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Boreout statt Burnout: Wenn Unterforderung Körper und Psyche krank macht

Frau blickt ernst in die Kamera
Jeder kennt das Burnout-Syndrom. Aber wie sieht es mit dem umgekehrten Fall aus? Lies hier alles über Boreout. Credit: © Robert Kneschke

Alle reden über Burnout, die Krankheit der Erfolgreichen und Leistungsträger. Doch nicht nur Überforderung kann krank machen.

Inhaltsverzeichnis

Boreout statt Burnout: Wenn ständige Unterforderung krank macht

Alle reden über Burnout, die Krankheit der Erfolgreichen und Leistungsträger. Doch nicht nur Überforderung kann krank machen.

Was ist Boreout? Hinter dem Begriff „Boreout“ steckt sozusagen das Gegenteil von Burnout: krank durch Unterforderung im Job. Was sich eigenartig anhört, ist keine Seltenheit.

Laut einer Studie der Bundesregierung sagen knapp zwei Drittel der Berufstätigen unter 30, dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz langweilen. Eine andere Studie der Deutschen Universität für Weiterbildung (DUW) kommt zu dem Schluss, dass elf Prozent der Erwerbstätigen sich beruflich unterfordert fühlen.

Wer zu viel arbeitet, dem glaubt man gern, dass er erschöpft sein kann und unter Stress leidet. Burnout ist längst zu einer Volkskrankheit geworden. Aber ebenso wie eine permanente Überbelastung kann eben auch eine permanente Unterforderung und ein Mangel an Erfolgserlebnissen zu massiven psychischen Problemen führen.

Boreout ist das Resultat von lähmender Routine, ständiger Unterforderung, Frust, Langeweile und fehlender Motivation. Unterforderung bedeutet: zu wenig zu tun und für die anfallenden Aufgaben überqualifiziert.

Das sind typische Boreout-Symptome

Wer an Boreout leidet, schlägt sich mit Frustration und Antriebslosigkeit herum. Und was zunächst nur den Job betrifft, weitet sich nach und nach auch auf das Privatleben aus.

Die Folgen: Neben Frust und depressiver Stimmung kann es auch körperliche Symptome geben. Und die gleichen denen einer Burnout-Erkrankung: Schlafstörungen, Magenschmerzen oder Tinnitus. ​

Leider recht unspezifische Beschwerden, die viele Ursachen haben können. Ein Grund, warum Boreout selten diagnostiziert wird – im Gegensatz zu der viel „populäreren“ Burnout-Erkrankung, die etwa dreimal so oft erkannt wird.

Nach einer Erhebung der Techniker Krankenkasse ist die Zahl der Krankschreibungen wegen Burnout-Symptomen in den letzten fünf Jahren um ganze 17 Prozent gestiegen. Boreout hingegen ist schwerer zu erfassen. Die Krankheit ist weniger erforscht und Betroffene suchen sich nur selten ärztliche Hilfe. Die Dunkelziffer ist dementsprechend hoch.

Boreout: In der Gesellschaft wenig bekannt und anerkannt

Kein Wunder. Wer gestresst und überlastet ist und an seine Grenzen kommt, der stößt in unserer Gesellschaft auf Verständnis. Aber wie ist es, wenn sich jemand schlecht fühlt, weil er zu wenig zu tun hat? „Deine Probleme will ich haben. Ich weiß vor lauter Arbeit nicht, wo mir der Kopf steht“ dürften nicht wenige Außenstehende entgegnen.

Die Konsequenz: Viele Betroffene versuchen ihr Problem zu verstecken, indem sie auf der Arbeit sehr beschäftigt tun. „Nicht wenige demonstrieren dann besonderes Engagement, bleiben extra lange im Büro und wirken auf ihr Umfeld eher wie klassische Burnout-Kandidaten“, erklärt Benjamin Martens.

Denn eins sind Betroffene mit Sicherheit nicht: faul oder arbeitsscheu: „Im Gegenteil! Boreout-Kandidaten leiden massiv darunter, dass sie viel leisten wollen, aber nicht können.“

4 wichtige Tipps gegen Boreout

1. Das Problem erkennen und anpacken

Viele Betroffene wissen selbst nicht, was mit ihnen los ist. Umso wichtiger ist es, sich irgendwann einzugestehen, dass hinter dem eigenen Leiden keine persönliche Unzulänglichkeit steckt. „Ich bin nicht allein und ich bin nicht absonderlich. Ich muss mich nicht schämen, sondern ich muss etwas ändern in meinem Leben.“ Diese Erkenntnis dürfte ein erster wichtiger Schritt sein.

Ein weiterer Schritt: das Gespräch mit dem Vorgesetzten. Wer sich mit seinen Aufgaben permanent unterfordert fühlt, sollte darüber reden. Sei es, indem er um andere Aufgaben bittet oder dem Chef konsequenterweise vorschlägt, die Arbeitszeiten zu kürzen, weil es einfach zu wenig zu tun gibt.

Oder indem er um einen Wechsel innerhalb der Firma bittet. Vielleicht gibt es eine andere Stelle im Unternehmen, die eher den eigenen Fähigkeiten entspricht. Im Zweifel hilft nur eins: Kündigen und einen neuen Job suchen.

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2. Ausgleich schaffen

Wer das berufliche Problem nicht sofort lösen kann, der sollte für Ausgleich im Privatleben sorgen. Ein Hobby, eine neue Herausforderung – wichtig ist, etwas zu finden, das aufbaut und auch fordert.

Es geht um die Balance zwischen Arbeit und Privatem, um den ewig gleichen, vom Beruf bestimmten Trott zu unterbrechen. Die alltäglichen Verpflichtungen im Job müssen sich abwechseln mit Freizeit, Hobbys und sozialen Kontakten.

„Gelingt es den Betroffenen, ihren alten Trott zu überwinden und Neues auszuprobieren, ist häufig schon viel gewonnen“, so der Psychologe Martens. Wem das zunächst schwerfällt, etwa weil er sich zu erschöpft fühlt, der sollte sich feste Termine im Kalender setzen.

Gut ist es auch, sich direkt nach der Arbeit zu verabreden. So muss man pünktlich gehen und hat sofortige Ablenkung!

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3. Rettung: Downshifting

Viele Menschen mit Boreout gelangen irgendwann an einen Punkt, an dem sie sich wie in einer Tretmühle fühlen. Der Alltag hat sie fest im Griff, sie fühlen sich leer. Abhilfe kann das sogenannte „Downshifting“ schaffen. Ein Trend, der in den letzten Jahren zunehmend Anhänger findet.

Dahinter steckt der Gedanke, dass man sich von Konsum, Trends und Statusdenken freimachen muss. „Indem man sich auf das Wesentliche beschränkt, erfährt man häufig mehr Tiefe: Durch die Abkehr von Modediktaten und Statusdenken gewinnt der Einzelne eine neue, innere Freiheit, die viele als große Bereicherung erleben“, weiß der Experte Benjamin Martens.

Eine Strategie, die auch Boreout-Patienten helfen kann. Denn das „Downshifting“ kann auch bedeuten, die Arbeitszeit herunterzufahren, um mehr Zeit für sich zu haben. Auch wenn das finanzielle Einbußen bedeutet.

Wer es ganz konsequent macht, nimmt sich eine komplette Auszeit (Sabbatical) und macht ein Jahr mal etwas ganz anderes. Willkommen im „neuen“, selbstbestimmten Leben!

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4. Job sinnvoll gestalten

Warum leiden Selbständige so gut wie nie unter einem Boreout-Problem? Wer sich diese Frage beantwortet, kann wichtige Dinge über sein Problem im Job herausfinden.

Fakt ist: Der Selbständige steckt seine Energie in die Firma, weil er „für sich selbst“ arbeitet und sich mit seiner Arbeit identifiziert. Er trägt Verantwortung, hat Entscheidungsmöglichkeiten.

Indem wir als Angestellte mitdenken, Mängel erkennen und diese ansprechen, können wir dafür sorgen, dass wir so etwas wie Unternehmergeist entwickeln. Ist mein Job sinnvoll oder wäre er anders sinnvoller?

Mehr Eigenverantwortung übernehmen, eine Fortbildung oder Zusatzausbildung beantragen oder aus dem nicht ausfüllenden Vollzeitjob eine Teilzeitstelle machen – all das kann ein Lösungsweg sein.