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Ein Erfahrungsbericht: Wie es ist, Stammzellen zu spenden

Schöne, ernsthafte Frau im herbstlichen Park. Die Arme auf der Brust gekreuzt. Haarsträhnen wehen im Wind.
Stammzellspende: So fühlt es sich an, (hoffentlich) jemandem das Leben zu retten Credit: Adobe Stock/ Irina Polonina

Es war ein bisschen anstrengend und hat mich echt Überwindung gekostet, aber im Nachhinein war es ein überwältigend befriedigendes Gefühl, Stammzellen gespendet und damit vielleicht ein Menschenleben gerettet zu haben. Hier mein Erfahrungsbericht zur Stammzellenspende.

Inhaltsverzeichnis

Jeden Tag erkranken Menschen an Blutkrebs. Das weiß fast jeder. Fast jeder weiß auch, dass für viele Blutkrebspatienten eine Stammzell- oder Knochenmarkspende die letzte Rettung sein kann. Und doch lassen sich immer noch viel zu wenige Menschen als potenzielle Spender registrieren.

Ich war auch lange Zeit zu faul oder zu bequem oder einfach zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um mir darüber Gedanken zu machen. Aber als ein Kind im Kindergarten meines Sohnes an Blutkrebs erkrankte, hat mich das berührt. Plötzlich war der Krebs so real und nah, dass er mir viel bedrohlicher vorkam. Also registrierte ich mich bei der DKMS als Knochenmarkspender.

Fast fünf Jahre lang passierte nichts. Und dann bekam ich einen Anruf: „Sie kommen als Stammzellspender infrage. Sind Sie noch bereit, zu spenden?“

Gesundheitsfragebogen und Bestätigungstypisierung

Klar, war ich bereit dafür. Ohne Wenn und Aber und am liebsten sofort. Schließlich hatte ich mich genau deshalb angemeldet. Aber so schnell ging es dann doch nicht. Denn ich musste nicht nur mein Einverständnis zur Spende geben, sondern natürlich auch körperlich dazu in der Lage sein.

Deshalb folgte direkt am Telefon ein erster Medizin-Check per Fragebogen und die Beantwortung vieler Fragen über Allergien, Unverträglichkeiten, frühere OPs und und und.

Und ich erfuhr, dass bei mir keine Knochenmarkspende im eigentlichen Sinne vorgenommen werden würde. Ich würde Stammzellen spenden und die werden „einfach“ aus dem Blut gefiltert (man nennt das periphere Stammzellspende) und nicht, wie ich zuerst dachte, über eine Knochenmarksentnahme inklusive OP. Mir fiel ein Stein vom Herzen, denn vor einer Operation hatte ich wirklich Respekt.

Nach diesem ersten bürokratischen Akt per Telefon musste ich im nächsten Schritt eine Blutprobe einsenden, damit endgültig bestätigt werden konnte, dass ich tatsächlich als Spender für einen Patienten infrage komme. Für die sogenannte Bestätigungstypisierung wurde mir ein Blutentnahme-Set zugesandt, mit welchem ich einfach zu meiner Hausärztin marschiert bin. Die hat das Blut abgenommen, ich habe es weggeschickt und fertig.

Bereits am Telefon wurde mir gesagt, dass die Bestätigungstypisierung Zeit braucht. Es könnte bis zu 12 Wochen dauern, bis sich erneut jemand bei mir melden würde. Ich solle mir keine Gedanken machen, wenn es also eine Weile ruhig sei.

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Und dann kam er, der Anruf

Bereits vor Ablauf der 12 Wochen kam er, der Anruf, auf den ich gewartet hatte. Meine Gewebemerkmale passten. Ich würde Spenderin für einen Blutkrebspatienten sein. Ich würde, sollte alles glattlaufen, einem anderen Menschen das Leben retten können.

Das zu wissen, fühlte sich verdammt gut an und auch ein bisschen beängstigend. Denn man kann sich vorstellen, dass der Patient – wer auch immer er sein mochte – alle Hoffnung in diese Spende setzt.

Vor der Spende gab es aber noch zwei Dinge zu erledigen. Zwei Wochen vor der Spende wurde ich bei einer körperlichen Untersuchung von Kopf bis Fuß durchgecheckt. Und fünf Tage vor der Spende musste ich mir zweimal täglich das Hormon G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierende Faktor) spritzen, das meine Stammzellen aktivierte und dazu führte, dass sie aus dem Knochenmark in mein Blut übergingen.

Ich hatte mich dafür entschieden, mich selbst zu spritzen, anstatt jemanden kommen zu lassen. Das war anfänglich eine riesen Überwindung, aber schon an Tag zwei kein Problem mehr.

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Der Tag der Spende

Ich dachte, am Tag der Spende wäre ich aufgeregt und nervös und ängstlich. Tatsächlich aber war ich ruhig und entspannt, auch dank der Mitarbeiter in meiner Entnahmeklinik. Um die Stammzellen nun also aus meinem Blut zu filtern, wurde ich an einen Zellseparator angeschlossen.

Das bedeutete, einen Zugang am rechten Arm und einen am linken zu legen. Am linken Arm wurde das Blut raus und in den Zellseparator gepumpt. Über den Zugang am rechten Arm wurde das gefilterte Blut zurück in meinen Körper geführt.

Mehr musste ich nicht tun und nach ca. 3,5 Stunden war ich auch schon fertig. Die Stammzellen waren eingetütet und würden binnen 72 Stunden beim Empfänger, meinem genetischen Zwilling, wie man gerne sagt, ankommen und ihm hoffentlich dabei helfen, gesund zu werden.

Nun heißt es warten

Und nun heißt es warten. Darauf, dass ich nachfragen kann, ob meine Stammzellen helfen konnten. Denn erst 6–8 Wochen nach der Transplantation der Stammzellen wird erkennbar, ob der Körper des Empfängers sie angenommen hat. Und auch dann ist er nicht geheilt oder gilt als gesund, denn ein Rückfall oder andere Komplikationen können weiterhin auftreten.

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Ich warte natürlich darauf, zu erfahren, wer der Empfänger meiner Stammzellen ist. Erst zwei Jahre nach einer erfolgreichen Spende darf man das erfahren. Denn in dieser Zeit kommt es vermehrt zu Rückschlägen für Blutkrebspatienten und unter Umständen kann noch eine Spende von mir benötigt werden.

Damit ich als Spender unvoreingenommen entscheiden kann, ob ich noch einmal etwas spende, aber auch, damit der Empfänger beispielsweise nicht finanziell unter Druck gesetzt werden kann, müssen Spender und Empfänger so lange anonym bleiben.

Ich weiß immerhin schon, dass meine Stammzellen die EU verlassen haben. Und ganz ehrlich, zwei Jahre voller Neugier sind es allemal wert zu warten und danach hoffentlich zu erfahren, wer wieder ein gesundes und glückliches Leben führen kann.

-> Alle Infos zur Stammzellenspende

Wenn ihr jetzt auch Spender werden und einem anderen Menschen dabei helfen wollt, wieder gesund zu werden, dann macht euch auf der Seite der DKMS schlau und registriert euch.

Ihr habt bereits gespendet und möchtet wissen, ob es eurem Empfänger gut geht?
Nach Ablauf der sogenannten Anonymitätsfrist, die in der Regel zwei Jahren dauert, gibt es in einigen Ländern die Möglichkeit, dass sich beide, also Empfänger*in und Spender*in, persönlich kennenlernen. Das gilt jedoch nicht für alle Länder. Voraussetzung ist natürlich, dass beide Seiten das möchten. Mehr dazu findest du auch hier: „Kontaktaufnahme zwischen Spender und Patient„.

Wichtiger Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel dienen lediglich der Information und ersetzen keine ärztliche Diagnose. Treten Unsicherheiten, dringende Fragen oder akute Beschwerden auf, solltet ihr eure Ärztin oder euren Arzt kontaktieren oder in der Apotheke um Rat fragen. Über die bundesweite Nummer 116117 ist der ärztliche Bereitschaftsdienst erreichbar.