FAFO ist der neue Erziehungstrend
Kinder sind neugierig. Sie wollen ausprobieren, testen, ihre Grenzen ausloten. Und genau hier setzt ein neuer, schon viel diskutierter Erziehungstrend an: FAFO parenting. Die zugegeben provokante Abkürzung steht für ‚Fu** Around And Find Out‘, frei übersetzt mit, ‚probier’s aus und finde heraus, was passiert‘.
Klingt erst mal nach Social Media Scherz oder dem Versuch, mit provokanten Thesen Traffic auf dem eigenen Kanal zu generieren. Ist es vermutlich auch ein bisschen. Nichtsdestoweniger versteckt sich darin ein Erziehungsansatz, der eigentlich wenig neu ist. Und in der Praxis auch weniger wild, als er sich anhört. Der aber unbedingt in den eigenen Erziehungsalltag Einzug finden sollte.
Was genau ist FAFO parenting?
Im Kern bedeutet FAFO parenting, dass Kinder die Konsequenzen ihres Handelns erfahren dürfen und sollen. Statt also einzuschreiten, lassen Eltern ihre Kinder einfach mal machen, solange Leib und Leben nicht in Gefahr sind.
Das klassische FAFO parenting Beispiel:
Dein Kind weigert sich, trotz strömenden Regens seine Regenjacke anzuziehen. Statt nun lang und breit mit ihm zu diskutieren, warum die Jacke sein muss, lässt man den Nachwuchs ohne Jacke losziehen und nass werden. Im besten Szenario entscheidet sich das Kind dann doch für die Jacke, weil es nicht noch nasser werden will. Mindestens aber hat es eine wichtige Erfahrung für den nächsten Regenspaziergang gemacht.
Dieses Erziehungsprinzip ist keinesfalls neu. In der Erziehungswissenschaft trägt es den einfachen Namen ’natürliche Konsequenzen‘. Bedeutet: Kinder erfahren eine direkte, automatische Folge einer Handlung, die ohne (weiteres) menschliches Zutun eintritt.
FAFO parenting vs. klassische Erziehungsmethoden
Wer sich jetzt fragt, wo genau die FAFO-Erziehung in all den bekannten Erziehungsmodellen einzuordnen ist, der schaue sich Folgendes an:
- Autoritäre Erziehung: Hier gelten feste Regeln und Strafen bei Nichteinhaltung. Kinder autoritärer Eltern gehorchen, lernen aber selten, Verantwortung zu übernehmen.
- Helikopter-Erziehung: Eltern sorgen dafür, dass nichts schiefgehen kann, indem sie vorher eingreifen. Sie verhindern Fehler, die das Kind machen könnte, und rauben dem Kind so wichtige Lernerfahrungen.
- Sanfte Erziehung: Stehen Gefühle und Bedürfnisse des Kindes im Vordergrund, spricht man von sanfter oder ‚gentle‘ Erziehung. Konflikte sollen hier zu jederzeit empathisch gelöst werden. Dabei können Kindern jedoch wichtige Grenzen fehlen.
- FAFO parenting: Hier setzen Eltern darauf, dass Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen. Das heißt, Eltern erklären mögliche Folgen, greifen aber nicht weiter ein, sondern lassen das Kind machen.
Im Prinzip reiht sich die FAFO-Erziehung zwischen der Autoritären bzw. Helikopter-Erziehung und der sanften Erziehung ein. Sie ist nicht kontrollierend oder überbehütet, aber dennoch klarer strukturiert als die sanfte Erziehung.
Wo FAFO sinvoll ist und wo nicht
Vermutlich überrascht es nicht, dass das Prinzip ‚einfach machen und mal schauen was passiert‘ nicht überall gleich gut passt. Deshalb noch mal kurz und knapp:
Geeignet ist FAFO beispielsweise, wenn:
- das Kind keine Jacke, Schuhe etc. tragen möchte, bis es merkt, dass das zu seinem Nachteil ist.
- das Kind den schweren Rucksack selber tragen will, bis es merkt, dass der viel zu schwer ist.
- das Kind sich weigert, seine Brotdose mit in die Schule zu nehmen und in der Pause merkt, dass es doch großen Hunger hat und etwas essen möchte.
Nicht geeignet ist FAFO hingegen, wenn:
- das Kind sich in eine Gefahrensituation begibt, beispielsweise im Straßenverkehr.
- dem Kind etwas widerfährt, dass sein Selbstwertgefühl massiv schädigt.
- etwas körperlichen oder seelischen Schaden verursachen könnte.
Die Faustregel lautet: Lernen durch Erfahrung, ja, Risiko für Leib, Leben und Seele, nein.
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Welche Vorteile hat die FAFO-Erziehung?
Der offensichtlichste Vorteil an der ‚Einfach mal machen‘-Methode ist, dass Kinder lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Eine erlebte Konsequenz macht einen nachhaltigen Eindruck und ist immer langlebiger als jede Ansage oder Erklärung durch die Eltern.
Für Eltern ist das in gewisser Weise eine Entlastung, denn sie ersparen sich damit viele Diskussionen und Machtkämpfe. Stattdessen dürfen sie dabei zusehen, wie ihr Kind begreift und lernt und ein Verständnis dafür entwickelt, dass Handlungen Folgen haben.
FAFO parenting stärkt zudem früh die Resilienz von Kindern. Wer vieles selber machen und erleben darf, lernt, dass Fehler und kleine Rückschläge zum Leben gehören.
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Kritik zur FAFO-Erziehungsmethode
Erziehungsexpert*innen fürchten, dass das ‚einfach machen‘-Prinzip Kinder schnell überfordern kann und sie sich nicht bestärkt, sondern alleingelassen fühlen, wenn die Eltern eben nicht hier und da eingreifen. Je jünger ein Kind ist, umso schwerer fällt es ihm, realistische Folgen einzuschätzen.
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Es ist also immer entscheidend, das Alter eines Kindes zu berücksichtigen, bei der Entscheidung, ob man es machen lassen kann oder doch eingreifen sollte. Eltern sollten darauf achten, nicht zu passiv und dabei uninteressiert zu wirken. Beim Kind könnte sonst der Eindruck entstehen, dass es den Eltern egal ist.
Praktische Tipps: So setzt du FAFO parenting um
Auch die ‚einfach machen‘-Methode braucht ein paar Leitlinien, damit sie positiv auf Kinder wirken kann. So sollten Eltern beispielsweise ankündigen, was die mögliche Folge sein kann, wenn das Kind beispielsweise bei Regen ohne Jacke rausgeht. Entscheidet es sich bewusst dagegen, erfährt es die Folge unmittelbar und wird eben nass.
Die elterliche Reaktion in so einem Fall ist ausschlaggebend für den pädagogischen Wert. Schadenfreude oder ein ‚Ich hab’s dir doch gesagt!‘ sind völlig fehl am Platz und untergraben den Lerneffekt. Besser ist es, das Kind zu begleiten, nach seinen Gefühlen zu fragen und gemeinsam zu überlegen, was es daraus gelernt hat. Je nach Alter bzw. Entwicklungsstand des Kindes braucht es dabei mehr oder weniger Unterstützung.
Es ist wichtig, dass ihr im Anschluss an eine Erfahrung wie die eben beschriebene immer darüber sprecht. Es hilft dem Kind, diese Erfahrung einzuordnen. Zudem merkt es so, dass es Dinge ausprobieren darf, Fehler machen und dazulernen kann. Und dass seine Eltern an seiner Seite stehen und es unterstützen.
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