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Die Pille für den Mann – kommt sie jetzt doch?

Pille für den Mann
Pille für den Mann Credit: Adobe Stock

Zum Sex gehören immer zwei – trotzdem ist meist die Frau für die Verhütung zuständig. Das Thema Pille für den Mann taucht immer mal wieder in den Medien auf – doch wie sieht es mit dem aktuellen Forschungsstand aus? Kommt bald die Pille für den Mann?

Inhaltsverzeichnis

Seit über 60 Jahren ist die Antibabypille in Deutschland erhältlich und hat sich mit der Zeit als Verhütungsmittel Nr. 1 durchgesetzt. Neben Alternativen für Männern, wie etwa dem Kondom oder der Sterilisation, scheint die Forschung seit Jahrzehnten auf dem Schlauch zu stehen. Doch nun haben Forschende vielleicht einen Durchbruch für die männliche Verhütungswelt geschafft.

Die Pille für den Mann – kommt sie jetzt doch?

Für Frauen wird die Pille immer unbeliebter

Trotz des einst großen Erfolges wird die Verhütung durch zugesetzte Hormone unter jungen Frauen immer unbeliebter: das zeigen die Daten einer Analyse der AOK. Nur noch 35 Prozent der Befragten gaben an, die Pille als Verhütungsmittel zu nutzen – im Jahr 2010 waren es noch rund 46 Prozent. Ein Rückgang kann mit dem wachsenden Bewusstsein hinsichtlich der Nebenwirkungen und Risiken der Pille, insbesondere dem Eingriff in den Hormonhaushalt zu tun haben.

So funktioniert die Pille für den Mann

Ein Forscherteam um den New Yorker Pharmakologie­professor Lonny Levin verfolgt nun einen neuen Ansatz, der viel Hoffnung mit sich bringt:
Bei der Pille für den Mann werden die Spermien dabei für einen gewissen Zeitraum blockiert – 24 Stunden nach der Einnahme soll die Fruchtbarkeit wieder vollständig vorhanden sein.

Ein wichtiger Bestandteil ist dabei der Wirkstoff TDI-11861 – dieser blockiert das Enzym lösliche Adenylylzyklase, welches zur Aktivierung und Beweglichkeit der Spermien beiträgt.

Laut Studie soll die Pille bisher keine bis wenige Nebenwirkungen haben: Ein Risiko würde nur bestehen, wenn das Enzym auf Dauer fehlt – dadurch könnte die Gefahr für Nierensteine oder ein Glaukom zunehmen.

Lesetipp: Pille absetzen – Das passiert mit deinem Körper

Forschungsergebnisse mit Potenzial

Für die Untersuchungen wurden zunächst Tierversuche durchgeführt. Männlichen Labormäusen wurde ein Mittel mit der Substanz TDI-11861 verabreicht. Nach knapp 30 Minuten setzte die Wirkung ein und die Spermien der männlichen Mäuse wurden gelähmt. Zwei Stunden lang lag die Wirksamkeit bei 100 Prozent, drei Stunden später weiterhin hoch bei 91 Prozent. Nach den 24 Stunden war die Fruchtbarkeit wieder vollständig hergestellt – ohne Einfluss auf das Sexualverhalten der Tiere.

Weitere Studien zur männlichen Verhütung

Es sei dazu gesagt, dass es nicht DIE Pille für den Mann gibt. Vielmehr ist der Begriff ein Oberbegriff für diverse Methoden, an denen in den letzten Jahren herum geforscht wurde. Er umfasst also sowohl orale Medikamente als auch Testosteron-Spritzen. Auch das sogenannte „Hormon-Gel“, das Männer sich auf die Brust auftragen können, fällt darunter.

Letztlich überzeugen konnte bislang keine der Methoden: Laut einem Artikel des MDR waren die Nebenwirkungen bisher zu groß. Männliche Probanden klagten unter anderem über eine Gewichtszunahme und Depressionen – wobei genau diese bekannten Begleitsymptome auch Nebenwirkungen der Pille für die Frau sind.

Spermien durch Präparat blockieren
In der Forschung wurden schon in der Vergangenheit Untersuchungen gestartet, ein wirksames Verhütungsmittel für den Mann herzustellen. Wissenschaftler*innen der Universität in Minnesota haben bereits Versuche an Mäusen unternommen, indem sie die Rezeptoren für Retinsäure, eine Form von Vitamin A, die für die Spermienbildung wichtig ist, blockierten. Damit konnte die Zeugungsfähigkeit der Mäuse bis zu 99 Prozent reduziert werden – allerdings erst nach 4 Wochen der Einnahme des Wirkstoffes.

In weiteren Versuchen mit Makaken konnte ein Protein die Schwimmfähigkeit der Spermien hemmen – die Wirkung des Proteins ließ mit 30 Stunden allerdings auch auf sich warten.

Pflanzliche Verhütungsmittel
Ein vielversprechendes Verhütungsmittel hatten vor einigen Jahren Forschende der University of California in Berkeley vorgestellt: Dabei handelte es sich um ein pflanzliches Verhütungsmittel ohne bekannte Nebenwirkungen.

Das Forscherteam fand bei Untersuchungen heraus, dass die beiden Pflanzenstoffe Lupeol und Pristimerin eine bremsende Wirkung auf männliche Spermien haben. In den Experimenten wurden Spermien so manipuliert, dass sie zu langsam sind, um in die Eizelle einzudringen.

Die Sicherheit dieser Methode ist allerdings nicht klar wissenschaftlich bewiesen und kann aufgrund von äußeren Einflussfaktoren, wie etwa der Ernährung und Stress seine Wirkung verlieren – das Risiko einer Schwangerschaft könnte demnach nicht ausgeschlossen werden.

Trotz alledem wird weiterhin an der Methode festgehalten: Die Forschungsleiterin Polina Lishko sagte gegenüber dem US-Magazin Wired, man könne bereits aus besagten Pflanzenstoffen ein Notfallverhütungsmittel herstellen, das zehnmal stärker sei als die Pille danach.

Außerdem könnte die pflanzliche Verhütungsmethode sowohl für Männer als auch für Frauen interessant sein, da diese hormonfrei und ohne schwerwiegende Nebenwirkungen ist.

Lesetipp: Hormonfreie Verhütung – Diese Möglichkeiten gibt es

Ein Umdenken bei der Verhütung

Ob das Präparat nun auf den Markt kommt oder nicht: Frauen sollten damit anfangen, Männer mehr in die Verantwortung zu ziehen. Denn zum Sex gehören immer zwei Personen: Das Selbstverständnis, allein für die Verhütung zuständig zu sein, muss von Frauen genauso hinterfragt werden, wie von Männern. Auch wenn es mittlerweile Verhütungsmethoden ohne hormonelle Zusätze auf dem Markt gibt – es muss dringend nach Möglichkeiten geforscht werden, die sicher und zugänglich für alle sind.

Natürlich haben viele Männer auch Hemmungen etwas zu nehmen, dass ihre Spermienproduktion hemmt oder unterdrückt. Die Angst, danach nicht mehr zeugungsfähig zu sein, ist eben groß. Aber wer denkt an all die Frauen, die durch die Pille unter Libidoverlust, Thrombosen, Stimmungsschwankungen, Migräne oder Wassereinlagerungen leiden?

Es wäre also der perfekte Zeitpunkt, das Thema Verhütung mit dem Partner neu zu verhandeln und gemeinsam neue Wege zu gehen.

Bevor die Pille für den Mann allerdings auf den Markt kommt, müssen die Wirkstoffe auch an Menschen getestet werden. Bisherige Untersuchungen haben sich ausschließlich auf Tierversuche beschränkt. Falls das Präparat aber keine negativen Überraschungen in den kommenden Untersuchungen mit sich bringt, könnten viele Frauen in Zukunft erleichtert aufatmen.