Eltern möchten, dass ihr Kind das Bestmögliche aus seinem Leben machen kann. Dafür, so glauben wir, muss es seine Talente, Stärken und Interessen idealerweise maximal nutzen. Also versuchen wir es zu motivieren, liefern ihm immer wieder neue Impulse und stacheln es an, wenn wir glauben, dass es mal wieder nötig ist.
Was uns dabei oft gar nicht auffällt ist, wie viel Druck wir damit aufbauen können. Versteht mich nicht falsch, ein kleiner Schubser hier und da schadet vermutlich keinem Kind. Hört es aber fortwährend, „mach hier mehr“, „streng dich da noch mehr an“, „versuche, das zu verbessern“, dann nagt das an seinem Selbstwertgefühl. Wer nämlich immer nur hört, wie er oder sie besser werden kann, glaubt vermutlich irgendwann, dass er aktuell nicht genug ist.
Woran ihr erkennt, dass euer Kind eventuell zu viel Druck spürt und wie ihr gemeinsam daran arbeitet, dass es besser wird, wollen wir erklären.
Sein Verhalten ändert sich
Wer sich andauernd verbessert und kritisiert fühlt, wird sich zurückziehen und auf Abstand zu den Personen gehen, die Kritik üben. Meidet ein Kind ungewöhnlich oft soziale Situationen, möchte es Dinge nicht mehr tun, die ihm letztens noch Freude bereitet haben oder zieht es sich auch zu Hause viel mehr zurück, deutet es darauf hin, dass es sich nicht wohlfühlt. Es versteckt sich regelrecht vor dem Druck.
Zudem reagieren Menschen auf Stress und Druck mit einer erhöhten Reizbarkeit und manchmal sogar Aggressionen. Wird ein Kind also schneller und öfter wütend und reagiert gereizt, fühlt es sich womöglich gestresst oder unter Druck gesetzt. Das gilt für Anforderungen von außen, bspw. durch die Eltern, aber auch für eigene Erwartungen an sich selbst. Fliegen Schulsachen also vermehrt durch die Gegend, ist euer Kind ungeduldig mit sich selbst, zeigt das, dass es unter enormem Druck steht.
Ängste und Sorgen können auch ein Ausdruck von (Leisungs-)Druck sein, genauso wie Nervosität.
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Es zeigt körperliche Symptome
Nicht nur kleine Kinder manifestieren Sorgen und Ängste in ihren Bauch, auch ältere Kinder äußern Bauchschmerzen, wenn sie mental überfordert sind oder Sorgen und Ängste haben, die sie nicht direkt ansprechen können. Gleiches gilt für Kopfschmerzen, sowie Schlafstörungen und eine daraus resultierende Erschöpfung. Liegen keine medizinischen Ursachen für die immer wiederkehrenden Symptome vor, deuten sie darauf hin, dass ein Kind sich überfordert fühlt und ihm der Druck zu viel wird.
Seine (schulischen) Leistungen lassen nach
Kinder, die sich überfordert fühlen und denen der Druck zu viel wird, verweigern früher oder später die ‚Mitarbeit‘ bzw. Teilnahme. Das gilt für die Schule genauso wie für die Mitgliedschaft im Sportverein oder die Hilfe zu Hause. Ein Kind, das zu viel Druck spürt, macht dicht und dann gar nichts mehr.
In seinem Kopf kann es den Leistungen, die es erbringen soll oder vielleicht sogar selber erbringen möchte, nicht gerecht werden. Es gibt deshalb auf und macht nichts mehr oder nur noch das Nötigste.
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Es spricht schlecht über sich
Jede*r von uns kennt es, dass man manchmal unzufrieden mit der eigenen Leistung ist und Dinge zu sich selbst sagt wie, „Wie blöd kann man sein?“ oder, „Ich werde das nie schaffen!“. Meistens lassen wir dabei unseren Frust ab und starten dann von vorn.
Wenn ein Kind auf diese Weise reagiert, sich immer wieder selbst kritisiert oder sogar die Eltern fragt, ob es gut genug ist, sollte man aufmerksam werden. Das Kind macht sich oder fühlt sich so unter Druck, dass es ständig Angst hat, zu versagen und andere zu enttäuschen.
Wie kann man Druck entgegenwirken?
Zu viel Druck kann sich negativ auf das emotionale und körperliche Wohlbefinden eines Kindes auswirken. Deshalb gilt es als Eltern, auf die kleinen und manchmal großen Anzeichen zu achten, die Kinder aussenden.
Außerdem hilft es, unnötigen Druck zu vermeiden, wenn man regelmäßig miteinander spricht. Fragen wie, „Wie geht es dir?“, „Brauchst du (bei etwas) Hilfe?“ oder, „Gibt es etwas, das dir Sorgen oder Angst macht?“ sind immer ein guter Anfang. Sie signalisieren dem Kind, dass man verfügbar ist und helfen möchte.
Auch wenn Kinder schon größer sind, man gar nicht mehr so viel Zeit miteinander verbringt und die Kids viele Dinge mit sich selbst ausmachen, ist es wichtig, dass man als Eltern versucht, einen ständigen Draht zueinander aufrechtzuerhalten.
Kinder sollten auch wissen, dass Fehler passieren dürfen. Dass eine schlechte Note, ein verlorenes Spiel oder etwas Zerbrochenes zwar ärgerlich sind, aber kein Weltuntergang. Daran anknüpfend sollte man sich als Eltern fortlaufend fragen, ob die Anforderungen, die man an das Kind stellt, gerecht und realistisch sind.
Und ganz besonders sollten Kinder immer Kinder sein dürfen. Sie brauchen Freizeit und Freunde, Hobbys und Spaß und sollten nicht das Gefühl haben, immer nur Leistung erbringen zu müssen.
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