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Scheidungskinder: So verarbeiten sie eine Trennung gut und gesund

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200616 Scheidungskinder So verarbeiten sie eine Trennung gut und gesund

Trennen sich Eltern, läuft das in den wenigsten Fällen harmonisch ab. Vor allem die gemeinsamen Kinder leiden darunter. Mit ein bisschen Hilfe können sogenannte Scheidungskinder die Trennung ihrer Eltern aber gut verarbeiten.

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Eine Trennung ist nie eine schöne Sache, denn in den seltensten Fällen geschieht sie einvernehmlich. Noch komplizierter wird sie, wenn bereits Kinder in der Beziehung sind, egal in welchem Alter der Nachwuchs (bereits) ist. Denn auf der einen Seite müssen sich die Eltern um sich, ihre Probleme und eben die Trennung kümmern. Auf der anderen Seite sind da die Kinder, die weiterhin Sicherheit und Orientierung benötigen, deren Familie aber auseinanderbricht.

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Nicht selten suchen Scheidungskinder die Schuld bei sich, wenn die Eltern sich trennen. Sie glauben, ihr Verhalten ließe die Eltern sich streiten, laut oder gar aggressiv werden. So unverständlich es uns Erwachsenen erscheinen mag, dass der Nachwuchs so etwas denken könnte, so real ist für ihn die Angst, Schuld daran zu sein, dass die Beziehung der Eltern auseinanderbricht und dass sich Mutter und Vater nicht mehr lieb haben.

Laut Statista.com wurden in Deutschland im Jahr 2019 etwa 149.010 Ehen geschieden, 122.010 minderjährige Kinder waren 2019 ebenfalls von einer Ehescheidung betroffen.

Wie und wann man mit Kindern über die Trennung bzw. Scheidung sprechen sollte und was Kinder bei einer Trennung ganz besonders brauchen, wollen wir erklären.

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Wann spreche ich mit Kindern über Scheidung?

Eine Scheidung mit Kindern ist kein Entschluss, den man aus einer Laune heraus fällt. Oft ist es viel mehr ein Prozess. Die Trennung eines Paares kann sich über Wochen, Monate oder manchmal sogar Jahre hinziehen.

Erst, wenn sich die Eltern sicher sind ihre Ehe bzw. die Beziehung zu beenden, sollten sie das Gespräch mit dem Kind suchen und es über die Scheidung informieren. Zeit spielt hierbei eine große Rolle. Das Gespräch sollte nicht zwischen Tür und Angel stattfinden. Eltern sollten sich viel Zeit nehmen und auf Fragen und Ängste des Kindes eingehen.

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Manchmal bekommen Kinder es mit, wenn die Stimmung zwischen den Eltern immer öfter angespannt ist. Manche hören auch, wie ihre Eltern immer öfter streiten. Für diese Kinder mag eine Trennung keine große Überraschung sein. Dennoch ist es etwas anderes, sich Gedanken darüber zu machen, ob die Eltern sich eventuell, irgendwann mal trennen oder definitiv zu hören, dass der Zeitpunkt gekommen ist.

Wie erkläre ich Kindern die Trennung?

Trennen sich Eltern, ist das in der Regel ein großer Schock für Kinder. Je kleiner sie sind, desto weniger verstehen sie, warum die Eltern sich nicht mehr verstehen oder liebhaben. Aber auch ältere Kinder, obgleich sie den einen oder anderen Streit mitbekommen haben mögen, kann eine Scheidung ziemlich aus der Bahn werfen.

In einem ruhigen und entspannten Gespräch sollten Eltern, wenn möglich gemeinsam, ihrem Kind altersgerecht erklären, dass sie, so wie bisher, nicht mehr zusammenleben können. Dabei sollte die wichtigste Botschaft der Eltern sein, dem Kind zu vermitteln, dass es absolut keine Schuld an der Scheidung der Eltern trägt. Das kann man seinem Kind auch immer wieder sagen. Außerdem wichtig für Kinder, egal in welchem Alter: Dass sie hören, dass sie von beiden Elterteilen geliebt werden und auch, dass ihnen beide Elternteile erhalten bleiben.

Tunlichst vermeiden sollte man es, so schwer es unter gewissen Umständen sein kann, dem anderen Partner vor dem Kind die Schuld an der Trennung zu geben. Weder die Mutter noch der Vater sollten schlecht über den jeweils anderen reden, wenn die Kinder dabei sind. Das kann Kindern vermitteln, sich für eine Seite entscheiden zu müssen.

Schön reden sollte man hingegen auch nichts. Man muss seinem Kind nicht verschweigen, wenn ein Elternteil jemand neues kennengelernt hat.

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Trennung: Welche Folgen hat das für Scheidungskinder?

Die Scheidung der Eltern kann bei Kindern die unterschiedlichsten Gefühle wecken. Während manche froh und vielleicht sogar erleichtert sind, wenn die vorher immer streitenden Eltern endlich einen Schlussstrich ziehen, entwickeln andere große Ängste, ein Elternteil zu verlieren oder sogar die Angst, weil nun ein Elternteil ‚weg‘ ist, auch das andere verlieren zu können. Viele Kinder sind zudem oft traurig, ziehen sich zurück oder sind schlichtweg überfordert.

Bei jüngeren Kindern kann sich eine Scheidung in einer Art Entwicklungsrückschritt äußern. Wie Erziehungswissenschaftlerin Ute Steffens in ihrem Trennungskinder-Blog schreibt: „Kinder reagieren auf Ereignisse, die sie überfordern, häufig so, dass sie in ihrem Verhalten auf eine zurückliegende Entwicklungsstufe zurückfallen. Nichts anderes geschieht z.B., wenn ein Kind nach der Geburt eines Geschwisterkindes wieder aus der Flasche trinken will.“

Oder, wie im Trennungskinder-Blog in einem anderen Beispiel beschrieben, wenn ein Kind plötzlich wieder nachts einnässt, obwohl es seit vielen Monaten bereits trocken war. Kinder brauchen Zeit, so eine Nachricht zu verarbeiten, vor allem, wenn sie völlig davon überrascht worden sind.

Wie gut ein Kind die Scheidung der Eltern überwindet, oder, wie man gerne liest, wie es zu einem glücklichen Scheidungskind wird, wird auch beeinflusst durch die Eltern-Kind-Beziehung. Je fester und enger die ist, umso leichter findet das Kind Orientierung und Halt in dieser schwierigen Situation.

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Was brauchen Kinder nach einer Trennung?

Kindern hilft es sehr, wenn sie feste Strukturen in ihrem Leben haben. Das gibt ihnen Sicherheit, denn sie wissen so genau, was auf sie zukommen wird. Nach einer Trennung, vor allem nach einer räumlichen Trennung zu einem Elternteil, sind die bekannten Strukturen erst einmal kaputt und alle müssen sich neu sortieren.

Dabei ist es für Scheidungskinder wichtig, dass sie sich zu jeder Phase der Trennung geliebt fühlen, von Mama und Papa. Wie Diplompsychologe und Autor des Buchs „Trennungskinder“ Claus Koch in einem Gastbeitrag auf focus.de schreibt: „Besonders aber brauchen sie Eltern – und da sind sich alle Trennungsforscher einig -, die weiterhin gemeinsam für sie da sind. Dies setzt voraus, dass ihre Eltern zwischen der Paarebene und der Elternebene unterscheiden können: Wir sind kein Paar mehr, aber nach wie vor beide für unsere Kinder verantwortlich. Psychologen nennen das Coparenting.“

Gar nicht gebrauchen können Kinder während und nach einer Trennung, dass ein Elternteil vor ihnen schlecht gemacht wird. Das erzeugt einen inneren Konflikt bei ihnen, sich für ein Elternteil entscheiden zu müssen. Selbes gilt für den Gang vor Gericht, können sich die Eltern nicht friedlich, zum Beispiel über das Sorgerecht, einigen. Zum Wohle der Kinder, wie es so schön heißt, sollten Eltern sich nach Möglichkeit immer außergerichtlich und friedlich einigen und die Kinder nicht zwingen, sich für eine Seite entscheiden zu müssen. Denn das zieht den jüngsten Familienmitgliedern buchstäblich den Boden unter den Füßen weg.

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Mama oder Papa? Wo leben Scheidungskinder nach einer Trennung?

Deshalb sollten auch die Kinder nicht vor die Wahl gestellt werden, bei wem sie lieber wohnen möchten. Eltern sollten ihren Kindern diese Entscheidung unbedingt abnehmen, um diesen inneren Konflikt zu vermeiden, sich für bzw. gegen ein Elternteil entscheiden zu müssen.

Können Eltern das nicht, muss ein Familiengericht über das Sorgerecht entscheiden. Für Kinder ab 14 Jahren gilt jedoch, dass das Gericht nicht gegen ihren Willen einem Elternteil das Sorgerecht entziehen darf.