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Team Schulkind: Wie Geschwister mit dem Rollenwechsel umgehen

Großer Bruder und kleine Schwester vor der Haustür. Beide halten ein Schild in der Hand, auf dem zu lesen ist, welche Klassenstufen sie jetzt besuchen. Er startet die 4. Klasse, die kleine Schwester die 1.
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Vorab im Video: 5 Sätze, mit denen Kinder indirekt um Hilfe bitten

Wenn ein Kind eingeschult wird, verändert sich auch das Familiengefüge. Wie Geschwister damit umgehen und wie du sie gut begleitest.

Als meine Tochter vor ein paar Jahren eingeschult wurde, war sie natürlich unglaublich stolz. Endlich Schulkind! Mit Schultüte, Schulranzen, Federmappe, eben dem ganzen Programm. Was ich damals nicht ganz auf dem Schirm hatte: Während sie im Mittelpunkt stand, strahlte und gefeiert wurde, zog sich ihr großer Bruder zurück. Still, fast unmerklich. Es gab keine offensichtliche Eifersucht, aber irgendwie war da plötzlich eine neue Dynamik zwischen den beiden. Und damit eine Phase, die viele Familien rund um die Einschulung erleben, aber kaum jemand thematisiert.

In diesem Artikel geht es genau darum: Was passiert mit Geschwistern, wenn ein Kind eingeschult wird? Welche Gefühle treten auf, wie kannst du als Elternteil damit umgehen und wie findet ihr euch als Familie in diesem neuen Gefüge gut zurecht?

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Wenn ein Kind im Mittelpunkt steht und das andere zuschaut

Die Einschulung ist ein großer Meilenstein. Für das Kind, na klar. Aber auch für die gesamte Familie. Wochenlang dreht sich alles um Vorbereitungen: Schulranzen kaufen, Schultüte basteln, Geschenke besorgen, Einschulung feiern. Das Geschwisterkind ist oft mit dabei, aber eben nicht gemeint. Und genau das kann schwierig werden.

Besonders jüngere Geschwister, die selbst noch im Kindergarten sind, können mit starken Gefühlen reagieren: Neid, Traurigkeit, Wutanfällen oder dem Rückfall in alte Verhaltensmuster (z. B. wieder einnässen, ängstlich klammern oder „babyhaft“ sprechen).

Aber auch ältere Kinder, die die Schule bereits besuchen, erleben den Tag oft mit gemischten Gefühlen. Einerseits wissen sie, was auf das Geschwisterkind zukommt und freuen sich mit. Andererseits spüren sie, dass die Aufmerksamkeit der Eltern, zumindest temporär, sehr einseitig verteilt ist.

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Pädagog*innen beobachten in solchen Phasen immer wieder, dass Kinder durch den Rollenwechsel ins Wanken geraten. Aus Geschwistern werden plötzlich „Schulkind“ und „Nicht-Schulkind“, oder „Groß“ und „Noch-größer“. Und auch wenn diese Rollen nicht für immer zementiert sind, so verändern sie doch das Selbstbild und die Beziehung untereinander.

Was tun, wenn das Geschwisterkind eifersüchtig ist?

Eifersucht ist kein Makel, sondern eine ganz normale Emotion. Gerade in Umbruchphasen wie der Einschulung hat sie ihre Berechtigung. Wichtig ist, dass du sie erkennst und nicht einfach abtust. Viel hilfreicher ist es, Raum für Gefühle zu schaffen, ohne sie zu dramatisieren.

Ein paar Dinge, die helfen können:

  • Geschwisterkind einbeziehen: Lass dein anderes Kind beim Schultütenbasteln helfen oder einen eigenen kleinen Beitrag zur Einschulungsfeier gestalten. So wird es nicht zum Zuschauer, sondern zum aktiven Teil des Tages.
  • Eigene Aufmerksamkeit schenken: Plane gezielt exklusive Zeit ein, nur mit dem Geschwisterkind. Das muss kein großer Ausflug sein. Ein Spaziergang, ein Kartenspiel oder gemeinsam Eis essen können schon reichen.
  • Gefühle ernst nehmen: Wenn dein Kind äußert, dass es sich unfair behandelt oder dass es sich nicht gesehen fühlt, dann hör zu, ohne es sofort relativieren zu wollen. Gestehe ihm diese Gefühle zu, statt sie abzutun.
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  • Realität benennen: Du darfst auch ganz offen sagen: „Ich merke, dass du dich vielleicht ein bisschen hintenangestellt fühlst. Das ist total verständlich. Die Einschulung ist ein besonderer Tag für deine Schwester, aber das heißt nicht, dass du weniger wichtig bist.“

Der Schulstart ändert mehr als nur den Tagesablauf

Viele Eltern unterschätzen, wie stark sich die Einschulung auf den gesamten Familienalltag auswirkt. Das betrifft nicht nur die neue Morgenroutine. Auch die Beziehung zwischen Geschwistern kann sich deutlich verschieben:

  • Rollenverteilung: Das jüngere Kind ist plötzlich Schulkind und beansprucht mehr Selbstständigkeit. Das ältere Geschwisterkind wiederum fühlt sich womöglich unter Druck, noch erwachsener zu sein.
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  • Vergleichsdruck: Wenn Eltern oft sagen „Dein Bruder hat das damals aber schon allein geschafft“ oder „Deine Schwester ist viel ordentlicher“, entsteht eine subtile Konkurrenz.
  • Aufmerksamkeit: Die ersten Schulwochen verlangen vielen Kindern viel ab. Sie sind müde, emotional überfordert, brauchen mehr Unterstützung. Das kann dazu führen, dass das andere Kind sich vernachlässigt fühlt.

All das ist normal, aber eben nicht banal. Umso wichtiger ist es, dass du diese Prozesse im Blick behältst und bei Bedarf gegensteuerst.

Wie Familien die Balance (wieder)finden können

Die gute Nachricht ist, auch wenn es anfangs ruckelt, pendelt sich das Familienleben meist nach wenigen Wochen wieder ein. Bis dahin kannst du einiges tun, um die Balance zu halten oder wiederherzustellen:

  • Gemeinsame Rituale schaffen: Veranstalte z. B. ein Geschwisterfrühstück am Wochenende oder einen regelmäßigen abendlichen Austausch, bei dem jedes Kind erzählen darf, was es am Tag und in der Woche erlebt hat.
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  • Stärken betonen statt vergleichen: Statt die Unterschiede deiner Kinder hervorzuheben, benenne lieber die individuellen Stärken.
  • Konflikte nicht scheuen: Streits sind nicht automatisch schlecht. Sie zeigen, dass Kinder sich positionieren. Wichtig ist, dass du vermittelst, neutral bleibst und nicht bewertest.
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  • Ruhe bewahren: Wenn die Stimmung kippt, hilft oft ein kurzer Perspektivwechsel: Wie würdest du reagieren, wenn dein*e Partner*in sich so verhalten würde? Würdest du sofort laut werden und meckern oder erstmal fragen, was eigentlich los ist?

Einschulung betrifft immer die ganze Familie

So sehr sich zur Einschulung alles um ein Kind zu drehen scheint, betroffen sind in Wahrheit immer alle. Geschwister erleben diese Phase oft genauso intensiv wie das eigentliche Schulkind, nur auf eine andere Art. Als Eltern könnt ihr helfen, diese Gefühle sichtbar zu machen, ihnen Raum zu geben und mit Geduld und Offenheit zu begleiten.

Am Ende profitieren alle: Das Schulkind, weil es sich gefeiert, aber nicht isoliert fühlt. Das Geschwisterkind, weil es dazugehört und gesehen wird. Und du selbst, weil du den Rollenwechsel nicht nur organisierst, sondern aktiv mitgestaltest.

Weitere Themen:

Angesichts globaler Krisen, gefährlicher Social-Media-Dynamiken, pandemischer Einschnitte, Fachkräftemangels im Bildungsbereich und alarmierender psychischer Belastungen junger Menschen stellt sich die Frage: Was brauchen Kinder und Jugendliche, um sich selbst, ihrem Umfeld und der Umwelt in Zukunft Sorge tragen zu können?

Dazu diskutieren beim diesjährigen FFF Day in Berlin:
-> Emulution, Grundschullehrer und Content Creator
-> Margret Rasfeld, Expertin für Zukunftsbildung & Vernetzerin von Ideen und Menschen
-> Jotam Felmy, Lehrer an einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe in Berlin
-> Hanna Hecht, International Officer der Bundesschülerkonferenz
-> Carlotta Richter, Journalistin

-> Hier findest du alle Infos zum FFF Day!

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