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Was ärgert Narzissten? Dinge, die sie so gar nicht ertragen

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Das passt mir gar nicht!

Im Video erfahrt ihr, was die narzisstische Grundordnung stört

Narzissten ärgern sich über alles, was ihnen nicht in den Kram passt und das kann einfach wirklich alles sein. Je natürlicher und gelassener Umfeld und Umstände sind, umso mehr verkrampfen sie sich.

Inhaltsverzeichnis

Dieser Artikel entstammt der Feder unserer Gastbloggerin Regina Schrott. Sie ist Autorin und Schauspielerin, Coach und Gründerin von Narz mich nicht® – einer Plattform für Opfer von krankhaftem Narzissmus und Menschen, die von psychischer Gewalt coabhängig sind. Durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und ihre Website www.narz–mich-nicht.de sensibilisiert Regina Schrott zusammen mit ihrem Team in der DACH-Region.

Narzisstinnen und Narzissten ärgern sich über alles, was ihnen nicht in den Kram passt und das kann einfach wirklich alles sein. Je natürlicher und gelassener Umfeld und Umstände sind, umso mehr verkrampfen sie sich.

Der Grund ist so simpel wie er tragisch ist, weil sich fröhliche Ausgelassenheit nicht kontrollieren lässt. Nicht so gut wie Angst und Traurigkeit. Die Natur beispielsweise ist nicht wirklich zähmbar, außer ein Englischer Garten vielleicht. Aber ob der noch natürlich ist, sei dahingestellt. So verhält es sich aber im Umgang mit weiblichen und männlichen Narzissten, denn nur als widerspruchsloser Englischer Garten wärst du gerade gut genug.

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Alles Unkontrollierbare ist ihnen ein Gräuel

Narzisstinnen und Narzissten brauchen Kontrolle. Ein Baum hat unterschiedliche Äste und jedes Blatt sieht anders aus, ganz zu schweigen von einer bunten Blumenwiese. Ein Gräuel für Narzisstinnen und Narzissten, die sich über alles ärgern können, das sich ihrem absurd strengen, oft auch bescheuerten Reglements widersetzt.

Alles, was sich nicht beeinflussen und manipulieren lassen kann, ist für solche Menschen ein Ärgernis. Lachen kann sie wütend machen. Je mehr Personen durcheinander lachen, umso schlimmer, insbesondere, wenn der narzisstische Mensch nicht durch eine absichtlich gesetzte Pointe seinerseits oder ihrerseits Auslöser war.

Nehmen wir einmal einen narzisstischen Schauspieler, Politiker oder Redner her: Sie können allesamt sehr sauer werden, wenn sie sich ihrer Wirkung sicher sind, diese aber beim Publikum ihr Ziel verfehlt. Dann sind die Zuschauer zu blöd, zu dämlich, zu unlustig. Aus narzisstischer Sicht haben immer die anderen Schuld. Das ist das Witzlose dabei.

Wenn also Narzisstinnen und Narzissten keine Aufmerksamkeit bekommen oder jemand anderer in ihrer Gegenwart mehr davon erhält, ärgern sie sich. Wenn jemand etwas offensichtlich und nachweisbar besser kann als sie oder wenn man ihnen nicht recht gibt, ärgern sie sich. Wenn das narzisstische Kartenhaus von Lügen und Intrigen droht, entlarvt zu werden, ärgern sie sich auch. Genauso ärgern sich Narzissten, wenn sie im Vergleich zu wem oder was auch immer schlechter dastehen.

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Narzissten und die extrem kurze Zündschnur

Da sich Narzisst*innen aber ständig im Vergleich zu allen und allem anderen sehen, was übrigens unfassbar anstrengend sein muss, sind sie auch permanent unter Strom, was ihre kurze Toleranzzündschnur plausibel macht. Sie flippen aus, wenn man sie auf einen Fehler hinweist oder auf eine Schwäche aufmerksam macht. Narzisstinnen und Narzissten sind makellos und fehlerfrei, falls das noch immer nicht klar ist.

Dabei kann es möglich sein, dass sich Narzisst*innen schon durch ein anderes Lebenskonzept oder eine naiv geäußerte andere Meinung kritisiert fühlen und dann ist Schluss mit lustig. Zu lautes Kauen beim Essen oder zu leises durch die Wohnung schleichen, aber auch ein versehentlich liegen gelassenes Kleidungsstück im Wohnzimmer kann zu Wutausbrüchen führen.

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Wenn die narzisstische Grundordnung gestört wird

Im Bett zu willig oder zu verhalten. An ungeraden Tagen fernsehen, wo dies doch nur an geraden Tagen erlaubt ist. Die falsche Zeitung, das zu freundliche Wort mit der Nachbarin gewechselt, der zu kurze Rock oder der zu kratzige Bart, wo doch verdammt noch einmal jeder Depp weiß, dass Bärte beim Küssen kratzen. Es hat eine narzisstische Grundordnung zu herrschen und eingehalten zu werden, auf Gedeih und Verderb.

Vor lauter Regeln sieht man den Wald nicht mehr oder wie war das noch gleich. Ach Shit, da war wieder die ungehorsame Natur. Komm mir nicht mit der. Wo wir schon dabei sind: Die Farbe Grün ist für Narzisstinnen und Narzissten ein Ärgernis per excellence. Zum Kotzen diese Farbe, weil sie nachgewiesener Weise Glücksgefühle auslöst. Wäh. Igitt. Wie widerlich.

Beispiel: Wie das Spiel funktioniert

Man kann narzisstische Persönlichkeiten auch mit Statussymbolen ganz fürchterlich ärgern. Hier eine kurze Episode mit einer meiner Exnarzissen (Wir verwenden bei Narz mich nicht® den Namen der Blume, weil sie geschlechtsneutral ist und wegen ihres Giftes viele Ähnlichkeiten mit der Toxik des Narzissmus hat.)

Eines schönen Morgens stand meine Exnarzisse am Küchenfenster und starrte wutschnaubend in den Hof hinunter. Ich fragte, was los sei. Sie erwiderte darauf hin verächtlich: „Die Nachbarin hat sich mit Absicht jetzt ein neues Auto gekauft, damit sie mich brüskieren kann.“ „Womit?“, fragte ich ernsthaft interessiert. Die Antwort war plump: „Frag‘ nicht so blöd. Weil sie mir damit meine Armut unter die Nase reibt.“ „Unter das Küchenfenster“, wollte ich erwidern, aber besser nicht. Dieser Sonntag war nun schon genug verdorben, weil jemand einen roten Gebrauchtwagen unverschämter Weise auf seinen rechtmäßigen Parkplatz abgestellt hatte.

Ich wollte einlenken, dass wir nicht arm sind. Damit manövrierte ich mich leider selbst in die Schusslinie und wurde gnadenlos mit Vorwürfen niedergemetzelt. Ich hätte das Leben nicht verstanden. Ja, stimmt, Geld kann Narzissen ganz besonders wütend machen. Irrerweise auch das Geld, das ihnen gar nicht gehört und mit dem man sich erlaubt, etwas Schönes zu kaufen, ganz einfach, weil man es auch selbst verdient hat, das Geld, mit dem man der Narzisse eine Freude machen wollte.

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Freude ist für Narzissten ein rotes Tuch

Freude ist auch ein rotes Tuch, insbesondere die Freude anderer. Meine war es oft in dieser heftig toxischen Beziehung. Wenn ich mich gefreut habe und fröhlich von der Arbeit heimkam, wurde ich mit zornigem Blick zurechtgewiesen. Ich erinnere mich daran, wie ich mit meiner Exnarzisse ein gelungenes Projekt feiern wollte, weil man das doch so macht als Paar, dachte ich naiv.

Ich hatte Sekt gekauft und Leckereien. „Lass uns anstoßen“, schlug ich vor. „Du hast genug Energie, willst du mir meine etwa auch noch rauben?!“ Nein, um Gottes Willen, der nächste Punkt, über den sich Narzisst*innen ohne Ende ärgern können, wenn sie glauben, man hätte ihnen etwas weggenommen. Intelligenz zum Beispiel oder die besseren Zähne, das nettere Elternhaus. Regen kann Narzisst*innen genauso verärgern, wie Sonnenschein. Heißer Tee und fröhliche Musik auch. Egal, ich höre schon auf.

Dieser Blogbeitrag deprimiert mich. Die vermutlich unkomplizierter zu beantwortende Frage ist: Was ärgert Narzissten nicht? Allerdings wäre dann dieser Blogbeitrag mit nur einem Satz viel zu kurz. Das Einzige, das Narzisstinnen und Narzissten nicht ärgert, sind sie selbst.

Mehr zum Thema Narzissmus und Autorin Regina Schrott

Regina Schrott ist Gründerin von Narz mich nicht® – eine Initiative für gewaltfreie Beziehungen. Auf ihrer Seite findet ihr Inhalte und Tipps, um das Phänomen Narzissmus zu verstehen, Symptome zu erkennen und als Betroffener Hilfe und Antworten zu finden. Sie ist zudem Coach und Autorin. Ihr neuestes Buch „Das Innere Kind im Dramakarussell“ ist hier bei Amazon* und im Buchhandel erhältlich.

Wenn du wissen möchtest, ob du mit so einem narzisstischen Ärgernis in deinem Leben – beruflich oder privat – zu tun hast, mach den kostenlosen Fragenkatalog zum Thema Narzissmus von Narz mich nicht®.

Definition Narzisst:
Ein Narzisst ist jemand, der ein extrem ausgeprägtes Bedürfnis nach Bewunderung und Aufmerksamkeit durch andere hat. Wird ihm diese durch sein Umfeld nicht zuteil, wird er ungemütlich und die Wut ist groß. Neben einem übertriebenen Selbstwertgefühl besitzt ein Narzisst zudem wenig Empathie, also Einfühlungsvermögen für seine Mitmenschen. Mit Kritik an seiner Person kann er gar nicht umgehen. Vielmehr verlangt er von seinem Gegenüber, dass es ihm ständig positive Bestätigung gibt und seine Fähigkeiten anerkennt. Narzissmus ist also eine Persönlichkeitsstörung.

Hilfe für Betroffene psychischer Gewalt:
Wenn du oder jemand, den du kennst, Opfer psychischer Gewalt ist oder unter einem Partner mit einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung zu leiden hat, findest du Hilfe und Unterstützung beim Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ erreichst du unter der Rufnummer 08000 116 016 an 365 Tagen im Jahr, zu jeder Uhrzeit, anonym und kostenlos. Dolmetscherinnen helfen bei sprachlichen Barrieren.