Es gibt Tage, da fühle ich mich als Mutter wie ein wandelnder Multitasking-Fehlversuch: Die Küche ein Chaos, das Kind wütend, man selbst müde und dünnhäutig. In solchen Momenten rutschen sie raus: Sätze, die wir nie sagen wollten. Weil sie nicht gut tun. Weil sie Kinder eher bremsen als bestärken. Und weil wir selbst wissen, wie sie sich als Kind angefühlt hätten.
Hier sind Sätze, die ich meinem Kind heute nicht mehr sagen möchte – und warum ich stattdessen auf Verständnis, Ermutigung und echte Verbindung setzen will (auch, wenn es mir nicht immer leicht fallen wird).
1. „Jetzt heul doch nicht wegen jeder Kleinigkeit!“
Autsch. Dieser Satz tut weh – beim Kind und ehrlich gesagt auch bei mir selbst. Denn was für mich klein wirkt, ist für mein Kind vielleicht gerade die große emotionale Krise. Ob der kaputte Keks oder der Streit mit dem besten Freund: Gefühle sind immer echt. Ihr solltet eurem Kind stattdessen zeigen, dass es okay ist, zu fühlen – und zwar alles. Auch Wut und Tränen. Man soll zuhören, statt abzuwerten.
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2. „Du bist doch schon groß!“
Ja, stimmt – manchmal. Aber eben auch manchmal nicht. Kinder wachsen so schnell, dass wir Eltern oft vergessen, wie klein sie trotzdem noch sind. Dieser Satz klingt nach: „Reiß dich zusammen!“ Dabei sollte man sein Kind nicht dazu bringen, seine Bedürfnisse runterzuschlucken, nur um in die eigene Vorstellung vom „Großsein“ zu passen. Ihr solltet es begleiten, egal ob groß, klein oder irgendwas dazwischen.
3. „Ich hab doch gesagt, dass das passiert!“
Der Klassiker. Man meint es als Lehre, aber es klingt in den Ohren eures Kindes wie ein Vorwurf. Und Hand aufs Herz: Wer lernt schon gern mit einem „Hab ich doch gesagt“ im Nacken? Ihr solltet versuchen, Fehler als das zu sehen, was sie sind – Momente, aus denen man lernen kann.
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4. „Jetzt stell dich nicht so an.“
Kinder sind emotional ehrlich. Wenn etwas sie überfordert, dann nicht, um uns zu ärgern – sondern weil ihr kleines System gerade etwas nicht allein verarbeiten kann. Sie werden denken: Mit mir stimmt etwas nicht. Meine Gefühle dürfen gerade nicht sein. Anstatt also abzuwiegeln, solltet ihr lieber sagen: „Ich sehe, dass dich das gerade sehr aufregt. Wollen wir gemeinsam überlegen, was helfen kann?“
5. „Du machst mich wahnsinnig!“
Natürlich ist es menschlich, Überforderung zu spüren. Aber diesen Frust direkt aufs Kind zu lenken, überfordert es zusätzlich und gibt ihm womöglich unbewusst die Schuld für unsere Gefühle. Das kann das Selbstwertgefühl stark belasten. Versucht lieber eurem Kind zu zeigen, dass auch Erwachsene Grenzen haben, aber niemand dafür „schuldig“ ist. Sagt stattdessen lieber, dass ihr eine Pause braucht, um wieder ruhiger zu werden.
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Warum positive Worte für Kinder so wichtig sind
Unsere Sprache formt nicht nur Beziehungen, sondern auch Selbstbilder. Kinder glauben, was wir über sie sagen – ob wir es wollen oder nicht. Jeder Satz hat Einfluss auf ihr Verhalten und letztendlich auch auf ihr eigenes Bild von sich selbst.
Wenn ein Kind immer wieder hört, dass es nervt, zu laut ist, nichts hinbekommt oder übertreibt, wird es diese Zuschreibungen irgendwann verinnerlichen. Daraus entsteht kein starkes Selbstwertgefühl, sondern eher Selbstzweifel.
Kinder brauchen das Gefühl:
- Ich bin okay, wie ich bin.
- Ich darf fühlen, fragen, lernen und Fehler machen.
- Ich werde geliebt. Auch wenn ich gerade anstrengend bin.
Dafür brauchen sie keine perfekten Eltern, sondern Eltern, die immer für sie da sind. Eltern, die zuhören. Und Eltern, die sich auch mal entschuldigen können.
Was ich heute stattdessen versuche
Ich schaffe es nicht immer (und das ist auch okay), aber ich achte bewusster auf meine Sprache. Statt zu bewerten, versuche ich zu verstehen. Statt zu korrigieren, begleite ich. Und statt alte Muster zu wiederholen, versuche ich neue Wege zu gehen. Denn jedes Wort kann ein Auslöser sein für Angst oder für Stärke. Und ich möchte, dass mein Kind innerlich wächst.
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