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Lotusgeburt: So funktioniert die natürliche Abnabelung

Bei der Lotusgeburt wird das Baby nicht von der Nabelschnur getrennt.
Bei der Lotusgeburt wird das Baby nicht von der Nabelschnur getrennt. Credit: AdobeStock/ Kristin Greenwood

Bei einer Lotusgeburt bleiben Baby und Plazenta verbunden, bis der Nabel von alleine abfällt. Welche Vorteile und Risiken diese Form der Geburt hat und was die Wissenschaft dazu sagt, erklären wir.

Inhaltsverzeichnis

Viele Frauen legen heute großen Wert darauf, ihr Baby selbstbestimmt und ganz bewusst zu gebären. Dazu können in der Geburtsvorbereitung spezielle Atem- und Entspannungsübungen, die Geburtshypnose oder andere Achtsamkeitstechniken erlernt werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass die werdende Mutter sich wohlfühlt und ihren Wünschen und Vorstellungen Raum gegeben wird.

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Mindestens genauso wichtig ist Schwangeren heute der Prozess der Abnabelung, ist das Baby schließlich auf der Welt. Statt die Nabelschnur unachtsam durchzuschneiden und von der Plazenta zu trennen, möchten Frauen heute, dass sie auspulsieren kann und erst danach oder sogar gar nicht händisch getrennt wird.

Bleibt die Nabelschnur nach der Geburt mit der Plazenta verbunden, spricht man von einer Lotusgeburt. Im Zentrum dieser besonderen Form der Entbindung steht das Kind und sein Eintritt in die Welt. Durch die ganz natürliche Abnabelung soll ihm der Start ins Leben erleichtert werden.

Was genau es mit dieser Geburtsform auf sich hat, welche Risiken, aber vielleicht auch Vorteile bestehen und was Befürworter der Lotusgeburt noch hervorheben, wollen wir genauer erläutern.

Wie funktioniert die Lotusgeburt?

Jahrelang gehörte es zu einer (klinischen) Geburt dazu, dass dem Vater oder der Mutter bereits kurz nach der Geburt eine Schere in die Hand gedrückt wurde, mit der Ansage, man möge doch jetzt bitte die Nabelschnur durchtrennen. Mittlerweile wollen immer mehr Frauen genau das nicht. Sie möchten, dass das Kind ganz natürlich von der Nabelschnur und der Plazenta getrennt wird. Aber wie funktioniert die Lotusgeburt und das Abnabeln dann?

Den Stein ins Rollen brachte in den 1970er Jahren die Amerikanerin Claire Lotus Bay. Sie soll die erste Frau der ‚westlichen Welt‘ gewesen sein, die ihr Kind nicht unmittelbar nach der Geburt abnabeln ließ. Ihr Beispiel machte dann vor allem in esoterischen Kreisen die Runde und schnell fand die Lotusgeburt Nachahmer.

Für eine sogenannte Lotusgeburt kann die Entbindung des Kindes sowohl per natürlicher Geburt als auch per Kaiserschnitt erfolgen. Das Kind wird geboren und bleibt mit der Nabelschnur verbunden. Anschließend wird gewartet, bis auch die Plazenta geboren wurde bzw. bei einem Kaiserschnitt durch die Ärzte geboren wird.

Nun kann die Nabelschnur auspulsieren. Dabei wird das Baby tiefer gehalten als die Plazenta. So kann der Blutfluss zum Kind unterstützt werden. Anschließend wird die Plazenta gründlich gereinigt und kann nun natürlich trocknen. Dafür wird sie entweder in eine spezielle Tasche gelegt, auf ein sauberes Tuch oder Handtuch oder in einen anderen Behälter (den man vorher auch selbst fertigen kann).

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Die Plazenta wird dann mit Kräutern, Salz und/oder Lavendelöl bestreut, um sie in gutem Zustand zu behalten. Jeden Tag muss sie mit frischem Salz und Kräutern bestreut werden, um den Trocknungsprozess zu unterstützen, Geruchsbildung zu vermeiden und das Infektionsrisiko zu minimieren.

Risiken der Lotusgeburt

Das größte gesundheitliche Risiko einer Lotusgeburt liegt in der Versorgung der Plazenta. Wird diese während der Trocknung nicht fachgerecht versorgt, steigt das Infektionsrisiko beim Neugeborenen. Tritt eine Infektion auf, sollten Eltern umgehend zum Arzt bzw. der Ärztin gehen.

Ursprünglich diente die Nabelschnur dazu, das Kind mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Nach dem Auspulsieren aber hat die Plazenta keine Funktion mehr. Das heißt, das Baby muss ganz normal gestillt bzw. gefüttert werden. Besonders das Stillen kann ein wenig komplizierter werden, wenn das Kind noch mit dem Mutterkuchen verbunden ist.

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Nicht zu unterschätzen ist auch die Spannung, die zwischen dem späteren Nabel und der Plazenta auftreten kann, jedes Mal, wenn das Neugeborene gefüttert, gewickelt oder hochgehoben wird. Immerhin fällt die Nabelschnur erst zwischen drei bis 10 Tage nach der Geburt ab.

Übrigens: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht der Lotusgeburt kritisch gegenüber: Sie empfiehlt vielmehr ein verzögertes Durchtrennen der Nabelschnur – aber bis maximal 3 Minuten nach der Geburt. Auf der anderen Seite empfehlt die WHO, die Nabelschnur nicht zu schnell zu durchtrennen. Ideal sei es, wenn das Neugeborene frühestens eine Minute nach der Geburt abgenabelt werde, es sei denn, das Baby benötige umgehende medizinische Betreuung, bspw. weil es nicht richtig atmet.

Hierzulande empfehlen Experten, das Auspulsieren der Nabelschnur abzuwarten und sie dann zu durchtrennen.

Hat die Lotusgeburt Vorteile?

​Den überzeugendsten Vorteil der Lotusgeburt sehen Befürworter in der Möglichkeit, dem Baby so einen besonders sanften Einstieg ins Leben möglich zu machen. So könne es sich viel länger „verbunden“ fühlen und werde nicht unsanft ins Leben geschubst.

Zum anderen sei eine Lotusgeburt auch für die mütterliche Psyche einfacher zu verarbeiten, denn der Moment zwischen Schwangerschaft und Geburt werde noch etwas länger herausgezögert.

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Außerdem sorge eine Lotusgeburt dafür, dass das Baby, wenn es noch immer mit der Nabelschnur und der Plazenta verbunden ist, weniger herumgereicht wird. Besucher*innen seien achtsamer und bedachter darauf, es wirklich einmal halten zu wollen. Das wiederum schütze das Neugeborene besonders vor möglichen Infektionen.

Das sagt die Wissenschaft zur Lotusgeburt?

Zwischen der Überzeugung, dass etwas gut ist und wissenschaftlichen Beweisen dafür oder auch dagegen, können Welten liegen.

Befürworter*innen bringen gern an, dass die Lotusgeburt im medizinischen Sinne durchaus Vorteile habe, vor allem für die Neugeborenen. Sie haben:

  • einen geringeren Blutverlust,
  • eine bessere Sauerstoff- und Eisenversorgung,
  • keinen Nährstoffverlust,
  • ein gestärktes Immunsystem
  • eine bessere Gewichtszunahme
  • einen höheren IQ
  • eine bessere Feinmotorik

Wissenschaftlich belegen lassen sich diese Vorteile allerdings nicht für die Lotusgeburt. Das verzögerte Abnabeln hingegen hat wissenschaftlich bestätigte Vorteile. Untersuchungen haben gezeigt, dass das verzögerte Abnabeln zu einer gesteigerten Menge roter Blutkörperchen und somit zu einem besseren Eisenwert des Babys führt. Auf die Intelligenz eines Kindes hat der Zeitpunkt des Abgebnabelt werden hingegen keinen Einfluss. Auch die Feinmotorik wird davon vermutlich nicht beeinflusst.

Fazit

Wie ein Kind geboren wird, wann oder ob die Nabelschnur durchtrennt wird und was mit der Plazenta geschieht, sind ganz individuelle Entscheidungen. Bei einer guten Versorgung des Mutterkuchens nach der Geburt birgt die Lotusgeburt keine großen Risiken für Mutter und Kind. Und auch wenn sie keinen wissenschaftlichen Vorteile bringt, so kann sie werdenden Müttern dabei helfen, eine feste Verbindung zum Kind aufzubauen.

Wenn ihr euch also für eine Lotusgeburt interessiert, sprecht am besten mit eurer Hebamme darüber. Erkundigt euch, wo ihr eine Lotusgeburt haben könnt. Fragt vor der Anmeldung zur Geburt in der Klinik nach, ob eine Lotusgeburt auch da unter Umständen möglich ist.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels dient lediglich der Information und ersetzt keine Diagnose beim Arzt bzw. der Ärztin. Treten Unsicherheiten, dringende Fragen oder Beschwerden auf, solltet ihr eure*n Ärzt*in kontaktieren.