Das steht im Bürgerlichen Gesetzbuch
Langsam, langsam! Du solltest jetzt nicht gleich ins Kinderzimmer stürmen und deinem Kind genau das entgegenrufen. Schon gar nicht, wenn dein Kind mitten in der Pubertät steckt. Aber erst einmal zu den Fakten:
Gemäß §1619 BGB ist ein Kind „solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten.“
Bedeutet nicht mehr und nicht weniger als: Kinder sollten ihrem Alter entsprechend (zu Hause) mit anpacken. Wie oft sie das machen sollten, was genau diese Tätigkeiten umfassen oder wie lange sie dauern sollten oder dürfen, steht nirgends.
Warum es lohnenswert ist, über das Gesetz hinaus
Fragt man die Kids selbst, möchten sie natürlich am liebsten nichts zu Hause machen. Allerdings wäre das sehr schade, denn Groß und Klein profitieren maßgeblich davon, wenn alle mit anpacken. Was aus Sicht des Kindes vor allem weniger Arbeit für die Eltern und einfach mehr für sie selbst bedeutet, trainiert in Wahrheit:
Selbstständigkeit & Verantwortungsbewusstsein
Wer früh lernt, dass jede*r Aufgaben übernehmen muss oder kann, fällt später nicht aus allen Wolken. Kindliche Hausarbeit ist genau genommen ein Training fürs Leben. Denn ist man nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, muss man früher oder später selbst kochen, putzen, waschen und auch arbeiten. Da kommt es einem gelegen, wenn man weiß, was zu tun ist.
Soziale Kompetenz & Gemeinschaftssinn
Hausarbeit ist (für die meisten Menschen) ein lästiges Muss und alles andere als Vergnügen. Aber ein Muss, das sich in gemeinsamer Leistung schnell aus dem Weg räumen lässt. Packen Eltern und Kinder gemeinsam an, beim Spülmaschinen ein- oder ausräumen, Tisch decken, kochen und so weiter, lernen Kinder, was Solidarität ist und entwickeln Empathie. Sie lernen, dass man Dinge schneller schaffen kann, wenn man sie gemeinsam angeht.
Wann und wie Kinder mithelfen können
Schon Kleinkinder können einfache Dinge zu Hause übernehmen, angefangen beim Aufräumen von Spielzeug bis hin zum Einräumen der Spülmaschine. Grundschulkinder können durchaus schon Staubsaugen, ihre Wäsche selbst falten und wegräumen und auch schon bei einfachen Gerichten mitkochen. Und mit Beginn der Pubertät sollten Kinder lernen, wie man Wäsche wäscht, das Bad putzt oder den Wocheneinkauf plant.
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Das heißt nicht, dass dein Teenager von nun an jeden Samstag das große Bad putzen muss. Aber es schadet ihm nicht, wenn er oder sie das hin und wieder übernimmt. Denn dann weiß dein Teen, wie viel Arbeit das macht und achtet ganz automatisch darauf, dass zukünftig weniger Chaos entsteht. Hat dein Kind sogar ein eigenes Bad, dann kann er oder sie das regelmäßige Putzen ab 12/ 13 Jahren auch alleine übernehmen.
Motivation statt Druck
Bei all dem ist es wichtig, die eigenen Erwartungen zu drosseln – sowohl an die Bereitschaft des Nachwuchses als auch an die ersten Ergebnisse ihrer Mithilfe. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie werden immer wieder maulen und keine Lust haben. Droht nicht mit Strafen, wenn das vorkommt, sondern sucht nach Möglichkeiten der Motivation (aber bitte kein Geld! Warum, liest du hier.)
Erstellt gemeinsam einen Plan
Es gibt einfach Aufgaben im Haushalt, die fallen regelmäßig an. Genau die solltet ihr aufschreiben und fair verteilen. Ihr könnt ein rotierendes System aufstellen, so dass jeder mal alles machen muss oder ihr verteilt feste Dienste. Hauptsache, jeder hilft mit. Das schafft Klarheit und reduziert Konfliktpotential.
Vorbild sein
Wie bei vielem im Leben lernen Kinder auch in Sachen Haushalt und Pflichten durch Nachahmung. Erleben sie, wie ihre Eltern sortieren, putzen oder kochen, lernen sie ganz natürlich, was zählt und wie man mitanpackt. Sehen sie außerdem, dass mal Mama und mal Papa kocht und dass mal Papa und mal Mama das Bad putzt, sorgt man auch gleich dafür, dass keine Rollenklischees gefüttert werden.
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Achtung vor strategischer Inkompetenz
Irgendwann lernen Kinder (durch uns), dass sie ungeliebte Aufgaben vermeiden können, wenn sie sich nur schlecht genug anstellen. Das ganze nennt man auch ‚Strategische Inkompetenz‘, also das sich absichtlich Dummstellen, damit man etwas nicht machen muss. Keine Sorge, das versuchen alle Kinder (und das ist auch eine gern genutzte Methode von Männern, die ja „gar nicht wissen, wie eine Waschmaschine funktioniert“). Dem wirkt man idealerweise mit Engelsgeduld entgegen und lässt das Kind diese Aufgabe immer und immer wieder wiederholen. Bis sie sitzt. Klappt auch bei Männern.
Zwischen Pflicht und Kind sein
Kinder sollten hier und da im Haushalt helfen, ja, aber nicht, weil es ‚Gesetz ist‘, sondern weil sie davon profitieren (auch, wenn sie das anders sehen). Entscheidend ist, wie wir diese ‚Pflicht‘ im Alltag ausgestalten. Kinder profitieren enorm davon, wenn sie Verantwortung übernehmen dürfen: Sie lernen, dass ein Zuhause nur funktioniert, wenn alle mit anpacken. Sie entwickeln Selbstbewusstsein, weil ihr Beitrag sichtbar ist. Und sie spüren, dass sie ein wichtiger Teil der Familie sind.
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Aber: Kinder bleiben Kinder. Sie brauchen Zeit zum Spielen, zum Träumen, für Freunde und auch mal fürs Nichtstun. Wer ihnen zu viel auflädt, riskiert Überforderung. Genau das Gegenteil von dem, was eigentlich erreicht werden soll.
Die Kunst liegt also darin, Aufgaben altersgerecht zu dosieren und sie nicht als Strafe, sondern als selbstverständlichen Teil des Zusammenlebens zu verstehen. Dann wird Hausarbeit auch nicht zur Belastung.
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