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Kryptonit-Menschen: Sind wir ihnen willenlos verfallen?

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Kryptonit-Menschen: Sind wir ihnen hilflos verfallen?

Kryptonit-Menschen sind die Personen, die uns ein Leben lang fesseln. Was genau steckt hinter dem Phänomen? Und wie sehr belastet das unsere aktuelle Beziehung?

Kryptonit-Menschen sind die Personen, die uns ein Leben lang fesseln. Was genau steckt hinter dem Phänomen? Und wie sehr belastet das unsere aktuelle Beziehung?

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Kryptonit-Mensch?

Sicherlich kennen die meisten Menschen Superman. Also den aus der Welt der Comics. Eingefleischte Fans werden deshalb auch sofort etwas mit dem Begriff Kryptonit anfangen können.

Für alle Nicht-Superman-Fans: Der Begriff Kryptonit (engl. Kryptonite) bezeichnet in der Comic-Welt von Superman ein fiktives Mineral. Dieses ist die einzige Schwachstelle des Superhelden, da es ihn seiner übermenschlichen Kräfte beraubt.

Aber was genau ist in dem Fall ein Kryptonit-Mensch? Kryptonit-Menschen sind reale Personen. Verdammt real sogar. Es sind die Begegnungen in unserem Leben, von denen wir nie wieder loskommen. Sei es die Jugendliebe oder eine Ex-Partnerin oder Partner, die wir einfach nicht vergessen können. Ebenso wie bei Superman sind sie unsere ewige Schwachstelle.

Kryptonit-Menschen nehmen uns emotional immer noch gefangen, auch wenn wir längst getrennte Wege gegangen sind. Um beim Superman-Vergleich zu bleiben: Sie machen uns angreifbar, sind unsere kleine Schwäche.

Es gibt diesen schönen Satz: Man kann nicht miteinander und nicht ohne, der das Phänomen ein wenig beschreibt. Denn der Kryptonit-Mensch ist eben nicht unbedingt der Seelenverwandte an unserer Seite, mit dem wir glücklich bis ans Ende unserer Tage zusammenleben.

Vielmehr ist es der, der uns Kopfschmerzen bereitet, der uns stark geprägt hat, der uns irgendwie triggert und uns deshalb ein Leben lang im Kopf herumschwirrt.

Es kommt dabei gar nicht darauf an, ob man lange zusammen war, ob es nur eine kurze Liebe war oder ob derjenige uns das Herz gebrochen hat oder nicht – allen gemein ist, dass diese Kryptonit-Menschen uns noch weiterhin beschäftigen und irgendwie präsent bleiben.

Das empfinden manche Menschen als belastend, andere empfinden diese Bindung zu dieser Person als etwas Bereicherndes.

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Haben viele Menschen einen Kryptonit-Menschen?

Scheinbar geht vielen Menschen wie Superman: Laut einer Umfrage* von Parship unter rund 1.000 Bundesbürger:innen leiden viele Menschen unter ihrem persönlichen Kryptonit.

So sagen 45 Prozent der Frauen und sogar 57 Prozent der Männer, dass es einen Kryptonit-Menschen gibt, dem sie in besonderer Art und Weise verfallen sind. Das bedeutet, dass fast jeder Zweite diesen einen, besonderen Menschen in seinem Leben hat.

Diese Personen aus dem bisherigen Leben wurden oft als persönliches Kryptonit genannt:
-> unerfüllte Liebe (17 Prozent, davon Männer 19 Prozent; Frauen: 14 Prozent).
-> frühere Schwärmereien / Jugendliebe (jeweils 15 Prozent)
-> Ex-Partner*innen (12 Prozent)

Muss man sich deshalb schlecht fühlen in einer neuen Beziehung?

Wenn uns dieses Gefühl zu diesem einen Menschen so lange verfolgt, so ist es auch noch da, wenn wir längst getrennte Wege gegangen sind. Wenn wir uns neu verliebt haben und glücklich mit einem aktuellen Partner bzw. der Partnerin sind. Aber trotzdem bleibt dieser eine Mensch noch im Kopf.

Und klar, gibt einem das zu denken. Ist die aktuelle Beziehung also nicht die, die uns glücklich macht? Sehnen wir uns insgeheim nach dem, was einmal war? Ist es nicht zwangsläufig verletzend für den neuen Menschen an unserer Seite, wenn er von unserer Kopfbeziehung erfährt?

Ja, so ein Kryptonit-Mensch ist nicht ungefährlich, wie die Parship-Umfrage ergab: Was wie eine harmlose Schwärmerei aus früheren Zeiten klingt, hat durchaus große Auswirkungen auf unser aktuelles Leben.

So sagte die Mehrheit der Befragten, dass sie immer noch Gefühle für diesen Menschen empfinden würde. Mehr als die Hälfte gab sogar zu, nie wieder so geliebt zu haben, wie in dieser einen Beziehung.

So ganz gefahrlos ist unser Kryptonit also auch für uns nicht:
-> 40 Prozent der Befragten würden für diese Person ihr aktuelles, gewohntes Leben aufgeben. (Männer: 45 Prozent; Frauen: 34 Prozent).
-> Rund ein Drittel der liierten Befragten könnten nicht widerstehen und wären zu einer längerfristigen Affäre bereit (Männer: 41 Prozent; Frauen: 26 Prozent).
-> Ein Viertel würde für diesen Herzensmenschen sogar die aktuelle Beziehung beenden (Männer: 29 Prozent; Frauen: 19 Prozent).

Die Lösung für 48 Prozent der Betroffenen laut der Umfrage: Sich von dem betreffenden Mann bzw. der betreffenden Frau fernhalten, damit sie nicht schwach werden.

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Warum kommen wir von Kryptonit-Menschen nicht los?

Das alles kommt auch euch bekannt vor? Bekommt auch ihr dieses flaue Gefühl im Magen, wenn ihr ihren oder seinen Namen hört? Seid ihr merkwürdig teenagerhaft nervös, wenn ihr ihn oder sie trefft?

Gibt es immer wieder Momente, in denen ihr ungewollt an diese Person denkt? Dann habt auch ihr einen Kryptonit-Menschen in eurem Leben, der einen großen Einfluss auf euch besitzt.

Was sagt das über euch? Seid ihr deshalb besser, schlechter oder anders als andere? Warum gibt es diese Menschen, die uns das Herz gebrochen haben, die wir aber dennoch immer irgendwie lieben werden?

Sind wir einfach dumm und begriffsstutzig, in Sachen Gefühlen, weil es uns so geht? Oder sind wir einfach extrem sensibel? Hat dieser Mensch unseren wunden Punkt getroffen und was genau soll dieser wunde Punkt dann sein?

Was genau in deinem Fall dahinter steckt, wirst nur allein du wissen. Wenn du rundum zufrieden mit deiner aktuellen Beziehung bist, mach dir keine Gedanken wegen deinem Kryptonit.

Wenn du allerdings wegen genau diesem Menschen an deiner aktuellen Partnerschaft zweifelst, dann solltest du etwas tun. Und zwar nicht dich direkt trennen, sondern in Ruhe analysieren, was genau du dir von deinem Gedanken-Partner*in erwartest.

Denn oft sind es nicht unbedingt reale Erwartungen, die wir mit dieser Person verknüpfen und auch oft nichts, was diese Person erfüllen könnte.

„Nicht selten geht es um eigene Ansprüche und Wünsche, die auf den anderen projiziert werden. Es geht um Idealisierung“, sagte Vivian Jückstock, Diplom-Psychologin am UKE Hamburg, gegenüber dem Deutschlandfunk Nova.

Irgendetwas an diesem Menschen verbinden wir mit unseren innersten Wünschen. Diese Person strahlt etwas aus, das wir im Leben suchen. Was genau das ist, ist uns oftmals gar nicht wirklich bewusst.

Negative Kryptonit-Menschen

Es kann aber auch eine negative Deutung geben. Denn manchmal sind unsere Kryptonits nicht positive Personen in unserem Leben, sondern eher toxische.

In dem Fall geht es nicht um ein Ideal, das wir suchen, sondern um frühkindliche Erfahrungen, die in uns Angst und Unsicherheit hinterlassen haben.

Der Kryptonit-Mensch triggert diese Emotionen in uns und diese uns leider sehr vertrauten (negativen) Empfindungen sorgen dafür, dass wir nur schwer loslassen können.

Diese Art Kryptonit ist anders als beispielsweise jene, an denen wir noch hängen, weil sie unsere erste Liebe waren oder eine unerfüllte Liebe oder eine Liebe, die an unglücklichen Umständen zerbrochen ist.

In diesem Fall steht immer dieses „Was wäre wenn..?“ im Raum. Und frag dich ehrlich: Was wäre, wenn er oder sie vor der Tür stünde? Würde alles wieder von vorne anfangen? Wärest du keinen Schritt weiter, als jetzt, nach all der Zeit, die inzwischen vergangen ist?

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Wie können wir diese Bindung lösen? 5 Tipps

„Letztendlich muss man sich fragen, warum diese Person nach all den Jahren immer noch solch einen Einfluss auf einen selbst hat“, rät Paartherapeut und Parship-Coach Eric Hegmann.

„Wen die Vergangenheit weiterhin belastet oder wer nicht bereit ist, sich von ihr zu verabschieden, wird häufiger sein aktuelles Leben oder seine Beziehung infrage stellen. Deshalb ist es wichtig, sich bewusst mit seinem Kryptonit auseinanderzusetzen.“

Was also kannst du konkret tun, wenn die Gedanken an den Menschen aus deinem früheren Leben dich zu sehr belasten? Wie kannst du endlich loslassen? Hier ein paar Tipps:

1. Versuche abzuschließen

Mach dir klar, dass du mit der Vergangenheit abschließen musst. Scheinbar ist das, was war, noch extrem präsent. Eben, weil es einen sensiblen Punkt bei dir angesprochen hat. Und so schön Erinnerungen und Sehnsucht auch sein mögen, so hält dich das auch davon ab, wirklich im Hier und Jetzt zu leben. Und vor allem kann es dich in deinen Gefühlen im Hier und Jetzt verunsichern.

Der Kryptonit-Mensch war einmal extrem wichtig für dich, aber du hast dich seitdem sehr verändert. Und auch dieser Mensch ist nicht mehr der, der er einmal war. Oftmals erkennen wir das sehr spät und dann ist es umso erschütternder, weil wir erkennen, dass wir uns sehr lange etwas vorgemacht haben.

2. Analysiere die Situation

Versuch das klar zu sehen und analysiere für dich, warum dieser Mensch dich so sehr beschäftigt hat. Was ist es an ihm*ihr, das du im Leben gesucht hast? Und hast du es nicht längst gefunden, nur dein Kopf springt gedanklich immer wieder zurück in die Vergangenheit?

Ist es nicht nur ein Stichwort für dein Gehirn, immer wieder die alte Geschichte hervorzukramen? Ist es also die Gewohnheit, die dich an diesen Menschen denken lässt?

Manchmal halten wir uns an einer Idee von einem Menschen fest, die mit ihm selbst wenig zu tun hat. Und wir erkennen nicht: Diese Person wird nie so sein, wie sie in deinem Kopf war bzw. ist. Und wir tun diesem Menschen auch damit Unrecht, dass wir ihn in eine Art Korsett zwängen wollen.

3. Beschäftige dich mit deiner Vergangenheit

Wenn es um negative Empfinden rund um dein Kryptonit geht, dann solltest du versuchen, dich mit deiner Vergangenheit zu beschäftigen und zu analysieren, was genau der wunde Punkt ist, den diese Person getroffen hat. Gab es frühkindliche Erlebnisse?

Verbindet diesen Menschen etwas mit Personen aus deiner Familie, die dir sehr nah waren? Welche Charaktereigenschaft ist das, was dich so gefangennimmt an diesem Menschen? Auch Konflikte innerhalb der Familie, die nie gelöst wurden, können ein Grund sein. Durchstöber hier noch mal gezielt deine Erinnerungen.

4. Stärke dein Selbstwertgefühl

Ein ganz wichtiger Schritt, weg aus deiner Gefangenschaft: Stärke dein Selbstwertgefühl. Denn daran kannst du arbeiten. Versuche nicht deine Stärke aus der Resonanz deiner Umwelt zu schöpfen. Besser ist es, seine innere Stärke auf eigene Eigenschaften und Qualitäten aufzubauen.

So machst du dich unabhängiger von der Meinung und den Gefühlen anderer. Wer sich nur dann geschätzt fühlt, wenn er positives Feedback von außen bekommt, wird womöglich schwere Zeiten durchleben, wenn diese Resonanz einmal ausbleibt.

5. Verzichte nicht auf professionelle Hilfe

Wenn all diese Tipps nicht helfen und du unter dem Phänomen Kryptonit-Mensch leidest, dann such dir auch professionelle Hilfe. Scheu dich nicht, dich einem Psychotherapeuten anzuvertrauen.

Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann dir helfen, dich selbst klarer zu sehen und dein Verhalten besser zu verstehen. Das kann der Weg, weg aus der Abhängigkeit zu diesem Menschen sein, um endlich loszulassen.

Und im Idealfall sitzt ihr euch irgendwann gegenüber, ihr redet und du denkst überrascht: Was genau an diesem Menschen hat mich jahrelang so gefangen gehalten?

* Für die Studie hat Parship mit dem Marktforschungsinstitut INNOFACT AG 1.011 Personen zwischen 18 und 69 Jahren befragt, von denen sich 741 in einer Partnerschaft befanden.