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Gemeinsam gegen das Schweigen. Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen

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Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen

Am „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ tun wir, die FUNKE Women & Lifestyle-Portale EDITION F, BILD der FRAU, myself, DONNA und gofeminin, uns zusammen, um den Frauen eine Stimme zu geben, die von der Gewalt betroffen sind.

Hinsehen statt Wegschauen. Am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. wollen wir uns auch dieses Jahr zusammentun, um den Frauen, die Opfer von Gewalt werden, eine Stimme zu geben. Gegen das Schweigen und damit sich endlich etwas ändert.

Inhaltsverzeichnis

„Würden wir am Ende eines Jahres eine Schweigeminute für jede in Deutschland von ihrem (Ex)-Partner ermordete Frau halten, schwiegen wir über zwei Stunden“, schreibt die Rechtsanwältin und Autorin Christina Clemm in ihrem aktuellen Buch „Gegen Frauenhass“. 

Ein Zitat, das die Wichtigkeit des heutigen „Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ auf erschreckende Art und Weise klarmacht. Denn die Gewalt in unserer Gesellschaft nimmt zu, wie aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamtes zeigen.

Deshalb ist der 25.11.23 ein leider noch immer hochaktueller und wichtiger Aktionstag. Und deshalb ist es wichtig, dass sich an diesem Tag alle Stimmen vereinen und sich umso lauter Gehör verschaffen, für alle Menschen, die von Gewalt betroffen sind.

Die Redaktionen der Frauenportale der Funke Mediengruppe BILDderFRAU, DONNA, EDITION F, myself und gofeminin wollen deshalb an diesem Tag die geballte Reichweite ihrer Seiten nutzen, um das Schweigen zu brechen und gemeinsam möglichst viele Menschen zu informieren und auf Missstände hinzuweisen.

Mehr als 23 Millionen User*innen erreichen wir monatlich mit unseren fünf Portalen. Und das müssen wir nutzen – für die Frauen, die Gewalt erleiden, mitten unter uns, Tag für Tag, quer durch alle gesellschaftlichen Schichten.

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Je mehr Menschen für das Thema sensibilisiert werden, umso besser kann sich jede*r für die Betroffenen einsetzen. Denn wir sollten aufmerksam sein und uns einmischen, wenn wir das Gefühl haben, dass Menschen in unserem Umfeld Gewalt angetan wird. Nur so können wir auf Missstände hinweisen und Hilfe leisten, indem wir Betroffenen aktiv helfen oder auf Hilfsangebote hinweisen.

Erschreckende Zahlen

Gewalt, vor allem die Gewalt gegen Frauen und weiblich gelesene Personen, ist immer noch ein aktuelles Thema in unserer Gesellschaft. Das zeigen folgende Zahlen der kriminalistischen Auswertung des Bundeskriminalamtes:

  • Jede dritte Frau in Deutschland wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer physischer oder sexualisierter Gewalt.
  • Jede Stunde erleben mehr als 14 Frauen in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner.
  • Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Ex-Partner eine Frau zu töten.
  • Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet.
  • Die Gewalt nimmt zu: Im letzten Jahr wurden 240.547 Menschen Opfer häuslicher Gewalt. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 8,5 %.
  • Etwa 80 Prozent der von partnerschaftlicher Gewalt betroffenen Menschen sind Frauen. 
  • Ca. 50 Prozent aller trans Personen haben im öffentlichen Raum Gewalt, meist sexualisierte Gewalt, erlebt.
  • Mädchen und Frauen mit Behinderung erleben je nach Gewaltform zwei bis dreimal häufiger Gewalt als der Bevölkerungsdurchschnitt.
  • Von hundert Frauen, die vergewaltigt werden, erlebt nur etwa eine einzige eine Verurteilung des Täters. 

Und man muss sich immer klarmachen: Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich über diesen Zahlen hier liegen. (Quellen: bka.de, Bundeslagebild Häusliche Gewalt und BMFSFJ)

Dabei ist die Gewalt gegen Frauen keiner bestimmten gesellschaftlichen Gruppierung zuzuordnen. Die Gewalt gegen Frauen und Mädchen lässt sich an keinem Alter, Bildungsgrad oder sozialem Status festmachen.

Das Perfide: Die größte Gefahr für Frauen geht oftmals von ihrem privaten Umfeld aus. Die Täter sind in der Regel Ehemänner, Lebenspartner, Ex-Partner oder im beruflichen Umfeld zu finden.

Die Täter lauern nicht in dunklen Gassen, sie sitzen im Zimmer nebenan. Wir müssen uns mit dem Thema der häuslichen Gewalt auseinandersetzen, müssen zuhören, hinsehen, mit Betroffenen reden, ihnen durch unser aller Verhalten in der Öffentlichkeit eine Sicherheit geben: Du wirst gehört, dir wird geglaubt, du wirst ernst genommen und: Du bist nicht allein.

(Anne-Kathrin Heier, EDITION F)

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Die Definition von Häuslicher Gewalt laut Bundeskriminalamt:

Häusliche Gewalt beinhaltet alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer
Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt. Häusliche Gewalt liegt vor, wenn die Gewalt zwischen Personen stattfindet, die in einer familiären oder partnerschaftlichen Beziehung zusammenwohnen. Sie liegt auch vor, wenn sie unabhängig von einem gemeinsamen Haushalt innerhalb der Familie oder in aktuellen oder ehemaligen Partnerschaften geschieht.

Häusliche Gewalt beinhaltet zwei Ausprägungen, nämlich die Partnerschaftsgewalt und die innerfamiliäre Gewalt. Bei der Partnerschaftsgewalt werden die Opfer und Tatverdächtigen betrachtet, die in einer partnerschaftlichen Beziehung waren oder sind, bei der innerfamiliären Gewalt die Opfer und Tatverdächtigen die in einer verwandtschaftlichen Beziehung zueinander stehen (ohne (Ex-)Partnerschaften).

Trotz der hohen Zahlen: Es bleibt ein Tabu-Thema

Zudem bleiben die meisten Opfer in dieser Notsituation allein. Obwohl 35 Prozent der Frauen und Mädchen in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexueller Gewalt betroffen sind (Untersuchung der Europäischen Grundrechteagentur 2014), wenden sich nur circa 20 Prozent tatsächlich an eine Beratungsstelle.

Brandenburgs Ministerin Ursula Nonnemacher betonte: „Trotz dieser hohen Zahlen sind häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Bedrohung und viele andere Formen von Gewalt immer noch Tabu-Themen. Sie sind mit Scham besetzt. Frauen gehen nicht zur Polizei aus Angst vor den Tatpersonen oder aus Sorge, dass ihnen nicht geglaubt wird.“

Was oft noch weniger zu sehen ist, als die Folgen körperlicher Gewalt, sind die Wunden, die seelische Misshandlungen an Frauen hinterlassen. Auch hier trauen sich Frauen meist nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Und schlimmer noch: Wenn sie es doch tun, werden sie oft nicht einmal ernst genommen. Ein katastrophaler Zustand, der so nicht hingenommen werden darf.

(Olivia Winter, BILDderFrau)

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Es mangelt noch immer massiv an Hilfsangeboten

Zudem fehlt es massiv an Zufluchtsorten für die Betroffenen. Laut TERRE DES FEMMES fehlen nach Auflagen der Istanbul-Konvention mehr als 14.600 Frauenhausplätze. Lediglich rund 6.800 Frauenhaus-Plätze stehen hierzulande zur Verfügung.

Und selbst wenn die Frauen sich in Sicherheit bringen können, hört die Gewalt nicht zwangsläufig auf. Oftmals werden die Übergriffe im digitalen Raum fortgeführt.

Deshalb fordert die Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) zum Tag gegen Gewalt an Frauen dringend, auch digitale Gewaltformen in Partnerschaften konsequent zu erfassen, in ihren Auswirkungen auf Betroffene ernst zu nehmen und diese besser zu schützen.

Erst seit 2020 wird im Zuge der Gewalt gegen Frauen auch das „Tatmittel Internet“ gesondert aufgeführt. Und auch hier dürfte die Dunkelziffer beträchtlich sein.

„Die Bandbreite digitaler Mittel, mit der Männer Gewalt gegen die eigene (Ex-)Partnerin ausüben, ist mittlerweile riesig: Stalking über GPS-Tracker, Identitätsdiebstahl oder das Anlegen von Fake-Profilen, um Falschinformationen über eine Person zu streuen. Die Überwachung von Handy- und E-Mail-Kommunikation. Die Veröffentlichung intimer Bilder gegen den Willen der Frau. Oder Deep-Fakes, bei denen das Gesicht der Betroffenen in Pornoaufnahmen montiert wird – um nur einige Beispiele zu nennen“, erklärt Katrin Frank, Vorstandsvorsitzende von FHK.

Was man sich kaum vorstellen mag, ist leider eine Tatsache: Betroffene schämen sich dafür, was ihnen zugestoßen ist und schweigen deshalb viel zu oft. Hier muss ein deutliches Umdenken in der Gesellschaft stattfinden, damit die Opfer von Gewalt nicht das Gefühl haben, ausgeliefert und alleingelassen zu sein.

(Fiona Rohde, gofeminin)

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Hilfsangebote für Betroffene rund um die Uhr

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ berät unter der Rufnummer 08000 116 016 und online auf www.hilfetelefon.de zu allen Formen von Gewalt – rund um die Uhr und kostenfrei.

  • Die Beratung erfolgt anonym, vertraulich, barrierefrei und in 18 Fremdsprachen.
  • Auf Wunsch vermitteln die Beraterinnen an eine Unterstützungseinrichtung vor Ort.
  • Auch Bekannte, Angehörige und Fachkräfte können sich an das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ wenden.

Wichtige Informationsquellen

Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK)
TERRE DES FEMMES
Bundeskriminalamt – Kriminalstatistische Auswertung – Berichtsjahr 2021

Bundeslagebild Häusliche Gewalt 2022
UN Women Deutschland

BMFSFJ

Hintergrund zum Aktionstag

Am 25. November machen Regierungen, die UN und Menschenrechtsorganisationen auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam.

Überall auf der Welt finden deshalb jährlich Veranstaltungen, Tagungen und Projekte​ statt, die das Thema „Gewalt gegen Frauen“ aufgreifen und zur Stärkung und Gleichstellung der Frauenrechte beitragen sollen.

Es gilt Gewalt zu vermeiden, Betroffene zu unterstützen, Hilfsangebote zu verbessern, aber auch nicht betroffene Menschen für das Thema zu sensibilisieren und ihnen aufzuzeigen, wie sie helfen können.