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Platonische Liebe: Kann sie wirklich funktionieren?

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Platonische Liebe: Kann sie wirklich funktionieren?

Platonische Liebe, Freundschaft, Friends with Benefits: Es ist nicht einfach, bei den tausend Bezeichnungen für zwischenmenschliche Beziehungen den Überblick zu behalten. Und gerade in Bezug auf die platonische Liebe gibt es viele Klischees und Halbwissen.

Inhaltsverzeichnis

Hat man eine platonische Beziehung mit jemandem, scheint der Fall recht klar zu sein. Man hat keine Absichten in irgendeiner Art, alles ist zwischenmenschlich, ganz harmlos, kumpelhaft, rein platonisch eben. Platonisch heißt in dem Fall also: Alles, nur nichts, was mit Liebe und Sex zu tun hat. Was aber ist mit der platonischen Liebe?

Bedeutet platonische Liebe, dass man ein Paar ist oder nur Freunde? Und schon steckt man mitten drin im Chaos, der unterschiedlichen Beziehungsformen.

Wir tendieren ja dazu, dem Kind immer einen Namen geben zu wollen. Keine Relation zwischen zwei Menschen, die man nicht in Kategorien pressen muss. Jede Form zwischenmenschlicher Beziehungen soll klar kategorisierbar sein. Was mich persönlich nervt.

Beispielsweise die Bezeichnung Freundschaft Plus oder Mingle, also Menschen, die kein Paar sind, aber auch nicht nur Kumpels oder Singles, sondern irgendwas dazwischen eben. Warum brauchen die eine Bezeichnung?

Damit packt man wieder zigtausend unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, Empfindungen und Gründen in eine Schublade. Menschen, die genau dieses Schubladendenken so schön aufgebrochen und infrage gestellt haben.

Nichtsdestotrotz ist der Begriff „platonische Liebe“ schon etwas Besonderes.

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Was genau ist platonische Liebe?

Vielleicht denkt ihr beim Begriff platonisch ja auch an den Film „Harry und Sally„. Darin stellt Harry klar: „Männer und Frauen können nie nur Freunde sein, der Sex steht immer zwischen ihnen.

Die platonische Liebe beweist allerdings genau das Gegenteil. Denn sie ist sogar noch mehr als nur Freundschaft, es geht um wirkliche Liebe, um eine Beziehung bzw. sehr enge Bindung zwischen zwei Menschen – nur eben mit der Besonderheit, dass sie keinen Sex und auch keine anderen Zärtlichkeiten miteinander austauschen.

Obwohl beide also nicht körperlich miteinander werden, so ist es dennoch keine Freundschaft, sondern eine Paarbeziehung. Und das straft Harrys Meinung ja direkt doppelt ab. Sogar zwei, die sich lieben und eine Beziehung führen, müssen nicht unbedingt miteinander in die Kiste steigen. Ja, Harry, auch das geht.

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Kann die platonische Liebe funktionieren?

Sicherlich denke viele Menschen so wie Harry, also dass Männer und Frauen entweder etwas miteinander haben, sich verlieben, sexuell angezogen fühlen, Sex haben, ein Paar werden oder was auch immer. Oder dass sie einander eben herzlich uninteressant finden. Stichwort Friendzone.

Es heißt ja auch, dass wir schon wenige Sekunden, nachdem wir jemanden getroffen haben, sagen können, zu welcher Kategorie dieser jemand gehört. Wir haben eine Schublade, in die kommen die, mit denen man sich mehr vorstellen könnte – alle anderen kommen in die Schublade mit der Aufschrift „Maximal Kumpel“.

Aber es gibt eben auch Menschen, die sich nicht klar in eine Schublade einordnen lassen. Sei es die Liebe auf den zweiten Blick, Stichwort „1000 Mal berührt“, wo aus Freundschaft irgendwann Liebe wird. Oder eben die platonische Liebe, bei der Sex nicht wichtig ist. Auch das bringt das Schubladen-Prinzip ins Wanken.

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Und das ist gut so. Denn letztlich machen uns diese Schubladen intolerant und unflexibel. Diversity, also Vielfalt, heißt das Gebot der Stunde. Und genau deshalb sind alternative Beziehungsmodelle auch so interessant. Auch die platonische Liebe.

Eine Liebe eben, die vielleicht ehrlicher ist, als diese 1-mal-wöchentlich-Tatort-Sex habenden Paare. Eine Liebe, die sagt: Sex? Brauchen wir nicht, vermissen wir nicht, wir lieben uns aber trotzdem.

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Wie sieht die Wissenschaft die platonische Liebe?

Die Wissenschaft ist der platonischen Liebe ebenso wie der Freundschaft zwischen Mann und Frau eher kritisch eingestellt. Letztlich sei es der Evolution geschuldet, dass wir beim anderen Geschlecht eben doch auf dumme Gedanken kommt. Schließlich geht es um den Erhalt der eigenen Gene.

Die Realität zeigt jedoch: Es gibt so viel mehr A oder B. Es gibt Freundschaft zwischen den Geschlechtern, Paare, Ehepaare, Liebende, offene Beziehungen, polyamore Paare, die bereits erwähnten Mingles und Freundschaft Plus und noch viel mehr.

Und eben auch Liebe, die ohne Sex auskommt. Denn warum sollten die Grenzen nicht fließend sein? Den besten Kumpel, den man heiß und innig liebt und mit dem man alles teilt und der Lebenspartner, mit dem man gemeinsam durchs Leben geht – egal ob mit oder ganz platonisch ohne Sex.

Was genau da der Unterschied ist, kann man sicherlich abendfüllend diskutieren. Aber das Schöne ist ja: Gefühle muss man nicht immer erklären.

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Bleibt noch die Frage: Und was hat Platon damit zu tun?

Platon ist bekanntlich einer der großen antiken, griechischen Philosophen (428/427 v. Chr. – 348/347 v. Chr.). Sein Lehrer war niemand anderes als Sokrates. Allerdings ist das, was wir heute unter platonischer Liebe verstehen, nicht exakt das, was Platon damals lehrte.

Der Begriff wurde zudem erst in der Renaissance begründet, und es gibt verschiedene Thesen, inwieweit der heutige Begriff und Platons Studien übereinstimmen.

Eine besagt jedoch, dass für Platon die platonische Liebe die höchste und reinste Form der Liebe war, die man empfinden kann, weil sie das Körperliche nicht braucht.