Inhaltsverzeichnis
- Trotzphase: Gründe für einen Trotzanfall
- SOS Trotzphase: So reagierst du am besten auf einen Trotzanfall
- Trotzanfällen vorbeugen – so geht’s
- Trotzanfall? Ja. Aber mit Plan.
„Ich wollte aber den pinken Becher!“ – Wer Kinder in der Trotzphase hat, kennt solche dramatischen Momente nur zu gut. Noch während dein Kind lautstark die Ungerechtigkeit beklagt, dass es nicht seinen Lieblingsbecher bekommen hat, fliegt der kurzerhand durch die Küche – und du bereitest dich innerlich auf den nächsten Trotzanfall vor.
Diese Situationen sind für Eltern emotional fordernd und sie gehören trotzdem zur kindlichen Entwicklung dazu. Willkommen in der Autonomiephase, besser bekannt als Trotzphase oder „Terrible Twos“. Kinder entdecken in dieser Zeit ihre Selbstständigkeit – und testen Grenzen. Genau hier wird deine Reaktion als Elternteil entscheidend.
In diesem Artikel erfährst du:
- was hinter einem Trotzanfall wirklich steckt,
- wie du am besten reagierst – ganz ohne Schreien oder Strafen,
- und wie du mit einfachen Tricks Wutausbrüche sogar vorbeugen kannst.
Trotzphase: Gründe für einen Trotzanfall
Die Gründe für einen Trotzanfall beim Kleinkind sind oft scheinbar banal – von der „falschen“ Becherfarbe über das Brot, das nicht richtig durchgeschnitten wurde, bis zur Jacke, die bei 5 Grad angeblich „zu warm“ ist. Aber hinter jedem Ausbruch steckt mehr als reine Laune.
Die sogenannte Trotzphase (auch Autonomiephase genannt) ist ein wichtiger Entwicklungsschritt. Dein Kind entdeckt, dass es ein eigenes Ich hat – mit eigenen Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen. Gleichzeitig ist sein Gehirn noch nicht reif genug, um starke Gefühle zu regulieren oder Konflikte anzusprechen oder zu lösen. Wut, Hilflosigkeit und Frust entladen sich deshalb oft in einem emotionalen Ausbruch, dem Trotzanfall.
Fun Fact: Der Bereich des Gehirns, der für Impulskontrolle zuständig ist, der präfrontale Kortex, ist bei Kleinkindern noch nicht vollständig entwickelt. Daher handeln sie oft impulsiv und gesteuert von ihren Gefühlen. Sie trotzen nicht, um ihre Eltern zu ärgern, sondern weil sie nicht anders können.
Die Trotzphase beginnt meist um den zweiten Geburtstag und kann bis etwa zum sechsten Lebensjahr andauern. Besonders heftig ist sie zwischen zwei und vier Jahren.
SOS Trotzphase: So reagierst du am besten auf einen Trotzanfall
Wenn dein Kind mitten in einem Trotzanfall steckt, ist es nicht mehr erreichbar, weder für logische Erklärungen noch für Appelle an „gutes Benehmen“. Es wird überflutet von seinen Gefühlen. Deshalb gilt:
Tipp 1: Bleib ruhig – auch wenn’s schwerfällt
Auch wenn es in diesen Momenten in einem brodelt, es hilft absolut nicht, das schreiende und trotzende Kind anzuschreien oder zu maßregeln. Das Kind steht während eines Trotzanfalls im wahrsten Sinne des Wortes neben sich und ist überwältigt von all den Gefühlen, die es durchströmt. Ein Kind im Trotzanfall fühlt zu viel, nicht zu wenig.
Tipp 2: Zeig Verständnis, statt zu verurteilen
Statt sowas zu sagen wie, „Jetzt stell dich nicht so an“, sag lieber, „Ich sehe, dass du gerade ganz schön wütend bist, weil du den grünen Becher wolltest.“ Das hilft deinem Kind, seine Gefühle einzuordnen und signalisiert ihm: Ich werde gesehen, auch wenn ich gerade ausflippe.
Sei der Anker, den dein Kind auch in Momenten wie diesen unbedingt braucht. Bleib ruhig, begib dich auf eine Höhe mit deinem Kind, fass es an und sprich ruhig mit ihm. Du hast die nötige Erfahrung, deine Gefühle, deine Wut und Anspannung zu kontrollieren. Nutze das.
Tipp 3: Erkenne den Unterschied zwischen Trotz und Bedürfnis
Nicht jeder Wutanfall ist reiner Trotz. Manchmal steckt ein unerfülltes Grundbedürfnis dahinter: Hunger, Müdigkeit, Nähe, Überforderung. Wenn du das erkennst, kannst du empathisch und gezielter reagieren.
Tipp 4: Bleib konsequent – aber erklärbar
Konsequent zu sein bedeutet nicht, knallhart zu bleiben. Es heißt, für dein Kind berechenbar zu handeln. Verbote sollten sinnvoll und nachvollziehbar sein. Sätze wie, „Weil man das so macht“, helfen einem Kleinkind nicht weiter. Erklärungen auf Augenhöhe schon.
Tipp 5: Biete echte Kompromisse an
Kinder in der Trotzphase wollen mitentscheiden. Also gib deinem Kind auch seinem Alter entsprechend ein Mitspracherecht. Findet gemeinsame Kompromisse. Dein Kind will bei eisigen Temperaturen keine Jacke anziehen? Frag es, was es stattdessen tragen will? Biete ihm Alternativen an, beispielsweise in Form des Schneeanzugs. So fühlt sich dein Kind gesehen und du kannst es dennoch sanft führen.
Wenn es sich partout nicht beruhigen will und heulend dabei bleibt, dass es keine Jacke tragen will, bleib ruhig und bleib vor allem bei deinem Kind. Lass es nicht schreiend und weinend alleine. Drohe auch nicht damit, alleine loszugehen. Das macht deinem Kind einfach nur Angst.
Tipp 6: Rede nicht gegen die Wand
Quatscht die Dinge nicht tot. Ein Trotzanfall ist kein Moment für Diskussionen. Wenn dein Kind gerade ausrastet, hilft Reden überhaupt nicht. Bleib in der Nähe, biete Nähe oder auch den Rückzug an, aber versuche nicht, die Lage „wegzureden“.
Tipp 7: Denk auch an dich!
Elternsein in der Trotzphase ist kein Spaziergang. Wenn du an deine Grenzen kommst:
- Geh kurz raus (wenn möglich),
- Atme tief durch,
- Sag dir selbst: „Es ist nur eine Phase und sie ist wichtig.“
Trotzanfällen vorbeugen – so geht’s
Du kannst nicht jeden Trotzanfall verhindern. Aber du kannst die Wahrscheinlichkeit mit ein paar einfachen Strategien, die den Alltag entspannen und deinem Kind Sicherheit geben, deutlich senken.
1. Rituale und Routinen etablieren
Kinder lieben Wiederholungen. Sie geben ihnen Halt und Orientierung. Feste Abläufe beim Aufstehen, Anziehen, Essen oder Schlafengehen helfen deinem Kind, sich sicher zu fühlen. Es ist weniger unsicher, was in einer Situation auf es zukommt oder von ihm erwartet wird und so spürt es weniger Frust.
🧠 Warum das hilft: Routinen entlasten das Gehirn deines Kindes. Es muss nicht ständig neu verhandeln und weiß, was als Nächstes passiert.
2. Frühzeitig ankündigen, was kommt
Plötzliche Übergänge (z. B. vom Spielen zum Anziehen) überfordern Kinder schnell. Bereite dein Kind darauf vor:
- „In fünf Minuten gehen wir los.“
- „Noch zwei Bücher, dann ist Schlafenszeit.“
Tipp: Verwende eine visuelle Uhr oder einen Timer. Kinder haben kein Zeitgefühl und können so besser nachvollziehen, wie viel Zeit ihnen noch bleibt.
🧠 Warum das hilft: Dein Kind weiß nach einer Ankündigung, was als nächstes passieren wird. Es wird nicht überrascht oder hat das Gefühl, es wird ihm etwas weggenommen.
3. Entscheidungen selbst treffen lassen
Biete deinem Kind altersgerechte Wahlmöglichkeiten an:
- „Möchtest du die blaue oder die rote Hose?“
- „Willst du den Apfel oder die Banane?“
🧠 Warum das hilft: So stärkst du das Gefühl von Selbstwirksamkeit und beugst Machtkämpfen vor. Kinder, die mitentscheiden dürfen, müssen weniger rebellieren.
4. Trigger kennen – und umgehen
Du weißt, dass dein Kind ausrastet, wenn es nicht den gelben Löffel bekommt? Dann integriere es in kleine Vorbereitungen:
- Lass es beim Tischdecken helfen und so bereits mitentscheiden.
- Gib ihm die Kontrolle über einfache Entscheidungen im Alltag.
🧠 Warum das hilft: So fühlt sich dein Kind gesehen und du sparst dir jede Menge Drama.
5. Ausreichend Pausen einplanen
Ein überreiztes Kind ist eigentlich eine tickende Zeitbombe. Man weiß bereits, dass es einen Trotzanfall haben wird, nur nicht, wann genau der zum Vorschein kommt. Plane deshalb bewusste Ruhezeiten ein, besonders zwischen aufregenden und neuen Aktivitäten. Idealerweise macht ein Kind auch ein Nickerchen oder sogar zwei im Verlauf des Tages und hilft sich so selbst.
🧠 Warum das hilft: Dein Kind und auch sein Gehirn haben Zeit, einmal komplett runterzufahren und neue Energie zu tanken.
Trotzanfall? Ja. Aber mit Plan.
Die Trotzphase ist kein Fehler in der kindlichen Entwicklung. Sie ist ein Beweis dafür, dass dein Kind wächst, sich abgrenzt und sein eigenes Ich entdeckt. Auch wenn du dabei manchmal an deine Grenzen kommst: Du kannst viel tun, um dein Kind in dieser Zeit liebevoll zu begleiten und dir selbst den Alltag zu erleichtern.
Quellen und weitere Informationen:
- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
- Kindergartenpaedagogik.de
- Kita Medien GmbH
Wichtiger Hinweis zum Schluss: Die Informationen und Tipps in diesem Artikel sind lediglich Anregungen. Jedes Kind ist anders und reagiert auf seine eigene Art und Weise. Es ist deshalb wichtig, dass du auf dein Kind eingehst und so herausfindest, welcher Weg der beste für euch ist.
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