Unsere Kinder wachsen in einer Welt auf, in der Bildschirme allgegenwärtig sind. Ob Smartphone, Tablet oder Laptop, digitale Geräte begleiten sie vom ersten Lebensjahr an. Die Generation Alpha, also alle ab dem Jahr 2010 Geborenen, kennt kein Leben ohne Internet, soziale Medien und künstliche Intelligenz. Sie surfen, streamen und scrollen oft, bevor sie lesen oder sprechen können.
Was das konkret bedeutet, zeigt eine aktuelle Studie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung): Deutsche Jugendliche verbringen im europäischen Vergleich besonders viel Zeit vor Bildschirmen. So sind 15-Jährige heute bis zu 48 Stunden pro Woche an Bildschirmen aktiv – das entspricht fast 7 Stunden täglich. Zwei dieser Stunden entfallen allein an Schultagen auf reine Unterhaltung vorm Bildschirm. Eine Entwicklung, die nicht nur fasziniert, sondern auch herausfordert.
Denn je mehr Zeit unsere Kinder im digitalen Raum verbringen, desto wichtiger ist es, dass sie genau wissen, wie sie sich dort zurechtfinden. Und das nicht nur technisch, sondern vor allem geistig. Sie müssen lernen, Informationen zu hinterfragen, kritisch zu denken und zwischen echtem Wissen und bloßem Schein zu unterscheiden.
Dabei kommt uns Eltern eine zentrale Rolle zu: Wir müssen sie begleiten, bestärken und ihnen die Werkzeuge mitgeben, die sie für ein selbstständiges Denken in einer komplexen Welt brauchen. Konkret müssen wir ihnen beibringen:
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1. Fragen zu stellen und neugierig zu bleiben
Normalerweise sind es die Kinder, die ihren Eltern Fragen stellen und eine Antwort erwarten. Es lohnt sich aber, mit steigendem Alter des Kindes vertauschte Rollen einzunehmen, bzw. Chancen zu nutzen, die dem Kind helfen, seine Gedanken zu hinterfragen und zu reflektieren. Wir sollten also Dinge fragen wie, „Warum denkst du, dass das so ist?“ oder „Wie könnten wir das anders betrachten?“
2. Selbstständig Probleme zu lösen
Kinder sollten die Möglichkeit haben, Lösungen für Herausforderungen selbst zu finden, anstatt sofort eine Antwort und Hilfe zu erwarten. Schon alltäglichen Problemen wie beispielsweise ein klemmender Reißverschluss oder der abgerissene Schnürsenkel sind ein gutes Training. Das stärkt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und fördert kreatives Denken.
3. Unterschiedliche Perspektiven einzunehmen
Es ist wichtig, Kindern zu zeigen, dass es oft mehr als nur eine richtige Antwort gibt. Sie sollten lernen, verschiedene Standpunkte zu verstehen. Eltern können Diskussionen über unterschiedliche Meinungen oder Perspektiven führen, z. B. durch Bücher, Filme oder Nachrichten.
4. Zu lesen und zu diskutieren
Apropos Bücher, die regen nicht nur die Fantasie, sondern auch zum Nachdenken an. Die verschiedenen Charaktere, ihre Abenteuer und Herausforderungen bieten viele verschiedene Sichtweisen und Lösungsideen. Besonders wertvoll ist es, wenn die Eltern das eine oder andere Buch selbst gelesen haben und mit ihrem Kind darüber sprechen können, und ihm helfen zu verstehen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden und welche Alternativen es gibt.
5. Fehler als Lernchance zu nutzen
Kinder sollten verstehen, dass Fehler keine Misserfolge sind, sondern immer eine Gelegenheit zum Lernen bieten. Als Eltern können wir ihnen helfen, Fehler zu reflektieren und zu überlegen, was anders gemacht werden könnte, um das gleiche Problem besser zu lösen.
6. Medien kritisch zu konsumieren
In einer Welt, in der Informationen schnell verbreitet werden, ist es entscheidend, dass Kinder lernen, Informationen zu hinterfragen. Gemeinsames Nachrichten schauen und lesen hilft ihnen, zwischen guten und schlechten Quellen zu unterscheiden. Je älter Kinder werden, umso aktiver sollten Eltern sein, Artikel über aktuelle Trends oder Artikel mit dem Kind zu teilen. Und ihre Kinder auffordern, Artikel, die sie interessant finden, mit ihnen zu teilen. So bleibt man im Austausch und weiß zudem, auf welchen Seiten das Kind so surft.
7. Sich mit komplexen Themen zu beschäftigen
Es kann durchaus sinnvoll sein, mit Kindern über komplexere Themen zu sprechen, die viele verschiedene Meinungen oder Lösungsansätze haben (z. B. Umweltschutz, Technologie, Politik). Das regt dazu an, über den Tellerrand zu schauen und verschiedene Sichtweisen zu berücksichtigen. Wir Menschen neigen nämlich gern dazu, in unserer Bubble zu bleiben. Die hin und wieder zu verlassen, hilft, andere Meinungen zu verstehen und zu respektieren.
8. Offen zu diskutieren
Ein gutes Gesprächsklima zu Hause oder auch in der Schule, bei dem alle Meinungen gehört und respektiert werden, stärkt das kritische Denken. Kinder sollen wissen, dass es in Ordnung ist, ihre Meinung zu äußern, auch wenn diese von der der Erwachsenen abweicht.
Indem wir unsere Kinder ermutigen, selbstständig zu denken, zu reflektieren und Fragen zu stellen, lernen sie, ihre eigene Meinung zu bilden und Entscheidungen auf fundierten Überlegungen zu treffen. Das fördert ihre geistige Unabhängigkeit und hilft ihnen dabei, in einer komplexen Welt die Orientierung zu behalten.
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