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Gender Exercise Gap: Warum machen Frauen weniger Sport als Männer?

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Das steckt hinter der "Gender Exercise Gap"

Warum machen viele Frauen weniger Sport als Männer?

Wir alle kennen die Gender Pay Gap oder Gender Health Gap – aber habt ihr schon einmal von der Gender Exercise Gap gehört?

Inhaltsverzeichnis

Sport war schon immer ein großer Teil meines Lebens. Ich habe Ballett in einem hübschen Tutu getanzt, bin steile Skipisten heruntergebrettert und habe das Joggen für mich lieben gelernt. Ohne diesen Ausgleich zur Schule, zur Uni oder zum Job wäre ich sicherlich irgendwann die Wände hochgegangen.

Dabei sieht es für viele Frauen auf der Welt anders aus: Aufgrund von physiologischen, aber auch psychologischen Faktoren, können sie nicht auf die Art und Weise Sport machen, wie es ihnen am besten passt.

Aber was steckt dahinter? Und gibt es wirklich einen gravierenden Unterschied zwischen Männern und Frauen, was sportliche Aktivitäten angeht? Wir haben uns die „Gender Exercise Gap“ einmal näher angeschaut.

Was ist die „Gender Exercise Gap“?

Die 2022 veröffentlichte Studie „State of Mind“ von der Marke ASICS zeigte in den Ergebnissen klare Tendenzen: Das Aktivitätslevel von Frauen und Männern unterscheidet sich enorm. Besonders junge Frauen scheinen im Vergleich weniger aktiv zu sein.

Dieses Phänomen wir unter den Wissenschaftler*innen als „Gender Exercise Gap“ erklärt. Aber woran liegt das? Was sind die Gründe für die unterschiedlichen Ergebnisse bei Männern und Frauen?

Neue Studie über Ursachen und Gründe

Um diese Fragen zu beantworten, hat Asics eine weitere Studie in Auftrag gegeben, die die Gründe und Ursachen für die „Gender Exercise Gap“ erklären sollte. Dafür wurden insgesamt 24.772 Personen aus über 40 Ländern im Sinne einer Online-Umfrage zu ihrem Sportverhalten befragt. Dr. Dee Dlugonski, Assistenzprofessorin im Sports Medicine Research Institute an der Universität von Kentucky, leitete die Studie und wurde dabei von Professor Brendon Stubbs vom King’s College in London unterstützt.

Bewegung und Aktivität fördert Wohlbefinden

Obwohl hierzulande mit 53,9 % über die Hälfte der Frauen mit ihrem aktuellen Aktivitätslevel unzufrieden waren, gaben viele der Befragten an, dass Sport zu mehreren positiven Effekten führt.

52 % der Befragten waren demnach glücklicher, nachdem sie Sport getrieben haben und fühlten sich mit 48 % auch gleichzeitig selbstbewusster. 36 % hatten das Gefühl, im Anschluss fokussierter zu sein und 41 % konnten besser abschalten. Bei einer längeren Sportpause oder zu wenig Aktivität gaben wiederum 67 % an, gestresster zu sein und 80 % waren sogar frustriert über ihren Sportmangel.

Innerhalb der Studie waren Frauen aus Italien übrigens am unzufriedensten mit ihrem aktuellen Aktivitätslevel: Hier belaufen sich die Zahlen auf 62,1 %. Schlussreiter und damit am zufriedensten scheinen die Südkoreanerinnen mit 23,2 % zu sein.

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Die häufigsten 5 Hindernisse

Neben emotionalen Hindernissen, wie beispielsweise Leistungsdruck oder zu wenig Selbstbewusstsein, beeinflussen auch umweltbedingte Hindernisse das Aktivitätslevel von Frauen. Das sind die fünf häufigsten Gründe, die genannt wurden:

1. Andere Verpflichtungen und Zeit

Die meisten Frauen gaben an, aufgrund von anderen Verpflichtungen (76 %) und Zeitmangel (74 %), ihren sportlichen Aktivitäten nicht nachgehen zu können.

2. Hohe Kosten

So beklagten auch 62 % der Befragten, dass die Kosten für einen Personal Trainer zu hoch seien, genauso wie die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio mit 59 %.

3. Nicht sicheres / unfreundliches Umfeld

Ein weiteres Hindernis stellte die unsichere oder unfreundliche Umgebung für Frauen dar. Hier erklärten 43 % der Befragten, dass ein fehlendes sicheres Umfeld sie davon abhält, im Alltag Sport zu treiben. In Afrika und Lateinamerika wurde dieser Grund am häufigsten genannt.

4. Nicht fit oder sportlich genug fühlen

Sowohl Frauen, die selbst sportlich sehr aktiv sind, nannten mit 52 % den Grund, nicht sportlich aktiv genug zu sein, ebenso wie Frauen, die keiner sportlichen Aktivität nachgehen, mit 59 %.

5. Fehlender Zugang zu Sportgeräten oder Sporträumen

38 % der Befragten sagten auch, dass ihnen der Zugang zu Sportgeräten (wie etwa Hanteln o.ä.) oder Sporträumen fehlte. Besonders bei jüngeren Frauen stellt das mit 45 % in dieser Altersgruppe ein großes Hindernis dar.

Das Spannende daran: Die männlichen Studienteilnehmer wurden ebenfalls zu den möglichen Hindernissen von Frauen befragt. Sie vermuteten mit 58 %, dass körperliche Unsicherheiten den Großteil des Problems ausmachen. Dabei stimmten dieser Aussage nur 36 % der Befragten zu. Mit 34 % glaubten nur wenige Männer, dass Zeitmangel eine große Rolle dabei spielt. Dabei stimmten insgesamt 74 % der Frauen der Aussage zu, zu wenig Zeit zu haben.

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Gesellschaftliche Rollen und Stereotypen

Die gesellschaftlichen Rollenbilder machen das ganze nicht wirklich leichter für Frauen. 12 % stimmten daher der Aussage zu, dass Jungen mehr Möglichkeiten haben, sportlichen Aktivitäten nachzugehen, als Mädchen.

Doch nicht nur das: Auch beschämende oder schlechte Erfahrungen im Schulsport haben das Aktivitätslevel vieler Frauen negativ beeinflusst. Außerdem spielten die gesellschaftlichen Erwartungen eine große Rolle. Besonders, wenn es darum ging, dass Frauen während der Kinderbetreuung keine Zeit für Sport opfern sollten.

In der Realität sieht es tatsächlich nicht sonderlich anders aus. Denn viele der Befragten sehen sich mit täglichen Aufgaben, wie etwa der Care-Arbeit im Sinne von Haushalt, Kinderbetreuung & Co. mit vielen Hürden konfrontiert.

5 Faktoren, die Frauen motivieren

Trotz der vielen Hürden und Hindernisse, versuchen viele Frauen, trotzdem ihrer Leidenschaft nachzugehen und sportlich aktiv zu sein. Das sind die häufigsten Gründe, die genannt wurden, warum Frauen am Ball bleiben:

1. Ziele setzen und erreichen (65 %)
2. Technologien, Smartphones, Smartwatches und Apps (51 %)
3. Zugang zu Sporträumen und Sportgeräten (48 %)
4. An Läufen oder Veranstaltungen teilnehmen (43 %)
5. Teamkolleg*innen & Freund*innen (42 %)

Vier Lösungsansätze

In den letzten Jahren hat sich bereits viel getan, doch es sind noch nicht alle Lösungen ausgeschöpft. Um es Frauen weltweit möglich zu machen, sportlichen Aktivitäten nachzugehen, werden vier konkrete Handlungsbereiche genannt:

1. Bewegung zugänglicher gestalten

Kinderbetreuung, Arbeit und anderweitige Verpflichtungen müssen mitgedacht werden. Wenn diese Dinge im Alltag von Frauen berücksichtigt werden, können Lösungsansätze gefunden werden, wie sportliche Aktivitäten in den Zeitplan von Frauen hineinpassen.

2. Bewegung inklusiver gestalten

Vorurteile, Diskriminierung und rassistische Stereotype spielen auch im Sport (leider) eine große Rolle. Unabhängig vom Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und körperlichen Einschränkungen, müssen sportliche Aktivitäten für alle Frauen möglich gemacht werden.

3. Hinterfragen von geschlechtsspezifischen Erwartungen

Um ein grundlegendes Problem zu ändern, ist auch die Gesellschaft gefragt, Stereotype an Frauen zu hinterfragen. Das fängt schon bei der Kindererziehung an und kann die sportliche Aktivität im Laufe des Lebens beeinflussen.

4. Bewegung neu definieren

Alle Formen der Bewegung müssen geschätzt werden. Tennis ist nicht besser als ein Spaziergang und Joggen ist nicht besser als eine Runde Meditation. Besser ist es, das eigene Fitnesslevel zu respektieren und wertzuschätzen, statt sich einem stundenlangen, zermürbenden Training zu widmen, das einem weder Spaß noch Freude macht.

Wir alle kennen die positiven Effekte, die Sport auf unseren Körper haben kann. Sowohl körperlich als auch mental können schon kleine Änderungen einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden haben. Gemeinsam können wir als Gesellschaft einen Wandel herbeiführen, von dem letzten Endes alle profitieren können.