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Expertentipps: So vermeidest du typische Probleme in einer Patchworkfamilie

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Das erleichtert euch das Familienleben als Patchworkfamilie

Ein neuer Partner oder eine neue Partnerin und schon ist sie fertig, die Patchworkfamilie. Damit das Zusammenführen von neuem Partner bzw. Partnerin und Kindern besser klappt, haben wir Expertenrat eingeholt.

Kommt ein neuer Partner oder eine neue Partnerin in eine Familie, kann das sehr anstrengend für alle Parteien sein. Wie man das Projekt Patchworkfamilie am besten startet, damit alle sich wohlfühlen, erfahrt ihr hier.

Inhaltsverzeichnis

In Deutschland gibt es immer mehr Patchworkfamilien. Familien, die aus zwei erwachsenen Personen und mindestens einem Kind bestehen, wobei das Kind nur von einem Elternteil stammt.

Gerade für Kinder kann die ungewohnte Situation in der neuen Stieffamilie schwierig sein. ​Schließlich muss man sich an das Patchworkelter erst gewöhnen. Kommen dann auch Stiefgeschwister ins Spiel, bekommt der Wortteil ‚work‘ (Arbeit) in Patchworkfamilie eine ganz neue Bedeutung.

Denn damit die neue Patchworkfamilie funktioniert, sich alle wohlfühlen und miteinander auskommen, ist Arbeit und vor allem Kompromissbereitschaft gefragt.

Patchworkfamilie: Das sind typische Probleme

Einige Kinder tun sich schwer damit, den oder die neue*n Partner*in an der Seite von Vater oder Mutter zu akzeptieren. Viele wünschen sich stattdessen, dass die Eltern wieder zusammenkommen. Ist das ausgeschlossen, möchten sie das Elternteil lieber für sich allein haben. Eine neue Frau bzw. ein neuer Mann bedeutet da schlichtweg Konkurrenz um die Gunst von Mama oder Papa.

Eltern sollten dafür Verständnis zeigen. Viele Kinder fühlen sich durch den Verlust des einen Elternteils sowieso schon verunsichert und allein gelassen. Die Folge kann sein, dass die Kleinen bockig reagieren, Streit anfangen oder den „Eindringling“ in die Familie nicht akzeptieren.

Wir haben mit Diplom-Psychologin Katharina Grünewald über die typischen Probleme einer Patchworkfamilie gesprochen und nachgefragt, wie man sie am besten bewältigt.

Ganz wichtig vorneweg: Nehmt alle Probleme ernst und sprecht offen über alles – mit den Kindern und mit dem bzw. der Partner*in.

Noch ein Tipp: Hört mal in den Patchwork-Podcast ‚Ein Viertel Mama, ein ganzer Papa‘ rein (auf allen bekannten Podcast Plattformen zu finden). Hier unterhalten sich die erfahrenen ‚Patchworker‘ Marion und Florian mit Psychologin Alex über alltägliche Probleme in einer Patchworkfamilie und geben hilfreiche Tipps.

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5 Tipps der Expertin

Diplom-Psychologin Katharina Grünewald hat fünf Regeln parat, die das Leben als Patchworkfamilie erleichtern. Für sie ist dabei ganz wichtig: Jede Familie und jede Situation ist anders. Was für den einen klappt, kann beim nächsten total in die Hose gehen. Bleibt euch deswegen selbst treu, vergleicht euch nicht mit anderen und habt Geduld.

1. Lasst die rosarote Brille daheim und unterschätzt die Situation nicht. Probleme lösen sich nicht von selbst, Konflikte müssen aktiv angegangen werden.

2. Niemand ist perfekt und gewinnt innerhalb kürzester Zeit das Vertrauen von anderen Menschen. Erwartet nicht, dass ihr euch mit den Stiefkindern des oder der neuen Partner*in auf Anhieb total gut versteht.

3. Definiert die neuen Beziehungen, die entstehen. Macht den Kindern klar, dass, nur weil ein* neue*r Partner*in da ist, man das Kind nicht weniger liebt. Der neue Partner oder die neue Partnerin soll den Ex nicht ersetzen.

4. Lasst euch Zeit mit dem Einführen von Veränderungen. Bereitet die Kinder langsam auf die neue Person im Leben vor. Führt Veränderungen schrittweise ein.

5. Entwickelt neue Rituale als Patchworkfamilie. Auf diese Weise hat das Kind nicht das Gefühl, als würde sich eine neue Person in das Altvertraute hineindrängen. Vergesst darüber alte Rituale nicht, die das Kind vor der Trennung mit seinen (leiblichen) Eltern hatte.

Das Sorgerecht

Auch nach einer Trennung ändert sich nichts an den Verhältnissen beim Sorgerecht. Haben in der Beziehung die leiblichen Eltern das geteilte Sorgerecht, bleibt dieses auch nach einer Trennung bestehen (sofern es keine gerichtliche Änderung gibt).

Das Stiefelternteil hat kein Sorgerecht für das Kind des oder der Partner*in. Auch nicht nach einer Hochzeit. Das bedeutet auch, dass ein Stiefelter streng genommen nicht erzeihungsberechtigt ist. Stiefmutter oder -vater darf allerdings Entscheidungen des täglichen Lebens treffen. Man sagt auch, Stiefeltern haben das kleine Sorgerecht.

Wann und wie stellt man den oder die neue*n Partner*in vor?

Laut Psychologin gibt es nicht den perfekten Zeitpunkt oder Ort, um dem Kind von seinem neuen Partner oder der neuen Partnerin zu erzählen. Manchmal ist die Wohnung der richtige Ort, manchmal ein Ausflug auf neutralem Boden. Ihr müsst selbst entscheiden, was für euch der richtige Weg ist.

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Ganz wichtig: Ihr solltet euch der Gefühle für die neue Person in eurem Leben sicher sein. Nur so zeigt ihr euren Kindern, dass da jemand Neues ist, der euch sehr wichtig ist und der von nun an Teil eures Lebens sein wird.

Sagt euren Kindern deutlich, dass ihr hofft, dass alle gut miteinander auskommen, weil sich an der neuen Konstellation nichts ändern wird. Macht aber auch klar, dass der neue Partner bzw. die neue Partnerin kein Mutter- bzw. Vaterersatz ist.

Was viele beim ersten Treffen vergessen: Der neue Partner, die neue Partnerin sollte sich dem Stiefkind vorstellen. Er oder sie sollte über sich erzählen und selbst herausfinden, welche Interessen das Kind hat.

Schubladendenken sollte vermieden werden. Nur weil es ein Mädchen ist, muss das nicht heißen, dass es Pferde liebt und gerne mit Barbies spielt. Oder das der kleine Junge Fußball spielt.

Stiefmutter: Hilfreiche Verhaltenstipps

Schon im Märchen wird die Stiefmutter als böse dargestellt, man denke an Schneewittchen, Aschenputtel oder Hänsel und Gretel. Klar, das sind nur Märchen. Doch Stiefmütter haben es oft besonders schwer mit den Kindern des neuen Partners oder der neuen Partnerin.

Sie wollen meist alles so gut wie möglich machen, eine echte Bindung aufbauen, Eine Beziehung zum Stiefkind und Vertrauen schaffen. Und ernten eisige Blicke, zickige Kommentare oder Schweigen. Woran liegt’s?

Für Diplom-Psychologin Katharina Grünewald steht fest: Viele Stiefmütter wollen zu viel auf einmal. Sie geben sich allergrößte Mühe, um das Vertrauen des Kindes zu erlangen. Kochen das Lieblingsessen, schlagen ausgefallene Ausflüge vor. Verfallen sehr schnell in die Mutterrolle. Dabei vergessen sie, dass das Kind schon eine Mutter hat.

Auch wenn es schwerfällt: Stiefmütter sollten ein wenig Distanz wahren, es nicht krampfhaft versuchen, es allen Familienmitgliedern Recht zu machen. Klar, man kann dem Kind sein Lieblingsessen kochen, aber man sollte selbst auch Appetit darauf haben. Dann ist die Enttäuschung nicht so groß, wenn das Stiefkind aus Trotz das Essen verweigert.

Versucht, die Ablehnung nicht persönlich zu nehmen. Gebt dem Kind Zeit und versucht euch in die Rolle des Kindes hineinzuversetzen. Macht klar, dass ihr die Mutter nicht ersetzen möchtet.

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Stiefvater: So wird das Verhältnis zu den Kindern besser

Haben es Stiefväter leichter als die Stiefmutter? Nicht unbedingt. Schließlich hat das Kind meist eine sehr tiefe Bindung zur Mutter und möchte sie auf keinen Fall teilen, nachdem es schon den Vater verloren hat. Hier kommt es oft zu Eifersüchteleien und Streit.

Katharina Grünewald: Stiefväter haben es in der Hinsicht leichter, da die Vaterrolle sehr flexibel ist. Als Vater kann man sich nur am Wochenende um die Kinder kümmern oder super aktiv mit ihnen sein – alles ist in Ordnung. In der Regel kommt es nicht zum Konkurrenzkampf mit dem leiblichen Vater.

Was allerdings zu einem Problem werden kann, sind die Verantwortungsbereiche. Manche Stiefväter möchten ein Mitspracherecht bei der Erziehung des Stiefkindes und bekommen das von der Mutter nicht. Hier müssen die Erwachsenen untereinander klären, wie das Zusammenleben und das Thema „Entscheidungen finden“ auszusehen hat.

Gegen Eifersüchteleien hilft, wenn das Kind spürt, dass es von allen Seiten geliebt wird. Mutter und Kind sollten sich gezielt Zeit nehmen und regelmäßig etwas ganz allein machen.

Stiefgeschwister untereinander: So wird’s harmonischer

Es kann gut gehen, aber auch zu richtig viel Stress führen: Treffen Stiefgeschwister aufeinander, bilden sich Freundschaften oder Feindschaften. Ständige Streitereien im Kinderzimmer gehören oft zur Tagesordnung.

Dazu meint Diplom-Psychologin Katharina Grünewald: Haben beide Partner*innen Kinder, müssen auch die sich zusammenraufen. Schließlich werden hier Positionen durcheinandergewirbelt. War man bisher in seiner Familie vielleicht der Älteste, hat man in der neuen Stieffamilie jetzt vielleicht eine ältere Schwester oder einen großen Bruder.

Auch wenn es den Erwachsenen schwerfällt: Mischt euch nicht ein. Für die Kinder ist es wichtig, dass sie ihre neue Position in der Familie finden. Und das geht in der Regel nur durch diese kleinen Machtkämpfe.

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Macht jedoch klar, dass ihr beide ein offenes Ohr habt und euch die Sorgen und Nöte gern anhört.

Was tun bei Stress mit dem Ex?

Richtig unangenehm wird’s, wenn eine*r der Ex-Partner*innen die Trennung nicht akzeptieren kann, die neue Beziehung angreift und ständig Probleme macht. Auf diese Weise werden die Kinder regelmäßig aufgestachelt und jeder Ausflug, Urlaub und Feiertag wird zum Problem.

Diplom-Psychologin Katharina Grünewald sagt dazu: Streit mit dem Ex ist ein komplexes Problem, das sich nicht so einfach lösen lässt. In der Regel müssen sich beide Seiten einig werden. Was für den Anfang hilft, ist, sich nicht auf alle Provokationen einzulassen. Geht nicht auf Streitereien ein, beantwortet zum Beispiel die wütende Email ganz sachlich.

Im nächsten Schritt solltet ihr versuchen, euch in den Ex-Partner bzw. die Ex-Partnerin hineinzuversetzen. Manchmal kann es helfen, sich zu fragen, warum er oder sie wütend ist, ob man selbst etwas dazu beigetragen hat.

Streitpunkt Familienfeiern

Wer feiert wann, wo und mit wem? Familienfeste wie Weihnachten, Ostern oder auch Geburtstage sind in Patchworkfamilien ein echtes Problem. Natürlich wollen alle zusammen mit den Kindern feiern. Das klappt meist nicht, weil sich die Ex-Partner*innen nicht mehr so gut miteinander verstehen.

Diplom-Psychologin Katharina Grünewald rät dazu, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob eine Familienfeier mit allen Sinn macht oder doch nur zu Streitereien führt. Wenn der Streit schon vorprogrammiert ist, sind getrennte Feiern besser. Geht es um Feiern wie den ersten Schultag, die Kommunion, etc., sollte man als Stiefmutter oder -vater fragen, ob man auch kommen darf. Und sich vorher genau überlegen, warum man das möchte und wie das leibliche Elternteil das Ganze wohl sieht.