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Nachts alleine unterwegs? So kannst du dich am besten schützen

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Selbstverteidigung: So kannst du dich schützen

Belästigung, Übergriffe & Co.: Jede Frau kennt dieses ständige Angstgefühl, wenn man nachts alleine unterwegs ist. So könnt ihr euch schützen.

Inhaltsverzeichnis

Wenn ich nachts alleine unterwegs bin, schlagen immer zwei Herzen in meiner Brust. Das eine, das mir sagt: Sei vorsichtig, es passiert viel zu viel, wenn man solo unterwegs ist. Das andere, das sagt: Es ist ein Unding, dass Frauen sich ständig darüber Gedanken machen müssen, ob sie alleine auch sicher sind.

Und dann siegt doch die Angst – oder die Vorsicht. Dann entscheide ich mich für die Jeans, statt den kurzen Rock und Schuhe in denen ich notfalls auch schneller gehen kann. Für den Umweg, statt den geraden Weg. Für die andere Straßenseite. Dafür, zu rennen. Und dieses Gefühl werden sicher viele Frauen kennen. Das macht einfach nur unfassbar wütend.

Lesetipp: Slut Shaming oder warum ein kurzer Rock noch lange keine Einladung ist!

Jede fünfte Frau wurde schon mal belästigt

Leider hat diese Wut an den Zahlen der Statistiken bislang nicht viel ändern können. Jeden Tag finden Übergriffe auf Frauen und Mädchen statt. Mitten unter uns, egal ob tags oder nachts. Seien es blöde Sprüche, anzügliche Bemerkungen oder dass man schamlos angestarrt wird. Dass einem jemand unter den Rock fotografiert, einen angrapscht, scheinbar zufällig Brust oder Hintern streift oder uns sonst wie sexuell belästigt.

Kaum eine Frau, die nicht bereits derartige Erfahrungen machen musste. Und mit einem „Herrje, wegen eines Klaps auf den Hintern ist noch niemand gestorben“ möchten wir uns echt nicht mehr auseinandersetzen müssen.

Laut einer Umfrage des Kinderhilfswerks Plan aus dem Jahr 2020, wurde bereits jede fünfte Befragte schon einmal belästigt, verfolgt oder bedroht. Das sorgt dafür, dass sich Frauen und Mädchen vor allem in Großstädten unsicher fühlen. Befragt wurden 1.000 Mädchen und Frauen zwischen 16 und 71 Jahren.

Mädchen und Frauen fühlen sich zudem in den Großstädten Berlin, Hamburg, Köln und München nicht immer sicher. Vor allem auf der Straße, aber auch in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Grünanlagen.

Und natürlich muss sich daran etwas ändern, dass Frauen diese Angst haben müssen. Dass sie als sexuelles Objekt gesehen werden, dessen ‚Nein‘ nicht gilt. Und dafür müssen wir uns immer wieder einsetzen, aber leider – Stichwort zwei Herzen in der Brust – müssen wir uns bei aller feministischer Wut auch schützen und eingestehen, dass wir uns sehr wohl auch der Situation anpassen müssen. Einfach zu unserer eigenen Sicherheit.

Und hier soll bewusst nicht gesagt werden, dass wir keine kurzen Röcke oder tiefen Ausschnitte mehr tragen dürfen. Oder, dass wir nachts nicht mehr allein unterwegs sein dürfen. Das wäre ein falsches Signal für alle Frauen. Dennoch sollten wir ein paar Dinge beachten, damit wir keine Gefahr laufen, unterwegs belästigt zu werden.

Und das macht es so schwer, diesen Artikel zu schreiben. Weil man sich eine Welt wünschen würde, in der man keiner Frau und keinem Mädchen erklären muss, was sie tun sollte, um sexueller Belästigung und Gewalt zu entgehen. Aber diese schöne Welt ist leider noch in weiter Ferne. Deshalb: Steht zu euren Rechten, aber passt auf euch auf und beachtet ein paar Dinge:

Auch lesen: Sexuelle Belästigung: Wo fängt sie an und wie wehre ich mich?

1. Pfefferspray und Angriff statt Verteidigung? Vorsicht

Ein körperlicher Übergriff ist immer eine ungewohnte Ausnahmesituation. Wenn wir dann eine Waffe dabei haben, kann die Situation schnell brenzlig werden. Klar. Wer sich mit Pfefferspray und Co. sicherer fühlt, sollte es dabei haben, aber besser ist es, immer erstmal einen Plan B zu haben, bevor man Waffen zum Einsatz bringt und die Situation direkt eskaliert.

Genauso ist es mit Selbstverteidigung. Oft hört man „Angriff ist die beste Verteidigung“. Aber eben nicht immer und nicht, wenn der Gegner körperlich ganz offensichtlich überlegen ist. Natürlich ist es wichtig und richtig, wenn wir uns verteidigen können, wenn wir bestimmte Griffe und Körperteile wissen, die für eine Attacke infrage kommen.

Aber wie mit den Waffen gilt auch hier: Das ist für den Ernstfall gedacht. Bevor es so weit kommt, sollten wir immer erstmal versuchen, uns der Situation zu entziehen oder zu deeskalieren, zum Beispiel, indem wir andere Passanten ansprechen oder andere Personen auf uns aufmerksam machen.

2. Sei wachsam und nicht abgelenkt

Oftmals sind wir abgelenkt, weil wir auf unser Handy schauen. Das macht uns womöglich eher zum Opfer. Deshalb bleib immer aufmerksam und hab deine Umgebung im Blick. Wenn sich unangenehme Personen oder Situationen auf deinem Weg ankündigen, also du sie früh genug erkennst, kannst du viel besser handeln. Sei es, den Weg zu wechseln, die Straßenseite, in einen Laden zu gehen, der noch geöffnet hat oder ein Taxi anzuhalten, das vielleicht gerade vorbeifährt. Sei wachsam, um Gefahren umgehen zu können. Das ist die beste Taktik.

3. Lass dich (virtuell) heimbringen

Es gibt jedoch auch Momente, in denen es sehr gut ist, das Smartphone bei sich zu haben. Zum Beispiel, um einem Täter zu suggerieren: „Ich bin im Gespräch mit jemandem, ich bin nicht alleine. Jemand würde die Situation bemerken.“ Wer niemanden hat, den er nachts anrufen kann: Es gibt Nummern, die ihr anrufen könnt und unter denen euch dann Guides am Telefon nachhause begleiten, bis ihr sicher gelandet seid.

Hier z.B. die Nummer vom Heimwegtelefon: 030 120 74 182 (ja, ist Berlin, gilt aber deutschlandweit)
Telefonzeiten sind allerdings nur: Freitag und Samstag 22 – 3 Uhr, Sonntag bis Donnerstag 20 – 24 Uhr

Es gibt auch Apps, wie die App „Komm Gut Heim“. Dabei wird der eigene Standort bestimmten Kontakten mitgeteilt, die die App auch haben. Sie werden dann per Push-Nachricht informiert, dass ihr auf dem Heimweg seid und vor allem, dass ihr heil gelandet seid. (Für iPhone und Android)

Die App „Companion“ funktioniert ähnlich. Ihr gebt zunächst eure Route ein und die App weist euch dann einen virtuellen Begleiter zu, der den Heimweg in Echtzeit verfolgt. Dafür muss der Begleiter die App selbst nicht installiert haben. Zudem gibt es zwei Buttons: „I am nervous“ und „Call the Police“-Button, der direkt an die Polizei geht. Gratis, z.B. hier für iPhone und hier für Android.

Es gibt noch mehr Apps dieser Art. Googelt doch einfach mal und sucht euch die App raus, die am besten für eure Zwecke taugt. Wichtig ist, sie im Notfall schnell parat zu haben.

4. Versuch keine Unsicherheit auszustrahlen

Wenn wir Angst haben, strahlen wir das auch aus. Und Täter suchen sich leider gezielt Menschen, die unsicher und ängstlich wirken. Deshalb mach dich groß, versuch selbstbewusst zu wirken, geh bestimmt und zügig deinen Weg.

Wenn man sich panisch umsieht, zieht man potenzielle Täter ungünstigerweise an wie die Motten das Licht. Also versuch souverän zu sein. Starre niemanden direkt an, der dir suspekt ist, sondern beobachte ihn unauffällig. Wenn dir jedoch die Situation so erscheint, dass es gefährlich wird, dann such Kontakt zu anderen Personen oder nimm notfalls die Beine in die Hand und lauf dahin, wo du nicht mehr alleine bist.

5. Frauen helfen Frauen: Sichert euch gegenseitig ab

Wichtig ist, dass ihr gegenseitig aufeinander aufpasst. Dass ihr nicht einfach abhaut, ohne jemandem Bescheid zu sagen oder eure Freundin im Club stehenlasst, weil ihr gerade jemand Spannendes getroffen habt und mit dem verschwinden wollt.

Frauen sollten aufeinander aufpassen, wenn sie unterwegs sind. Das sollte Ehrensache sein. Deshalb: Sagt euch gegenseitig, wenn ihr heim wollt und wenn ihr gut gelandet seid. Oder noch besser: Begleitet euch gegenseitig oder teilt euch ein Taxi.

Und statt sich direkt oder virtuell via App am Telefon heimbringen zu lassen, könnt ihr auch mit eben dieser Freundin telefonieren, bis ihr beide gut zu Hause gelandet seid.

All diese Tipps können hoffentlich dazu beitragen, dass ihr nachts sicher nach Hause kommt. Dennoch ist das übergeordnete Ziel natürlich, dass wir eine Gesellschaft mitgestalten, in denen wir nicht mehr über die andere Straßenseite und Notfalltelefonanrufe nachdenken müssen.