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Nachhaltigkeitslüge bei Zalando: Das passiert wirklich mit Retouren

Zalando-Skandal: Das passiert wirklich mit der Retoure
Zalando-Skandal: Das passiert wirklich mit der Retoure Credit: Getty Images

Zalando gehört zu den erfolgreichsten Online-Modehändlern in ganz Europa – ein Grund dafür, ist das Nachhaltigkeit-Versprechen des Unternehmens. Doch genau das könnte dem Unternehmen nun zum Verhängnis werden.

Inhaltsverzeichnis

Nachhaltigkeitslüge bei Zalando: Das passiert wirklich mit Retouren

Mit zunehmendem Bewusstsein in der Bevölkerung für Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben sich mittlerweile auch die großen Unternehmen Gedanken dazu gemacht, wie man das Shoppen nachhaltig revolutionieren könnte.

Zalandos Versprechen

Der große Online-Modehändler Zalando wirbt damit, dass 97 % der Retoure wieder im Shop verkauft wird. Die restlichen Teile werden in Zalando Outlets oder in der Zalando Lounge zum Verkauf angeboten. Manche Kleidungsstücke sollen zudem gespendet werden. Lediglich 0,05 % werden laut Versprechen in Ausnahmefällen vernichtet, etwa bei Schadstoffbelastungen oder Schädlingsbefall.

In einem Geschäftsbericht aus dem Jahr 2020 erklärt Zalando, dass die Retoure des Online-Händlers durch CO₂-Kompensation klimaneutral sei. Eine Recherche des SWR, der ZEIT und der Recherche-Plattform Flip zeigt allerdings ein anderes Bild.

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So ist das Rechercheteam vorgegangen

Das Rechercheteam aus SWR, ZEIT und „Flip“ hat die Retoure des Online-Händlers näher unter die Lupe genommen. Reporter*innen des SWR-Investigativformats „VOLLBILD“ haben im August 2022 insgesamt zehn unterschiedliche Kleidungsstücke bestellt. Anschließend wurde ein GPS- und Bluetooth-Tracker in die Kleidung eingenäht, um den Weg der Einzelteile zu verfolgen. Zum Schluss wurden die Kleidungsstücke wieder an Zalando zurückverschickt.

Über mehrere Monate hinweg hat das Rechercheteam die Retoure beobachtet und die unterschiedlichsten Wege getrackt. Die Auswertungen der Tracker zeigten die Realität der Retouren und widerlegten das vermeintlich nachhaltige Versprechen des Unternehmens.

Von Nachhaltigkeit keine Spur

Die zehn Kleidungsstücke haben laut Tracker insgesamt 29.000 Kilometer hinter sich gelegt. Wie passt das mit dem klimaneutralen Versprechen von Zalando zusammen?

Verkauf an Großhandelspartner
Die Reporter*innen fanden heraus, dass einige Kleidungsstücke in die Hände von Großhändlern fallen. Das sei kein Einzelfall: Auf verschiedenen Websites für Restposten und Retouren wird ein Großteil der retournierten Zalando-Ware angeboten und das sogar für einen Schnapperpreis. Ein Verkäufer erzählt den Reporter*innen, dass er schon seit über 8 Jahren mit Zalando zusammenarbeitet.

Der Retourenhändler Mohammad Marmar erzählt dem Rechercheteam, er habe schon massig Zalando-Ware gekauft und diese anschließend im Ausland vermarktet. Zalandos Forderung an Marmar sei lediglich, die Ware aus dem europäischen Markt verschwinden zu lassen. Deswegen verkauft er die Ware auch hauptsächlich nach Asien oder Afrika. Was anschließend vor Ort mit der Ware passiert, ist ungewiss.

(Aus-)Sortierung der Retouren in Polen
Im polnischen Gnardo empfängt der GPS-Tracker die ersten Signale nach der Rücksendung. In einem Logistikzentrum werden die Zalando-Retouren aus Deutschland sortiert. Und nicht nur das: Eine Arbeiterin erzählt dem Rechercheteam, dass Ware, die nach Rauch oder Parfüm riecht, geschreddert wird. Auch Kleidung mit Gebrauchsspuren werden entsorgt.

LKW-Lagerung über mehrere Monate
Björn Asdecker ist Retourenforscher an der Otto-Friedrich-Universität und erklärt den Reporter*innen, was es mit der Zickzack-Route der Kleidung auf sich hat. Den Grund dafür sei ein KI-gesteuertes System, mit dem Zalando vermutlich arbeitet. Mit den sogenannten „Predictive Analytics“ kann die KI prognostizieren, wo sich die Ware als Nächstes am besten verkaufen würde – und diese wird dementsprechend an den Standort weitergeleitet. Somit fungieren die LKWs als zweite Lagerräume des Unternehmens, womit Zalando enorm viel Geld sparen kann.

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Zalando reagiert zurückhaltend auf Vorwürfe

Als die Reporter*innen Zalando um Stellungnahme zu den Vorwürfen baten, reagierten diese eher zurückhaltend.

Der Online-Modehändler bestätigte, dass er Retouren teilweise auch an Großhändler weiterverkaufen würde, allerdings mit der Intention, die Zerstörung von Ware zu verhindern. Auf der Website ist davon allerdings keine Rede.

Des Weiteren räumte Zalando ein, dass die oben genannten 97 % nicht für alle Artikel des Online-Shops gelten. Von den mehr als 1600 Marken, die bei Zalando erhältlich sind, wird gerade einmal die Hälfte der Retouren über Zalando abgewickelt. Auch diese Information wird den Kunden vorenthalten.

Dass einige Teile der Ware geschreddert werden, dementiert Zalando bisher. Das Unternehmen beruft sich nach wie vor auf die 0,05 % der Ware, die entsorgt werde – und das auch nur, wenn diese nicht mehr tragbar sei.

Auf der Zalando-Website gibt es bisher kein offizielles Statement des Unternehmens. Klar ist jedoch, wenn Zalando weiterhin Platz 1 im Online-Mode Business bleiben möchte, müssen die Versprechen des Unternehmens stetig verbessert und eingehalten werden.