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Erziehung: Was tun, wenn dein Teenie dich hasst (oder so tut, als ob)?

Poträt eines ernst bis wütend schauenden Teenagers draußen.
© AdobeStock/ MartaKlos

„Ich hasse dich!“ – Was Teenie-Wut wirklich bedeutet

Und wie man als Eltern richtig reagiert, wenn einem das Kind das entgegenbrüllt.

Pubertät ist kein Krieg! Was du tun kannst, wenn dein Teenager dich ablehnt und wie ihr die Beziehung rettet.

Es gibt Tage, da fühlt man sich als Elternteil wie der Endgegner seines Teenagers. Sein Blick? Eiskalt. Seine Stimme? Spitz wie ein Pfeil. Seine Körpersprache? „Sprich mich bloß nicht an.“ Und wenn man es doch wagt, bekommt man etwas entgegengeschleudert wie: „Du nervst!“ oder noch schlimmer, „Ich hasse dich!“

Autsch. Das sitzt tief.

Ich bin Mutter von zwei Kindern in der Pubertät. Ich weiß, wie sich diese Momente anfühlen. Und ich weiß auch: So sehr es im ersten Moment schmerzt, so wenig sagt es über mich als Mutter aus. Dafür aber eine Menge über die emotionale Achterbahnfahrt, auf der meine Teenies gerade unterwegs sind.

„Mein Kind hasst mich!“ Aber ist das wirklich so?

Lass mich mit dem Wichtigsten anfangen: Meine Teenager hassen mich nicht und deine oder deiner tut das auch nicht. Auch wenn es sich manchmal genau so anfühlt. Was wir als Eltern da erleben, ist keine Ablehnung unserer Person, sondern ein Ausdruck von Überforderung, Frust und Identitätsfindung bei unseren Kindern. Die Pubertät ist eine Zeit der massiven Veränderungen, körperlich, emotional und auch sozial. Und genau da geraten wir Eltern schnell ins Kreuzfeuer.

Warum? Weil wir der sicherste Hafen sind. Weil wir da sind, und zwar immer. Teenies zeigen uns ihre schlimmsten Seiten, weil sie wissen, dass wir sie trotzdem lieben. Klingt paradox, ist aber psychologisch gut belegt. So schreibt Jesper Juul in seinem Buch „Pubertät – wenn Erziehen nicht mehr geht“ (hier bei Thalia bestellen)* sinngemäß: Kinder (und auch Jugendliche!) testen die Bindung zu ihren Eltern, wenn sie sich emotional unsicher oder überfordert fühlen, indem sie sie infrage stellen.

Warum provozieren Teenager so heftig?

Das Gehirn eines Teenagers ist im Umbau und das, während er tagein, tagaus seinen Alltag bestreiten und funktionieren muss. Der präfrontale Kortex, zuständig für Impulskontrolle, Planung und logisches Denken, arbeitet noch nicht zuverlässig. Gleichzeitig arbeitet das limbische System, das für Emotionen zuständig ist, auf Hochtouren. Die Folge? Stimmungsschwankungen deluxe. Wutausbrüche aus dem Nichts. Und ein Bedürfnis nach Unabhängigkeit, das jede elterliche Bitte wie eine Kriegserklärung erscheinen lässt.

Lies dazu auch: Wenn Teenager ausrasten: Was Eltern aushalten müssen und was nicht

Hinzu kommt, dass Kinder in der Pubertät ihren Platz in der Welt suchen. Das bedeutet, sie wollen sich abgrenzen. Und von wem wollen sie sich zuallererst abgrenzen? Na klar, von ihren Eltern. Den Personen, die ihnen am nächsten stehen. Und damit zur perfekten Projektionsfläche werden.

Wie du als Elternteil klug reagierst (und was du lieber lässt)

Die gute Nachricht: Du bist nicht machtlos. Auch wenn es sich in Konfliktsituationen manchmal so anfühlt. Hier sind fünf Dinge, die du tun kannst, wenn dein Teenie dich (scheinbar) hasst:

1. Bleib ruhig, so sehr es auch in dir brodelt

Ich weiß. Leichter gesagt als getan. Aber je mehr du dich provozieren lässt, desto mehr fütterst du die aufgeladene Stimmung. Dein Teenager braucht in dir ein Gegenüber, das stabil bleibt. Das vor allem nicht zurück schreit. Und das keine Machtspielchen spielt, sondern Grenzen klar, aber gelassen kommuniziert.

Tipp: Atme tief durch, zähle innerlich bis fünf und antworte erst dann. Oder gar nicht, wenn du spürst, dass gerade ohnehin nichts fruchtet.

2. Nimm’s nicht persönlich

Auch wenn die Worte richtig gemein sein können, sie sind selten ernst gemeint. Dein Teenie verletzt nicht dich, sondern entlädt Wut und Unsicherheit, die oft gar nichts mit dir zu tun haben. Vielleicht lief etwas in der Schule schief. Vielleicht gab’s Zoff mit Freund*innen. Merk dir für solche Situationen einfach: Gefühle sind real, aber nicht immer rational. Und schon gar nicht fair.

3. Biete Nähe an, ohne sie aufzuzwingen

Teenager wollen oft das Gegenteil von dem, was sie sagen oder tun. Wenn sie dich wegstoßen, heißt das nicht, dass sie keine Zuneigung brauchen. Nur wissen sie selbst nicht, wie sie damit umgehen sollen. Bleib also da. Sei ansprechbar. Signalisiere: „Ich bin nicht der Feind.“

Was du auch versuchen kannst: Koch das Lieblingsessen deines Teens oder stell ihm seinen liebsten Snack hin. Eine WhatsApp mit einem lustigen Meme kann manchmal auch das Eis brechen. Lass dein Kind wissen, dass du es liebst, auch wenn ihr streitet oder die Stimmung im Keller ist.

4. Setze klare, respektvolle Grenzen

Zuneigung heißt aber nicht Grenzenlosigkeit. Wenn dein Teenie dich anschreit oder beleidigt, darfst und solltest du das benennen. Schwing dabei nicht die Moralkeule, sondern sprich in Ich-Botschaften: „So, wie du gerade mit mir sprichst, tut mir das weh.“
„Ich möchte nicht, dass du mich anschreist. Wir können reden, wenn du wieder ruhiger bist.“

Indem du deinem Teenager Grenzen wie diese setzt, gibst du ihm gleichzeitig Halt. Und gerade Jugendliche, so freiheitsliebend sie auch sind, brauchen diesen Halt mehr, als sie zugeben würden.

5. Suche den ehrlichen Dialog

Versuche nicht Sinn und Sinnhaftigkeit des Wutausbruchs zu erörtern, wenn es in deinem Kind noch brodelt. Gib ihm Zeit, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen und frag später nach, was los war. Dann solltest du aber auch wirklich Zeit haben und zuhören. Ohne Ratschläge, ohne Urteile. Einfach nur zuhören.

Und ja, manchmal wird dein Teenie sagen, es sei „Nichts“ gewesen. Oder er schickt dich auch später noch weg, mit den Worten, „Lass mich in Ruhe.“ Aber manchmal möchten Kids genau dann darüber sprechen.

Wann du dir Sorgen machen solltest

Auch wenn starke Emotionen in der Pubertät normal sind, es gibt Warnzeichen, die du ernst nehmen solltest. Dazu gehören:

  • Dauerhafte Ablehnung oder Feindseligkeit dir oder anderen gegenüber
  • Rückzug über Wochen hinweg
  • Schlafstörungen, Essprobleme, Selbstverletzung
  • Anhaltende Stimmungstiefs, Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeit
  • Gewalt gegen sich selbst oder andere

Wenn du solche Anzeichen beobachtest, ist es wichtig, dass du dir und deinem Kind professionelle Hilfe holst. Sprich mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin, wende dich an eine Beratungsstelle oder einen psychologischen Fachdienst. Professionelle Hilfe zu suchen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Verantwortung.

Pubertät ist kein Krieg

Dein Teenager ist nicht gegen dich, sondern er handelt in erster Linie für sich. Auch wenn er es noch nicht gut ausdrücken kann. Und du bist nicht machtlos. Du bist seine Konstante in einer Zeit voller Unsicherheit. Das bedeutet nicht, dass du alles hinnehmen musst. Aber es bedeutet, dass du immer wieder Brücken bauen solltest, selbst wenn sie zehnmal eingerissen werden.

Irgendwann ist die Pubertät vorbei. Und bis dahin: Halt durch. Du machst das gut.

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