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Hilfe für Schwangere & Mütter in Not: Bitte kein Schamgefühl!

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WFT: Schwangere in Not

Während eine Schwangerschaft für viele Frauen etwas absolut Positives ist, kann sie andere in eine echte Krise stürzen. Auch das Muttersein kann überfordern. Sich das einzugestehen und Hilfe zu holen, kann schwierig sein. Wir wollen, dass das aufhört!

In unserer Reihe „Supporting Women“ wollen wir auf Missstände mitten unter uns hier in Deutschland aufmerksam machen. Damit ein Bewusstsein entsteht, über Diskriminierung und Ungerechtigkeiten, die leider immer noch an der Tagesordnung sind.

Eine Schwangerschaft und Kinder zu haben, verändert das Leben grundlegend. Und genau deshalb ist es eben nicht für jede Frau eine große Freude zu erfahren, dass sie ein Kind bekommen wird, sondern kann auch zur großen, fast unüberwindbaren Belastung werden.

Während Männer sich ‚einfach‘ der Situation entziehen können, muss sich eine schwangere Frau mit ihrer Lage auseinandersetzen. Sie kann nicht einfach nichts tun und hoffen, dass alles gut werden wird. Sie wird dieses Kind bekommen oder muss sich, sofern es (noch) möglich ist, gegen das Kind entscheiden.

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Dabei ist es egal, wie die Lebensumstände einer Frau sind. Eine ‚überraschende‘ oder gar ungewollte Schwangerschaft kann jede Frau verunsichern, Angst und vor allem hilflos machen. Und auch nach der Geburt kann jede Frau Schwierigkeiten haben, das Kind anzunehmen oder ihr Leben mit Kind zu gestalten. Wer sozial gefestigt lebt, die finanziellen Mittel hat und vereinfacht gesagt sein Leben im Griff hat, findet oft selbst einen Weg aus der Krise.

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Doch gerade Frauen, die von Armut bedroht sind, denen Gewalt droht, die bereits Gewalt erleben oder die nie gelernt haben, was es heißt, ein strukturiertes Leben (mit Kind) zu leben, sind auf Hilfe angewiesen. Hilfe, die es bereits gibt, die aber nur in Anspruch genommen werden kann, wenn man bereit ist, zu verstehen und sich einzugestehen, dass man diese Hilfe braucht. Das ist der schwierigste Schritt.

Denn unsere Gesellschaft macht uns auch heute noch Glauben, dass Frauen zum Kinderkriegen geboren sind. Dabei ist Kinder kriegen und vor allem sie großzuziehen ein Job. Ein unterbezahlter und nicht ausreichend gewürdigter noch dazu. Nicht jede Frau ist für diesen Job geboren und doch kann sie gezwungen sein, ihn auszuüben. Diese Frauen allein zu lassen mit ihrem Schicksal kann fatale Folgen haben. Für sie selbst, aber auch für ihr(e) Kind(er).

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Hilfe holen ist keine Schwäche

Schwangere und Frauen mit Kindern können aus den unterschiedlichsten Gründen in eine Notsituation geraten. Sehr oft sind es finanzielle Nöte. Aber auch Gewalt in der Partnerschaft, eine drohende Obdachlosigkeit oder der plötzliche Jobverlust können Schwangere und alleinerziehende Frauen mit Kindern in eine scheinbar ausweglose Situation drängen.

Vor allem finanziellen Sorgen sind, wie mir Jochen Beuckers, Mitgründer des Vereins „Bausteine für das Leben e.V./Haus Heisterbach“* im Gespräch erklärt, oft viel mehr als ‚zu wenig Geld haben‘. Denn sie sind die Folge der Lebensumstände, in denen die Frauen sich befinden. Einige haben nie gelernt, mit Geld umzugehen, andere haben jeher in Abhängigkeit ihres Partners gelebt, müssen und wollen sich jetzt aber trennen und wieder andere sind schlichtweg überfordert vom alltäglichen Leben mit Kind, begleichen keine Rechnungen oder haben Schulden. Auch ein plötzlicher Job- oder Wohnungsverlust kann schwangere und alleinerziehende Frauen in akute Not bringen.

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Deshalb sei es wichtig, so Beuckers, unterschiedlichen Frauen mit ihren unterschiedlichen und doch gleichen Sorgen, nämlich ihr Leben (mit Kind) sorgenfreier leben zu können, zu helfen. Und diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist alles andere, als ein Grund sich schämen zu müssen. Ganz im Gegenteil. Es erfordert großen Mut und Stärke, sich einzugestehen, dass man etwas nicht alleine schafft und sich die Hilfe holt, die man braucht.

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Welche Hilfsmöglichkeiten gibt es?

So ausweglos die Situation, in der sich schwangere Frauen oder Mütter auch befinden, scheinen mag, es gibt immer einen Weg. Deshalb braucht es die Aufmerksamkeit von uns allen. Vor allem in der aktuellen Zeit, in der wir uns, bedingt durch die Corona-Pandemie, sozial distanzieren. Nicht nur andere Menschen rücken so in die Ferne. Auch Hilfsangebote können für betroffene Frauen unerreichbar scheinen.

Dabei sind viele von ihnen nur einen Anruf entfernt.

Hilfe für schwangere Frauen in Not:
Egal ob akut oder nicht, Frauen in einer Notlage erreichen das Hilfetelefon ‚Schwangere in Not‘ rund um die Uhr, an sieben Tagen der Woche. Vertraulich und auf Wunsch anonym können Frauen mit allen Fragen und Ängsten zur Schwangerschaft per Telefon oder Online-Beratung Kontakt aufnehmen. Die Berater sind gesetzlich verpflichtet, alles, worüber gesprochen wird, vertraulich zu behandeln.
Telefon: 0800- 40 40 020
Online-Beratung unter:
Beratung & Geburt vertraulich

Zudem gibt es die Möglichkeit, sich vor Ort beraten zu lassen, auch in der Corona-Zeit. Schwangerschaftsberatungen werden angeboten von profamilia, der AWO, des DRK und vielen mehr.

Auch in ‚rein‘ finanziellen Notlagen kann ein Termin bei der Schwangerschaftsberatung erste Einblicke in die verschiedenen Hilfsmöglichkeiten geben. Die ‚Bundesstiftung Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens‚ unterstützt schwangere Frauen ebenfalls ‚auf unbürokratischen Wegen‘ mit ergänzender finanzieller Hilfe.

Hilfe für alleinerziehende Mütter und ihre Kinder
In sogenannten Mutter-Kind-Einrichtungen finden alleinerziehende Frauen mit Kindern und auch Schwangere die Hilfe, die sie benötigen, wenn sie sich in einer Notsituation befinden. Eine Übersicht über deutschlandweite Einrichtungen findet ihr auf socialnet. Das Netzwerk für die Sozialwirtschaft.

Der Weg in eine solche Einrichtung, so erklärt es mir Jochen Beuckers vom ‚Haus Heisterbach‚, beruht eigentlich nur auf einer Voraussetzung, der ‚Freiwilligkeit der Frauen‘. Denn helfen können Einrichtungen, mit ihren Begleitern und Maßnahmen nur, wenn die Frauen bereit seien, etwas in ihrem Leben zu verändern. Sie müssen es wollen.

In einer Einrichtung wie dem Haus Heisterbach geht es dann darum, den Frauen Wege an die Hand zu geben, ihr Leben eigenständig zu bestreiten. Die ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ ist das Motto, unter dem im Haus Heisterbach die Arbeit steht. Dafür bietet die Einrichtung den Frauen und ihren Kindern einen geschützten Raum, in welchem sie die Ängste oder Lebenssituationen, welche sie zu erdrücken schienen, vergessen können, um neu zu starten. Für einen begrenzten Zeitraum von rund ein bis zwei Jahren lernen die Frauen, ihren Alltag zu bestreiten. Von Behördengängen bis hin zum Kochen, vom Umgang mit dem Kind bis zur Stärkung der Beziehung zu ihm, in den Einrichtungen stehen den Frauen Menschen zur Seite, die sie, wenn nötig, bei all dem unterstützen.

Ziel von Mutter-Kind-Einrichtungen wie dem Haus Heisterbach ist es, den Frauen und Kindern ein ’normales‘ Leben zu ermöglichen. Erst im Schutz der Einrichtung, anschließend aber vor allem außerhalb.

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*Der Verein ‚Bausteine für das Leben e.V./Haus Heisterbach‘ existiert seit 26 Jahren und ist ein Hilfs- und Informationszentrum für schwangere und alleinerziehende Frauen und ihre Kinder, die sich in einer Notlage befinden. Es finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Die Mehrheit der rund 70 Mitarbeiter arbeitet dort ehrenamtlich. Das Motto in ‚Haus Heisterbach‘ heißt, ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ und so arbeiten Schwangere und Alleinerziehende mithilfe von Begleitern und jeder Menge Unterstützung daran, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und einzunehmen.

Ausführliche Informationen zur Arbeit in ‚Haus Heisterbach‘ findet ihr auf der Webseite der Initiative.

Quellen:
Studie „Bundesstiftung Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens“
Haus Heisterbach