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Schlüssel zum Glück: Macht der TikTok-Trend „Lucky Girl Syndrome“ wirklich glücklich?

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Bei diesem TikTok-Trend geht es nicht um Make-up oder einen neuen Tanz. Immer mehr TikToker*innen bezeichnen sich online als „Lucky Girl“ – es soll der ultimative Hack sein, um im Leben glücklicher zu werden. Ist da was dran?

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Ewiges Glück, indem man es sich einfach nur wünscht? Klingt zu gut, um wahr zu sein. Doch genau das verspricht der neueste TikTok-Trend „Lucky Girl Syndrome“. Die Idee dahinter: Indem man sich selbst als eine Person manifestiert, die ständig Glück hat, wendet sich auch tatsächlich immer alles zum Guten.

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„Lucky Girl Syndrome“ – was ist das?

„Das wird dein Leben verändern! Ich bin einer der glücklichsten Menschen, die ich kenne“, erklärt TikTokerin Laura Galebe im Dezember in einem inzwischen viralen Video. Darin spricht sie von einer Art der Manifestation, dem „Lucky Girl Syndrome“, und ermutigt ihre Follower, es ihr gleichzutun. Einen Monat lang sollen sie das Mantra in die Welt schicken, dass ihnen alles Glück der Welt ganz einfach in den Schoß fällt.

Glück durch Manifestation

Im Grunde ist das Prinzip des „Lucky Girl Syndrome“ nichts Neues. Das „Gesetz der Anziehung“ ist in der Psychologie als eine Form des positiven Denkens bekannt, das besagt, dass Gleiches Gleiches anzieht. Man bezeichnet es auch als „Selbsterfüllende Prophezeiung“ – und die Wirkung ist tatsächlich ganz einfach erklärt.

In dem Moment, in dem wir fest davon überzeugt sind, dass eine bestimmte positive Sache in unserem Leben eintreten wird, setzen wir unbewusst alles daran, genau das zu erfüllen. Dabei kann es sich um eine Fahrprüfung handeln, die man unbedingt bestehen will, oder dem Wunsch nach Australien zu reisen. Es ist also nicht das Universum, das unseren Wunsch erfüllt. Wir tun es unterbewusst selbst.

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Das „Lucky Girl Syndrome“ funktioniert ganz ähnlich. User*innen verinnerlichen positive Mantras – wie zum Beispiel „Ich habe Glück!“, „Mir passieren ständig gute Dinge“, „Ich bin glücklich“ – und mit der Zeit sollen diese Dinge tatsächlich wahr werden.

Was wie Magie klingt, ist eher Psychologie. Die positiven Manifestationen der TikToker*innen erzeugen unterbewusst den Druck, dieser Rolle des „Lucky Girls“ (das Mädchen, das immer Glück hat) zu entsprechen. Kleine, alltägliche, positive Dinge, wie ein freundliches Lächeln einer fremden Person oder wenn man in der Schlange beim Einkaufen vorgelassen wird, werden viel bewusster wahrgenommen.

Nicht jede*r bekommt das Glück in die Wiege gelegt

Sich sein Glück zu manifestieren, ist in den letzten Jahren zu einem riesigen Trend geworden. Krisen wie die Pandemie, Krieg oder der Klimawandel sorgen dafür, dass Menschen Schutz hinter dem Positiven in ihrem Leben suchen. Und im Grunde ist es etwas Gutes, positiv zu denken und an seine Träume zu glauben, um schwere Zeiten durchzustehen.

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Problematisch wird das „Lucky Girl Syndrome“ jedoch, wenn (hauptsächlich junge, weiße) TikToker*innen ihren Followern sagen, dass sie nur fest genug an ihr Glück glauben müssen, damit es wahr wird. Im Umkehrschluss heißt das nämlich, dass man selbst schuld an seinem Unglück ist.

Doch nicht jedem ist das Glück in die Wiege gelegt. Privilegien wie Hautfarbe, Herkunft, Gesundheit oder finanzielle Sicherheit werden beim Trend komplett außer Acht gelassen. Viele Menschen können es sich nämlich nicht leisten, sich nur auf ihre positiven Gedanken zu verlassen.

Es ist okay, nicht okay zu sein

Ein weiteres Problem des TikTok-Trends: Viele User*innen vermitteln durch ihre Videos den Grundsatz, dass negative Gefühle etwas Falsches sind. Man darf nicht von seinem positiven Mindset abweichen, wenn man im Leben glücklich sein möchte. Doch ist das noch positives Denken oder schon toxische Positivität?

Nicht nur Menschen, die zum Beispiel aufgrund von Depressionen, Schwierigkeiten damit haben, stets positiv zu denken, werden zusätzlich unter Druck gesetzt, selbst an ihren Problemen schuld zu sein. Dabei ist es vollkommen okay, nicht immer okay zu sein. „Negative“ Gefühle wie Wut, Trauer oder Angst zu verdrängen, statt sich mit ihnen auseinander zu setzen und sie zu verarbeiten, lässt sie nämlich nicht verschwinden. Sie werden nur angestaut.

Der Schlüssel zum Glück?

Ein Allheilmittel für ewiges Glück ist der TikTok-Trend nicht. Probleme, Krankheiten oder negative Gefühle verschwinden nicht, in dem man nur oft genug einen Satz aufsagt.

Natürlich ist das „Lucky Girl Syndrome“ durchaus ein guter Ansatz, um sich mehr auf die kleinen Glücksmomente im Alltag zu konzentrieren. Auch können eigene Mantras dabei helfen, sich selbst zu motivieren und sich von Rückschlägen weniger stark aus der Bahn werfen zu lassen.

Unter Druck setzen lassen sollte man sich von den vielen Videos mit dem Hashtag #luckygirlsyndrome und den unglaublich klingenden Glücks-Geschichten aber nicht. Genau diese too-good-to-be-true-Geschichten sorgen nämlich für ordentlich Klicks auf der Plattform. Niemand kann sich das Glück einfach herbeiwünschen – auch nicht die „Lucky Girl“-TikToker*innen.

Hinweis:
Das Thema Depression und Unzufriedenheit kann für viele Menschen triggernd sein. Hier finden Betroffene Hilfe:


Die Telefonseelsorge bietet unter der Nummer 0800 111 0 111 kostenlose und anonyme Beratungen an. Auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) können Betroffene gezielt nach Beratungsstellen in ihrer Region suchen.

Bei der „Nummer gegen Kummer“ finden Kinder- und Jugendliche unter 116 111 eine kostenlose telefonische Beratung. Für Eltern lautet die Nummer: 0 800 / 111 0 550