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Bonner Studie zeigt: Kinder kommen immer früher in die Pubertät

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Pubertätsalter sinkt kontinuierlich

Wie sich die Coronapandemie auf das Einsetzen der Pubertät ausgewirkt hat, erfahrt ihr im Video.

Jungen und Mädchen sind immer jünger, wenn sie in die Pubertät kommen. Bei 20 bis 30 Prozent von ihnen beginnt sie medizinisch sogar zu früh. Was sind die Ursachen dafür?

Seit den 1970er Jahren sinkt das Durchschnittsalter von Jungen und Mädchen alle 10 Jahre um rund drei Monate, wenn die Pubertät bei ihnen startet. Zu diesen Ergebnissen kommt Bettina Gohlke, Expertin für Kinderhormone und Leiterin des Zentrums für Kinderheilkunde am Universitätsklinikum Bonn. Über viele Jahre wertete sie Daten junger Menschen aus.

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Wissenschaftler*innen sahen bisher vor allem die Ernährung und vermehrtes Übergewicht als Hauptursache für diesen Trend. Bettina Gohlke und ein Team aus weiteren Wissenschaftler*innen konnten nun nachweisen, dass auch andere Faktoren eine große Rolle spielen. So habe beispielsweise die Coronapandemie in den letzten Jahren einen erheblichen Beitrag zu einem früheren Pubertätsbeginn geleistet.

Während der Pandemie, so zeigen es Studienergebnisse von Gohlke, seien 20 bis 30 Prozent der Kinder sogar verfrüht in die Pubertät gekommen. Und das weltweit. Ähnliche Daten lägen aus Europa, den USA und China vor.

Das Ende der Pubertät hingegen, auch das zeigen die Langzeituntersuchungen, habe sich nicht verändert. Was auch bedeutet, dass Kinder heute durchschnittlich länger in der Pubertät sind als noch vor ein paar Jahren.

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Wann beginnt die Pubertät zu früh?

Von Pubertät spricht man, wenn die vermehrte Produktion von Geschlechtshormonen einsetzt. Infolgedessen verändern sich die äußeren Geschlechtsorgane von Mädchen und Jungen. Bei Jungs vergrößern sich Hoden und Hodensack, der Penis wird länger. Außerdem wachsen Achsel- und Schambehaarung. Bei Mädchen beginnt zunächst das Brustwachstum, danach folgen Achsel- und Schambehaarung. Die Regelblutung setzt oft Jahre später ein.

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Die Daten der Langzeitstudie des Bonner Wissenschaftsteams zeigen, dass Kinder im Jahr 2000 durchschnittlich 11,48 Jahre alt waren, als die Pubertät einsetzte. Im Jahr 2021 waren Kinder durchschnittlich 10,93 Jahre alt.

Bei 20 bis 30 Prozent der Kinder setzte die Pubertät medizinisch zu früh ein. Von einer verfrühten Pubertät, der ‚Pubertas praecox‘, spricht man bei Jungen, wenn sie vor Vollendung des 9. Lebensjahres beginnt. Bei Mädchen ist das der Fall, wenn sie vor Vollendung des 8. Lebensjahres einsetzt.

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Was sind Ursachen des sinkenden Pubertätsalters?

Das Team um Bettina Gohlke vermutet, dass die Coronapandemie und die dadurch entstandenen psychosozialen Belastungen für Kinder eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Ausnahmesituationen wie die Coronazeit wirken sich auf die Reifeprozesse im Körper aus. Bereits Studien aus der Zeit vor Corona haben psychosoziale Belastungen als Ursache für einen früheren Pubertätsbeginn betrachtet.

Hinzu komme, dass sich viele Kinder in der Zeit der Lockdowns weniger bewegt, dafür aber mehr gegessen haben. Das führte zu einem durchschnittlich höheren Gewicht. Und Übergewicht, das konnte bereits belegt werden, ist ein treibender Faktor für das verfrühte bzw. frühere Einsetzen der Pubertät bei Kindern. Wenn auch nicht ausschließlich, wie die Bonner Wissenschaftler*innen belegen können. Auch ohne Berücksichtigung des Gewichts stieg die Anzahl der Kinder, die zu früh in die Pubertät kamen.

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Folgen verfrühter Pubertät

Eine zu früh einsetzende Pubertät kann Folgen für das Kind haben. Zum einen körperliche, denn betroffene Kinder wachsen sehr viel früher, schneller in die Höhe. Ihr Höhenwachstum endet jedoch auch eher, weshalb sie durchschnittlich kleiner sind als Kinder, bei denen die Pubertät später startet. Achsel- und Schambehaarung und bei Mädchen das Brustwachstum setzen ebenfalls früher ein.

Das wiederum kann psychische Folgen für die Kinder haben. Ihnen ist die Körperbehaarung oder das frühe Brustwachstum oft unangenehm, sie schämen sich dafür.

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Außerdem verändern sich mit dem Beginn der Pubertät die Denkmuster, Gefühle und das Verhalten von Kindern. Was dazu führen kann, dass sie sich unter Gleichaltrigen, auch ihren Freund*innen, nicht mehr wohlfühlen. Sie fühlen sich häufiger missverstanden oder auch gar nicht verstanden.

Die Pubertas praecox kann gestoppt werden. Dafür erhält das Kind alle drei Monate eine Spritze, die die Produktion der Sexualhormone stoppt.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels dient lediglich der Information und ersetzt keine Diagnose beim Arzt oder der Ärztin. Treten Unsicherheiten, dringende Fragen oder Beschwerden auf, solltet ihr eure*n Ärzt*in kontaktieren.