das Vatersein als willkommene Begründung. Genauso ist dies übrigens auch bei einer Mutter denkbar. Möglich ist ebenfalls, dass es gar nicht um die Kinder selbst geht, sondern lediglich um den Besitz der Kinder.

Eine Scheidung ist selten einvernehmlich – mit krankhaften Narzisst*innen aber immer eine unfassbare Tortour.

Mit fatalen Folgen für die Kinder: Sogenannte hochstrittige Verfahren stapeln sich mittlerweile auf den Schreibtischen von Familiengerichten. Auch Jugendämter klagen, dass es immer mehr schwierige Fälle gibt mit Eltern, die unkooperativ scheinen. Statt wie früher ein bis maximal zwei Jahre, dauern Verfahren um Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht im schlimmsten Fall mittlerweile bis zu zehn Jahren.

Die sozialen Folgen dieses narzisstischen Dilemmas für unsere Gesellschaft scheinen noch immer viel zu wenig Menschen zu begreifen. Zumindest nicht jene, die dazu beauftragt werden, zum Wohle unserer Kinder zu entscheiden.

Mangelnde Kenntnisse über die Gefahr psychischer Gewalt durch Narzissmus und Borderline führen zu verheerenden Fehlentscheidungen an Familiengerichten.
Credit: pexels / mikhail-nilov

Maligne Narzisst*innen und Soziopath*innen können sich in der Öffentlichkeit perfekt verstellen

Maligner (absichtsvoll boshafter) Narzissmus zählt zur psychischen Gewalt und diese wiederum gehört zur „sauberen“ Gewalt. Sauber deshalb, weil man diese Form der Gewalt nicht sieht. Es gibt keine blauen Flecken. Oberflächlich fehlt den Kindern meist nichts.

Oft erscheint der narzisstische Elternteil charmanter und eloquenter als der Elternteil, der meist Jahre lang durch die narzisstische Hölle gegangen ist und dementsprechend erschöpft und ausgelaugt wurde. Vor dem Gericht zählt die Momentaufnahme. Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung bedarf einer längeren Beobachtung.

So auch beispielsweise in Elterngesprächen am Jugendamt. Der narzisstische Elternteil präsentiert sich im besten und liebevollsten Licht, während der andere Elternteil wie Don Quichotte gegen Windmühlen kämpft. Er spricht den Terror an, unter dem seine Kinder leiden, der nicht zuletzt der Grund für die Scheidung war.

Der Narzisst gibt sich tolerant: „Sie müssen meine Exfrau verstehen. Sie schämt sich, keine gute Mutter zu sein.“ Ist erst ein boshafter Zweifel im Raum, hilft es nicht mehr, den psychischen Missbrauch zu thematisieren, selbst dann nicht, wenn man es rechtzeitig tut…

Im Podcast „Echt & Unzensiert“ spricht Regina Schrott über Narzissmus – jetzt reinhören:

Wer eine Persönlichkeitsstörung anspricht, hat meist selbst eine

„Wie kommen Sie dazu, dermaßen boshaft über den Vater Ihrer Kinder zu sprechen?“ oder „Sie projizieren Ihre eigene Angst auf das Kind. Natürlich will es dann nicht mehr zur Mutter.“

Meistens wirft man dem empathischen Elternteil mangelnde Bindungstoleranz und ein ambivalentes Verhalten gegenüber dem narzisstischen Elternteil vor. Nicht die Persönlichkeitsstörung an sich, nicht die davon ausgehende psychische Gewalt wird untersucht und hinterfragt, sondern der Elternteil mit der berechtigten Sorge um das Kindswohl.

„Kreide fressen und A*** denken.“

Dies wurde mir in dem Zusammenhang von einem Psychologischen Gutachter vorgeworfen, weil ich vorsichtig über den erlebten Missbrauch zu Hause berichtete, aber Verständnis für die Liebe meines Kindes zu seinem Vater zeigte. Ich wäre schizophren und lebte in einer Wahnwelt.

Nein, tue ich nicht. Ich war einfach zu lange narzisstischen Missbrauch gewohnt, als dass ich ihn als nicht-normal identifizierte. Für mich war Narzissmus von meiner Kindheit an Normalität. Meine erlebte Realität. Es ist schwierig, herauszufinden, dass sich Liebe anders anfühlt, wenn man sie einfach nicht kennt.

Empathische Eltern wissen, dass beide, sowohl Mutter als auch Vater für die kindliche Entwicklung notwendig sind, allerdings nur, wenn es sich dabei nicht um Missbrauch handelt. Coabhängige Narzisst*innen haben sich in der Beziehung zum narzisstischen Partner lange Zeit mit ihrer Verantwortung gequält: für die Kinder zu bleiben oder für sie zu gehen.

Credit: unsplash.com / steven-van-loy

Wer geht, ist immer die oder der Böse

Wenn man nach langem Ringen in einer narzisstisch-echoistischen Beziehung endlich geht, dann um zu leben. Gerade empathische Menschen machen sich die Entscheidung nicht leicht. Beim narzisstischen Partner kann dieser Schritt allerdings zur narzisstischen Kränkung führen. Irrational beginnt ein Kampf um die Kinder. Diese werden instrumentalisiert und perfide manipuliert. Sie werden vom Narzissten bzw. der Narzisstin als Waffe gegen den anderen Elternteil missbraucht.

Drohungen, wie „Wenn du dich für die Mama entscheidest, bringt sich der Papa um“ oder Bemerkungen wie „Die Mama ist nur gegangen, weil sie dich nicht mehr liebt“ zerstören die Bindung und das Vertrauen der Kinder zum jeweilig anderen Elternteil. Und wieder bleibt Scham zurück.

Scham bei den Kindern wegen ihrem Elternhaus. Es bleiben Kinder zurück, die bereits mit acht Jahren an Suizid denken. Kinder, die mit 15 Drogen abhängig sind und mit 18 lieber in einer geschlossenen Anstalt leben als noch länger beim narzisstischen Elternteil.

Schachmatt für die elterliche Liebe

Man hat mit einem narzisstisch kranken Partner Kinder in die Welt gesetzt, weil man es einfach nicht besser wusste und hoffte, allen Alarmglocken zum Trotz. Man hat um diese Beziehung gekämpft. Den Kindern zuliebe vieles ertragen, damit wenigstens sie vor der psychischen Gewalt geschützt sind.

Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo es einfach nicht mehr geht. Man trennt sich und will selbstverständlich die Kinder mitnehmen, ebenfalls retten aus dieser häuslichen Hölle hinter verschlossenen Türen. Und der Krieg beginnt. Tausendfach in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Nicht genug, dass Menschen aus narzisstischen Familien, schon die Scham der Beziehung mit sich schleppen, hilft ihnen auch kein Rechtssystem adäquat.

Wieso? Weil dieses Rechtssystem nur beurteilen kann, was es sieht. „Saubere“ Gewalt sieht es nicht. Weder an den empathischen Partnern noch an den Kindern. In 80 Prozent der Scheidungsfälle mit einem narzisstischen Elternteil lautet der Beschluss: alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht geht an diesen, weil er oder sie sich besser verkaufen kann. Zurück bleibt das Gefühl der Scham, entsetzlich viel Traurigkeit und Kinder, denen das Vertrauen in Beziehungen fehlt.

Was du tun kannst, wenn du psychischen Missbrauch mitbekommst? Stehe mit uns auf und wehre dich. Rechtfertige dich nicht dafür, dass man dir die Kinder genommen hat. Agiere mit Aufklärung und halte unbedingt die Verbindung zu deinen Kindern. Gib dich und sie nicht auf. Du bist nicht allein.

In Liebe,
Regina Schrott
Gründerin & Geschäftsführerin von Narz mich nicht®

Mehr Infos findest du hier:

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In unserem Kooperationsteam findest Du u.a. Anwälte, Psychotherapeuten, Profiler, Mediatoren und Coaches, die sich alle mit dem Thema Narzissmus und Co-abhängigkeit auskennen und dir helfen können.

Noch etwas Wichtige zum Schluss: Dieser Artikel dient lediglich der Information. Solltet ihr massive Probleme und Sorgen haben, scheut euch nicht, euch professionelle Hilfe zu holen. Niemand muss alle schwierigen Phasen im Leben alleine durchstehen können. In diesem Sinn: Alles Gute und passt auf euch auf!